Zweitjob im Homeoffice: Diese Regeln musst Du beachten, damit keine Abmahnung droht
Höchstarbeitszeit, Wettbewerbsklausel, Reputationsschaden - worauf Arbeitnehmer•innen bei einem Nebenjob auch im Homeoffice achten müssen.
Strom, Heizung, Miete – alles wird gerade teurer. Da ich sowieso im Homeoffice arbeite, möchte ich zu meinem Job noch etwas Geld hinzuverdienen. Ich überlege, einen Nebenjob anzufangen. Geht das so einfach?Jasmine
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Liebe Jasmine,
damit stehst du nicht allein da. In Deutschland hatten im vergangenen Jahr rund 4,2 Millionen Arbeitnehmer•innen einen Nebenjob. Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft spielten für die Befragten vor allem die Arbeitszeit und der finanzielle Aspekt eine Rolle bei der Entscheidung, einer Nebentätigkeit nachzugehen. Es gibt allerdings einige Bestimmungen, die du vorab kennen solltest, um nicht in die Bredouille zu kommen.
Was ist bei Annahme eines Nebenjobs zu beachten?
Vor der Annahme eines Nebenjobs musst du unbedingt prüfen, ob die Ausübung des Nebenjobs gegen das bestehende (Haupt-)Arbeitsverhältnis oder gegen gesetzliche Regelungen verstoßen würde.
Grundsätzlich ist jede weitere Tätigkeit verboten, die mit der Arbeitspflicht kollidiert oder zu einer Beeinträchtigung der Arbeitsleistung führt. Demnach wäre es beispielsweise nicht zulässig, einem Nebenjob nachzugehen, der zeitgleich zur Haupttätigkeit stattfindet. Eine unzulässige Beeinträchtigung der (tageszeitlichen) Arbeitsleistung könnte sich für dich etwa aus nächtlichen Einsätzen als Taxifahrer im Nebenjob ergeben.
Außerdem darf der Nebenjob die Reputation deines Arbeitgebers nicht schädigen und muss mit dem Gemeinwohl vereinbar sein. Wünscht zum Beispiel ein•e Krankenpfleger•in, im Nebenjob als Leichenbestatter•in tätig zu sein, kann eine Rufschädigung des Krankenhauses möglich erscheinen.
Darüber hinaus musst du beachten, dass gemäß § 60 Abs. 1 Handelsgesetzbuch während des Arbeitsverhältnisses ein grundsätzliches Wettbewerbsverbot für alle Tätigkeiten in der Branche des Arbeitgebers besteht. Daher dürfen Arbeitnehmer•innen grundsätzlich keinen Nebenjob ausüben, der in Wettbewerb zu der unternehmerischen Tätigkeit des Arbeitgebers steht. Der Arbeitgeber kann dies aber gestatten. Ein Verstoß kann eine außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber rechtfertigen.
Verboten ist ein Nebenjob zudem, wenn die Gesamtarbeitszeit aus Haupt- und Nebenjob die zulässige Höchstgrenze des Arbeitszeitrechts überschreiten würde. Deine Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern musst du also gemäß Arbeitszeitgesetz zusammenrechnen.
Beachten musst du auch die Regelung der Ruhezeit. Danach müssen Arbeitnehmer•innen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit grundsätzlich eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben.
Insbesondere ist auch der Arbeitsvertrag zu prüfen. Üblicherweise enthalten Arbeitsverträge in Deutschland eine Regelung zu Nebentätigkeiten, wonach jede weitere – entgeltliche oder unentgeltliche – Tätigkeit der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Arbeitgebers bedarf. In diesem Fall besteht eine sogenannte Anzeigepflicht der Arbeitnehmer•in. Du musst dein Vorhaben also zumindest per E-Mail anmelden. Andernfalls riskierst du eine Abmahnung.
Solange die Interessen des Arbeitgebers nicht beeinträchtigt sind, haben Arbeitnehmer•innen einen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung für eine Nebentätigkeit. Ein absolutes Nebentätigkeitsverbot im Arbeitsvertrag wäre unwirksam.
Auch in einem Tarifvertrag kann eine Regelung zu Nebentätigkeiten enthalten sein und wäre dann zu beachten.
Du solltest außerdem die folgenden steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen prüfen:
Die Verdienstgrenze für den Minijob ist gewahrt, wenn das Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung regelmäßig im Monat 450 Euro nicht übersteigt. Diese Verdienstgrenze ist mit Wirkung ab dem 01.10.2022 auf 520 Euro im Monat erhöht worden.
Schüler•innen haben die Beschränkungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes bei Annahme eines Nebenjobs zu beachten.
Studierende müssen bei Annahme eines Nebenjobs die Verdienstgrenze beachten, die sie im Hinblick auf eine BaföG-Förderung nicht überschreiten sollten. Konkret bleibt aufgrund der derzeit gültigen Berechnungsmethode ein Bruttoeinkommen in Höhe von 5.421,84 Euro in zwölf Monaten bzw. 451,82 Euro monatlich anrechnungsfrei.
Wie ist die Höchstarbeitszeit geregelt?
Die Höchstarbeitszeit ist ein entscheidendes Kriterium für den Umfang eines Nebenjobs. Die Höchstarbeitszeit darf die werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden nicht überschreiten. Diese kann auf bis zu zehn Stunden verlängert werden. Dies gilt allerdings nur, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.
Die wöchentliche Höchstarbeitszeit ist im Arbeitszeitgesetz nicht ausdrücklich geregelt. Sie folgt jedoch mittelbar aus der Regelung der werktäglichen Arbeitszeit in § 3 Arbeitszeitgesetz, wobei sechs Werktage pro Woche zugrunde zu legen sind.
Demnach beträgt die wöchentliche Höchstarbeitszeit 48 Stunden. Entsprechend gilt im Durchschnitt des Ausgleichszeitraums vorübergehend sogar eine höchstzulässige Wochenarbeitszeit von 60 Stunden. Und jetzt wird es etwas kompliziert: Wird die zulässige wöchentliche Arbeitszeit von durchschnittlich 48 Stunden pro Woche innerhalb des Ausgleichszeitraums dauerhaft überschritten, wird geprüft, ob diese Überschreitung das Ergebnis eines einzelnen Arbeitsvertrages oder mehrerer Arbeitsverträge und der Zusammenrechnung der Arbeitszeiten ist.
In diesem Fall ist nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung der zeitlich gesehen zuletzt abgeschlossene Arbeitsvertrag, der zur Überschreitung der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit führt, grundsätzlich nichtig.
Was ändert sich für Arbeitnehmer•innen, die einen Nebenjob annehmen?
Die wesentliche Änderung besteht darin, dass du ab sofort arbeitsvertragliche Pflichten (Arbeitspflichten und Nebenpflichten einschließlich Treuepflicht) gegenüber zwei Arbeitgebern beachten und erfüllen musst.
In der Praxis können die beiden Arbeitsverhältnisse miteinander in Konflikt geraten. Dieser Fall kann zum Beispiel eintreten, wenn du im Nebenjob Überstunden leistest, sodass deine Arbeitsleistung im Hauptarbeitsverhältnis in Gefahr gerät. Daraus können sich für dich unter Umständen Loyalitätskonflikte im Hinblick auf die beiden Arbeitsverhältnisse ergeben.
Wenn du diese Punkte beachtest, sollte einem Nebenjob nichts im Wege stehen. Ich wünsche dir viel Erfolg.
Herzliche Grüße
Dr. Matthias Hinz
Welche Erfahrungen hast Du mit einem Zweitjob gemacht? Schreibe uns in den Kommentaren.
Wer schreibt hier?
Dr. Matthias Hinz ist Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Ebner Stolz und berät nationale und internationale Unternehmen sowie Vorstände, Geschäftsführer, Leitende Angestellte und Arbeitnehmer in allen Bereichen des Arbeits- und Wirtschaftsrechts. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten gehören die Gestaltung von Arbeits- und Dienstverträgen sowie die Beratung im Zusammenhang mit der Beendigung von Arbeits- und Dienstverhältnissen einschließlich der Prozessführung.
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