Wie Sie in neun Schritten mehr Selbstbewusstsein gewinnen
Selbstzweifel im Job können zu unüberwindbaren Hürden auf dem Weg zum Erfolg werden. Mit welchen Tricks Sie Ihren inneren Kritiker zum Schweigen bringen.
Düsseldorf. Selbstzweifel sind unliebsame Begleiter im Job, über die niemand gerne spricht – und die doch sehr verbreitet sind: Laut einer Befragung der Karriereplattform LinkedIn sagen vier von zehn Deutschen, dass sie kein Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten haben und Erfolge oft als „Glücksgriff“ oder „Zufall“ abtun. Ein Drittel der deutschen Berufstätigen gab zudem an, die Coronapandemie habe ihr Selbstbewusstsein am Arbeitsplatz geschwächt.
Vor allem Frauen bewerten sich Untersuchungen zufolge oft zu kritisch. In einer Studie der Internationalen Hochschule Bad Honnef / Bonn etwa schätzten Frauen ihre Kompetenzen einerseits deutlich schlechter ein, als sie wahrgenommen wurden – und neigten andererseits zu stärkerer Selbstkritik als die männlichen Probanden.
Aber warum sind Zweifel an den eigenen Kompetenzen im Arbeitskontext so häufig? Und wie lassen sie sich überwinden? Das Handelsblatt hat mit verschiedenen Experten darüber gesprochen und neun Schritte identifiziert, mit denen Sie Ihren inneren Kritiker zum Schweigen bringen.
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Karriere: Wie Selbstzweifel im Job entstehen
Die Psychologin Sandra Jankowski hat regelmäßig mit Patienten, die unter Selbstzweifeln leiden, zu tun. In vielen Fällen entstünden diese schon in der Kindheit. Denn bereits in der Schule stünden die Menschen unter Leistungsdruck. Neben der Notengebung seien es vor allem Eltern, die diesen noch befeuern. „Werden Leistungen von Eltern besonders hervorgehoben, lernt das Kind, dass es Anerkennung und Wertschätzung nur dann bekommt, wenn es etwas leistet“, sagt die Expertin. Wer sich nur über Leistung definiere, beginne schnell, an sich zu zweifeln.
Auch die Sozialen Medien spielen eine Rolle, sagt die Coachin Marta Michniewicz, die sich auf den Bereich Resilienz spezialisiert hat. Denn sie lehren kaum Unangenehmes. Stattdessen werde dort jedes Projekt als Erfolg verkauft, und durch die entsprechenden Filter sieht jeder perfekt aus. Die Realität sehe oft aber anders aus – und das lasse die Menschen an sich zweifeln.
Durch negative Erfahrungen können ebenfalls Selbstzweifel entstehen – etwa wenn jemand unter Mobbing gelitten hat, wenn ein Projekt gescheitert ist oder man viel negatives Feedback bekommt.
„Fake it till you make it“ – Die Lösung gegen Selbstzweifel?
Ein gewisses Maß an Selbstzweifeln, da sind sich Experten einig, ist ganz normal. Wenn sie aber Überhand nehmen und verhindern, dass man sein volles Potenzial ausschöpft, sollte man was dagegen unternehmen.
Wer zweifelt, bekommt häufig den Rat: „Fake it till you make it“. Für einige Menschen könne das tatsächlich temporär funktionieren, sagt Coachin Marta Michniewicz. Wer zum Beispiel Angst vor Präsentationen habe, sich aber trotzdem regelmäßig dazu überwindet, bekomme irgendwann Übung darin. Wichtig dabei ist, die eigenen Gefühle nicht zu verdrängen, sondern anzuerkennen.
„Die Angst darf da sein, sie sitzt aber in der zweiten Reihe“, sagt Michniewicz. Wie lange man etwas „faken“ sollte, sei allerdings von Person zu Person unterschiedlich. Es brauche Zeit und Überwindung, bis man sich dadurch sicherer fühle. Stattdessen sei es manchmal besser, sich mit den eigenen Unsicherheiten auseinanderzusetzen und so ein gesundes Selbstwertgefühl aufzubauen.
Selbstzweifel überwinden: Mit diesen Tipps und Strategien gelingt es
Um den inneren Kritiker verstummen zu lassen, gibt es verschiedene Methoden, die auf kognitiver, emotionaler und körperlicher Ebene wirken können. Die beiden Expertinnen geben folgende Tipps:
1. Erfolgstagebuch führen
Um negative Gedanken aufzulösen, kann ein Tagebuch helfen, das den Fokus von Misserfolgen auf Erfolge lenkt. Stellen Sie sich Fragen wie: „Was habe ich heute gut gemacht? Wo habe ich mich selbst positiv überrascht?“ Schreiben Sie drei dieser Dinge vor dem Schlafengehen auf.
2. Motivationssätze aufschreiben
Es kann helfen, Post-its mit motivierenden Sätzen in der Wohnung zu verteilen. Das können Sätze sein wie „Fehler sind zum Machen da“, „Du schaffst das“ oder „Ich fokussiere mich nur auf meine Prioritäten“. Wichtig ist laut den beiden Expertinnen, dass Sie die Motivationssätze aufschreiben, wenn es Ihnen gut geht. Die Post-its helfen dann in Stresssituationen, sich auf das Positive zu besinnen.
3. Start-Stop-Continue-Methode
Resilienz-Coach Marta Michniewicz rät zudem zur Start-Stop-Continue-Methode. Dabei werden Gewohnheiten und Denkmuster überprüft, um bewusster Entscheidungen treffen zu können. Konkret funktioniert das so: Bei „Start“ überlegen Sie, welche neuen Verhaltensweisen Sie in Ihrem Alltag etablieren möchten, um Ihr Selbstvertrauen zu stärken. Dazu zählen zum Beispiel Sport oder das Erfolgstagebuch.
Bei „Stop“ identifizieren Sie Verhaltensweisen oder Denkmuster, die Ihre Selbstzweifel verstärken – das können negative Selbstgespräche oder übermäßiger Perfektionismus sein. Indem Sie sich bewusst machen, dass diese Gedanken destruktiv sind, können Sie im nächsten Schritt daran arbeiten, sie zu reduzieren.
Bei „Continue“ überlegen Sie, was Ihnen bereits geholfen hat, Ihre Selbstzweifel zu überwinden – etwa ein Gespräch mit guten Freunden oder eben das Erfolgstagebuch. Wenden Sie das wieder an.
4. LinkedIn, Instagram & Co.: Vergleichs-Diät
Soziale Medien zeigen oft eine perfekte Welt: Ob es die beruflichen Erfolge bei LinkedIn sind, die romantische Partnerschaft oder der perfekte Körper, der bei Instagram präsentiert wird. Wer viel Zeit in diesen Netzwerken verbringt, tendiert häufig dazu, sich zu vergleichen. Und wer sich oft vergleicht, zweifelt schneller.
Eine Vergleichs-Diät hilft, diese Denkmuster zu identifizieren und gegenzusteuern. Reduzieren Sie dafür die Zeit, die Sie in Sozialen Medien verbringen. Löschen Sie dafür zum Beispiel die Apps auf Ihrem Smartphone. Pflegen Sie stattdessen Ihre realen Beziehungen und weihen Sie Freunde in Ihre Selbstzweifel ein – dann können diese Sie darauf hinweisen, wenn Sie sich wieder mit anderen vergleichen.
5. Selbstzweifel überwinden: Feedback einholen
Sich von anderen Feedback einzuholen ist eine simple Methode, um das eigene Selbstbild mit dem Fremdbild zu vergleichen. Wer an sich zweifelt, kann einfach mal die Kollegen fragen, wie diese einen wahrnehmen. Eine Frage könnte zum Beispiel sein: „Welche spezifischen Stärken siehst du bei mir?“ Meist ist das Fremdbild positiver als die Selbstwahrnehmung.
Wählen Sie für das Gespräch jemanden aus, mit dem Sie bereits eine Weile zusammengearbeitet haben und der ein ehrliches, konstruktives Feedback geben kann. Das können sowohl Kollegen aus verschiedenen Hierarchieebenen und Abteilungen sein als auch der Chef oder die Chefin, sofern hier ein Vertrauensverhältnis besteht.
6. Selbstbewusstsein und Selbstwertschätzung
Neben Selbstbewusstsein ist auch Selbstwertschätzung wichtig, um Zweifel zu beseitigen. Sprechen Sie ab und an zu sich wie zu einem guten Freund. Das können Sätze sein, wie: „Das fühlt sich gerade richtig blöd an, aber du hast schon so vieles geschafft. Schau mal, hier sind drei Dinge, die du gut gemacht hast. Vielleicht bist du gerade zu hart zu dir.“
7. Entspannungsmethoden nutzen
Psychologin Sandra Jankowski rät zu Entspannungsmethoden, um Selbstzweifeln entgegenzuwirken. Denn wer gelassener durchs Leben gehe, habe oft auch weniger Zweifel. Sie empfiehlt Meditation oder autogenes Training, um sich auf die eigenen Bedürfnisse zu besinnen. Machen Sie solche Übungen am besten täglich und zur gleichen Uhrzeit, denn so lässt sich eine Routine aufbauen und einfacher einhalten.
Sollten die Selbstzweifel zunehmen, können Sie auch mehrfach täglich solche Übungen in Ihren Alltag einbauen. Anleitungen zur Meditation oder für autogenes Training gibt es zum Beispiel auf YouTube oder auf den Webseiten der Krankenkassen.
8. Selbstzweifel überwinden: Atemtechniken anwenden
Bei Selbstzweifeln befindet sich der Körper in einem Stresszustand. Box Breathing kann in dem Fall helfen, den Stress zu reduzieren. Das funktioniert so: Vier Sekunden einatmen, den Atem vier Sekunden halten, vier Sekunden ausatmen und wieder vier Sekunden halten. Dadurch entspannt sich der Körper schneller.
9. Den Körper ausschütteln
Manchmal hilft es, den Körper einfach mal auszuschütteln. Das Schütteln sendet eine Information an die durch Stress versteiften Muskeln und entspannt sie. Auch Sport ist laut den Expertinnen eine gute Entspannungsmethode, ebenso wie ein täglicher Spaziergang.
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