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Felix Beilharz

4 Social Media Impulse für den E-Commerce

„Social Media ist kein Verkaufskanal“. Diese bekannte Floskel ist so alt – wie falsch. Das mag vielleicht in den Anfangszeiten der Social Media-Welt gegolten haben, heute stimmt das auf jeden Fall nicht mehr. Mittlerweile lassen sich beeindruckende Abverkaufszahlen über soziale Medien generieren. Und das nicht nur für Spaß-Produkte oder günstige Alltagsgegenstände – ich selbst habe z.B. meine beiden letzten Leasing-Verträge über Facebook Ads abgeschossen. Und gerade junge Menschen treffen fast keine Kaufentscheidung mehr, ohne vorher bei Instagram und YouTube zu suchen.

Grund genug für Online-Händler, sich ausgiebig mit den Möglichkeiten der sozialen Netzwerke zu beschäftigen. Vier Ansätze finden Sie in diesem Artikel.

1) E-Commerce-Funktionen der Kanäle ausnutzen

Nicht erst seit gestern wollen die Social Networks mehr vom E-Commerce-Kuchen abhaben bzw. tiefer in die Customer Journey eingreifen. Und das versuchen sie auch mit Macht.

  • Facebook bietet seit Jahren eine Shop-Funktion an. Wenn Produkte hochgeladen bzw. angelegt wurden, kann man sie z.B. in Ads bewerben oder in Posts markieren und so potenzielle Käufer direkt auf die Landingpages bringen.

  • Instagram hat letztes Jahr nachgezogen und eine Shop-Funktionalität eingeführt. Jeder Business-Account, der im Business Manager einen Produktkatalog angelegt hat, kann seine Produkte nun auch in Instagram Posts oder Stories verlinken. Momentan führt der Link dann analog zu Facebook auf die Landingpage bzw. in den Online-Shop. Instagram plant aber, einen direkten Checkout einzuführen, so dass die komplette Customer Journey – vom Entdecken des Produkts bis zum letztlichen Kauf – in der Instagram-App abgebildet wird.

  • Auch Pinterest bietet eine ähnliche Funktion („Shop the look“). In Posts verwendete Produkte können direkt in den Posts verlinkt werden. Auch hier lassen sich zielgerichtet Besucher für den Online-Shop generieren.

  • Auch Twitter hat zwischenzeitlich mit einem „Buy“-Button experimentiert. Es ist zu erwarten, dass diese Möglichkeiten der Kanäle in Zukunft immer weiter ausgebaut werden, so dass Social Media nicht nur ein Impulsgeber oder Bedarfswecker, sondern auch ein echter Abverkaufskanal werden kann.

2) Messenger-Marketing als Shopping-Kanal

Messenger Marketing, allen voran mit dem Facebook Messenger, wird momentan eher als Service-Kanal oder Newsletter-Tool eingesetzt. Da bleibt aber viel Potenzial liegen. Denn auch im E-Commerce kann der Messenger ein potentes Werkzeug bilden.

Ein gutes Beispiel dafür ist der Zalando Bot. Mit einer relativ einfachen Entscheidungsbaum-Struktur führt der Bot potenzielle Kundinnen (aktuell ist der Bot auf Frauen ausgerichtet) zum passenden Produkt. Dabei ist der Bot noch nicht einmal sonderlich intelligent, sondern reagiert nur auf Klicks auf die angebotenen Links. Am Ende enthält der Kunde aber die für ihn passenden Produkte inklusive direktem Link auf die Landingpage im Online-Shop.

Solche Bots bieten sich insbesondere an, wenn der Kunde im „Stöber“-Modus ist. Wenn er zwar Lust auf was zu essen hat, aber noch nicht weiß, auf was genau. Wenn er einen Film sehen will, aber keine Ahnung hat, welchen. Wenn er ein Geschenk sucht, aber so gar keine Idee hat, in welche Richtung es gehen könnte. Hier können Messenger Bots sehr hilfreich sein und den Kunden zum für ihn passenden Produkt führen.

3) Social Media Advertising

Der wahrscheinlich größte Hebel für den E-Commerce ist die bezahlte Anzeigenwerbung in den einzelnen sozialen Netzwerken. Egal, ob Facebook, Instagram, Twitter, Pinterest, Snapchat, LinkedIn oder YouTube, die Performance Marketing-Möglichkeiten sind mittlerweile äußerst ausgeprägt und extrem vielschichtig.

Alle Kanäle verfügen über sehr detaillierte Targeting-Optionen. Sie möchten Mütter über 40 ansprechen, die Interesse an Katzen haben und in der Gegend um München wohnen? Kein Problem. Sie suchen nach Führungskräften im Personalwesen von Großunternehmen aus dem Automobilsektor, die Interesse an Weiterbildung haben? Ebenfalls ein Klacks. Teenager zwischen 18 und 22, die gerne online shoppen und sich für die neuesten Kinofilme interessieren. Nur ein paar Klicks entfernt.

Doch das sind nur die Basics. Sowohl auf Targeting-Seite als auch auf Seiten der Anzeigen-Ausspielung sind die Möglichkeiten für E-Commerce-Unternehmen nahezu grenzenlos. So können fast alle Social Networks nicht nur zielgenaue Custom Audiences anlegen (z.B. Personen, die sich ein Video oder ein bestimmtes Produkt im Online-Shop angesehen haben), sondern auch darauf aufbauende, ähnliche Zielgruppen (Lookalike Audiences). Und gerade Retargeting-Strategien (z.B. die erneute Ansprache von Warenkorb-Abbrechern oder der Verkauf von Upsell-Produkten an Bestandskunden) funktionieren im E-Commerce ganz hervorragend.

Auf Anzeigenseite hat sich ebenfalls einiges getan. Neben den normalen Link-Ads, die direkt zum Online-Shop bzw. zur Produktdetailseite führen, können auch Carousel-Ads oder ähnliche Formate ausgespielt werden. Besonderes Potenzial bieten auch die Dynamic Ads, bei denen aus dem Produktportfolio sehr individuell und dynamisch Anzeigen generiert werden, die perfekt zum potenziellen Kunden passen. Dabei ist so viel Individualisierung möglich, wie sie mit händischer Anzeigenerstellung nie möglich wäre – am Ende sieht jeder genau die Anzeigen, die zu ihm passen.

4) Kundenbindung und Community-Aufbau

Clevere Händler verstehen, dass die Kundenbeziehung nicht mit dem Kauf endet, sondern eigentlich dort erst beginnt. Nach dem Kauf ist vor dem Kauf. Kundenbindung, Kundenpflege, die Verhinderung von „buyers remorse“ (Kaufreue), Verhinderung von Retouren, die Weiterempfehlung, Crossselling, Upselling – all das kann mit Social Media gefördert werden. Ansätze gibt es dabei Haufenweise:

  • Der Spielehersteller Ravensburger bietet seinen Kunden per Chatbot auf Facebook z.B. die Möglichkeit, verlorene einzelne Puzzleteile nachzubestellen und entlastet so nicht nur die Service-Hotlines, sondern sorgt auch für glücklichere Kunden

  • Vorwerk nutzt verschiedene Facebook-Gruppen (z.B. „Fit mit Thermomix“), um die Kunden zu binden und ein Wir-Gefühl entstehen zu lassen. Außerdem versorgen sich die Kunden so selbst mit Rezeptideen, lösen ihre eigenen Probleme und werden so begeisterten Markenbotschaftern.

  • Gerade in den USA nutzen E-Commerce-Händler z.B. regelmäßige Unboxing-Videos auf YouTube, um Lust auf neue Produkte zu machen und neue Käufe auszulösen.

Diese vier Impulse sind nur eine kleine Auswahl dessen, was Social Media mittlerweile für Händler, egal ob online oder offline, bietet. Wer diese Möglichkeiten links liegen lässt, lässt gleichzeitig auch eine Menge Geld und das Potenzial für begeisterte, glückliche und dauerhafte Kunden liegen. Wer die Chancen aber nutzt, kann sich von seiner Konkurrenz absetzen und effektiver wirtschaften. Viel Erfolg.

Felix Beilharz schreibt über Internet & Technologie, Marketing & Werbung, Wirtschaft & Management, Social Media

Felix Beilharz ist „einer der führenden Berater für Online- und Social Media Marketing“ (RTL) und „zählt zu den besten Rednern Deutschlands“ (Westdeutsche Allgemeine Zeitung). Der 11-fache Buchautor lehrt an mehreren Hochschulen und hält weltweit Vorträge zu digitalen Marketing-Themen.

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