25, 36 oder 42 Stunden – was bringt Unternehmen jetzt weiter?
Die Wirtschaft wird sich wieder erholen. Nur wann? Und wie stellen wir uns bis dahin auf? Als Unternehmerin muss ich vielen Ansprüchen gerecht werden. Ist es wirklich eine Frage der Zeit?
Was ist unsere Zeit wert? Die Zeit am Arbeitsplatz, die Freizeit, Zeit mit der Familie? Wer definiert, wie lang ein produktiver Arbeitstag ist? Die einen sehen Profitabilität in kürzeren Arbeitswochen, andere glauben, den Fachkräftemangel mit 42 Wochenstunden sanieren zu können. Mittendrin stehe ich und frage mich: Was ist das Beste für uns, für Werkzeug Weber?
Von Kurzarbeit bis Überstunden. Wo bleibt die Flexibilität?
Meine Oma musste nie arbeiten und hat es trotzdem immer getan – manchmal ist sie regelrecht am Schreibtisch eingeschlafen. War das gesund? Und was hätte sie in der jetzigen Lage getan, wo unser Geschäft vehement ausgebremst wird?
Werkzeug Weber ist im B2B-Bereich, viele unserer Kunden sind in der metallverarbeitenden Industrie tätig – da steht gerade alles still, weil die Teile fehlen. Die Aufträge sind da, nur können sie nicht erfüllt werden.
Was machen wir jetzt? Gehen wir in Kurzarbeit? Und was bedeutet das für meine Belegschaft? Wird die Zugangserleichterung vom Staat nach dem 30. September noch einmal verlängert? Ich halte das für notwendig – mit den steigenden Energiekosten und stockender Versorgung kommen da noch ganz andere Kosten auf die Industrie zu.
Es werden auch wieder Zeiten kommen, da werden die Aufträge uns überrollen und dann muss ich Überstunden einfordern und bezahlen. Nur – Überstunden kann ich Abbummeln lassen oder auszahlen. Aber Minusstunden?
Immer reden alle von örtlicher Flexibilität – aber wäre es nicht viel praktischer, wenn unsere Arbeitszeitverträge flexibler wären?
Vier Tage sind nicht gleich vier Tage
Die Vier-Tage-Woche ist ein Reizwort. Auch weil nicht jeder sie gleich definiert. Die Belgier mauscheln ja ein wenig, mit ihrem 4-Tage-Modell, denn sie fordern stattdessen einfach 10 Arbeitsstunden am Tag. Das bringt – zugegebenermaßen – längere Wochenenden, mehr Zeit mit für Familie und Hobbys, aber am Ende doch auch eine Mehrbelastung, die nicht zwingend die Produktivität steigert, oder? Was nutzen mir müde Mitarbeitende mit Kopfschmerzen oder Konzentrationsschwierigkeiten? Ich will doch keine leeren Hüllen auf den Stühlen sitzen haben – ich glaube, dass vor allem die Zufriedenheit die Produktivität steigert.
In Großbritannien dagegen läuft gerade ein branchenübergreifender Feldversuch, in dem über 3000 Probanden 100 Prozent ihrer Aufgaben in 80 Prozent der Zeit zu 100 Prozent des Gehalts erledigen. Das ist das Konzept, mit dem auch in Deutschland jetzt einige Unternehmen starten. Hier reden alle davon, dass es die Produktivität steigern soll. Aber dasselbe Gehalt für 32 Stunden Arbeit … das kommt auch einer enormen Gehaltserhöhung gleich. Kann sich das rechnen?
Aber dasselbe Gehalt für 32 Stunden Arbeit … das kommt auch einer enormen Gehaltserhöhung gleich.Vanessa Weber
Auch ich habe den Anspruch, eine gute Arbeitgeberin zu sein und mich mit der Zeit zu entwickeln. Darum beobachte ich die Entwicklungen auf dem Markt mit viel Interesse. Dr. Heike Wenzel, die Geschäftsführerin der Wenzel Group aus Wiesthal, hat gerade die 4-Tage-Woche für ihre Produktionsmitarbeitenden eingeführt. Wie bezahlen sich dann die teuren Maschinen? Unter anderem durch die Energieeinsparung von 10–15% bei gleicher Produktionsleistung. Das hört sich spannend an. Um Fairness zu gewährleisten, haben auch die administrativen Angestellten mit 40-Stunden-Verträgen das Angebot bekommen, ihre Stunden zu reduzieren, wenn sie möchten.
Das wäre Teilzeit. Für mich als Unternehmerin ist Teilzeit in rotes Tuch. Und das sollte es nicht sein. Aber so, wie sich das Gesetz gerade darstellt, ist Teilzeit sowohl für Arbeitgebende wie auch Arbeitnehmende das schlechteste verfügbare Modell. Zu teuer für uns, nicht ergiebig genug für die Arbeitskraft. Mal ganz abgesehen davon, dass die reduzierten Stunden selten eingehalten werden, lohnt sich die Reduktion rechnerisch nur in den seltensten Fällen. Teilzeitmodelle müssten steuerlich entlastet sein – ich bin überzeugt davon, dass mehr Menschen und KMUs sie nutzen würden.
Die einen kämpfen, die anderen warten
War of Talents. Der Markt ringt um Talente. Der Leiter des Instituts der Deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, schlägt eine Erhöhung auf 42 Stunden Wochenarbeitszeit ja nicht grundlos vor. Die längeren Stunden sollen unter anderem gegen den Fachkräftemangel helfen. Bei Werkzeug Weber haben wir aber keine akuten Schwierigkeiten, Stellen zu besetzen.
Was ist eigentlich fair?
Was ist fair, und womit ist allen geholfen? Was ist gut für die Wirtschaft, das Unternehmen und die Belegschaft? Ich weiß, dass ich mir mehr Flexibilität vom Staat wünschen würde. Wie soll ich auf Bedürfnisse der Mitarbeitenden reagieren, wenn ich durch immer neue Richtlinien festgenagelt werde?
Können wir so was wie Jahresarbeitszeit einführen anstelle von Wochenarbeitszeiten? Zeitwertkonten, aber nicht solche, die dann auf ein Sabattical oder Frührente hinauslaufen, sondern solche, die sich an Krisen und Hochzeiten orientieren!
Müssen wir aufhören, Arbeit in Zeit zu messen?Vanessa Weber
Wie könnte man das gestalten? Oder ganz anders: Müssen wir aufhören, Arbeit in Zeit zu messen?
Die Arbeitswelt verändert sich, und wir müssen dem als Arbeitgebende auch gerecht werden. Wie?Ich weiß es (noch) nicht.
Ich weiß nur eines – hier helfen keine pauschalen Lösungen. Wir brauchen mehr Vertrauen in die Unternehmer·innen. Vertrauen wir drauf, dass sie mit ihrer Belegschaft die Lösungen schaffen, die für ihre Betriebe die besten sind. Darum werde ich dieses Thema auch bei uns zur Diskussion stellen und die Ideen, Bedürfnisse und Gedanken der Mitarbeiter·innen aufnehmen.
Was ich mir wünsche:
Zugangserleichterung für Kurzarbeit nach dem 30. September weiterführen, um die Flexibilität für KMUs zu verbessern.
Mehr Dialog mit Unternehmen aller Größen – liebe Politik: Hört den Unternehmer·innen besser zu, dann verpufft weniger Energie, und Probleme können gezielter gelöst werden.
Mehr Gestaltungsspielraum für KMUs bitte! Vertraut uns, dass wir das Beste für Belegschaft und Wirtschaftsstandort im Sinn haben.
Habt Ihr Ideen? Erfahrungen? Ich freue mich darauf, sie zu lesen.