513.299 Absagen, um 7.701 Stellen in 253 Firmen zu besetzen.
Ein einziges großes Unternehmen bekommt 250.000 Bewerbungen pro Jahr. Das entspricht allen Einwohnern aus Mönchengladbach, ganz Braunschweig, 100 Prozent Chemnitz oder alle Kieler. Können Sie sich 250.000 E-Mails im Postfach vorstellen? Was macht diese Firma damit? 1.400 Kandidaten bekommen einen Arbeitsvertrag. Die Stellen wurden passend besetzt. Alle zufrieden.
Wirklich alle zufrieden?
Das Unternehmen muss 248.600 Kandidaten absagen. 248.600 Bewerbungen landen im Müll. Ein Einzelfall? Ein anderes großes Unternehmen sagt rund 99.000 Mal pro Jahr ab. Die Chancen sind dort also nicht viel besser. Geht es auch anders? Ja, noch krasser! Ein Unternehmen hatte eine einzige Stelle im Marketing zu besetzen. Von 1.000 Bewerbern kamen 50 Talente in die engere Wahl. Sie mussten über sechs Monate mehrfach zu Gesprächen, zum Assessment Center und einem Probe-Arbeitstag anreisen. Ergebnis: Ein ‚Ja‘. Und 49 Mal ‚Nein‘. Eine letzte Zahl: Staufenbiel hat in den 'JobTrends Deutschland 2014' die Zu- und Absagen aus 250 mittelständischen Unternehmen 2013 gezählt: 5.300 Arbeitsverträge, 164.700 Absagen.
Zusammen 513.299 Absagen, um 7.701 Stellen in 253 Firmen zu besetzen
Ökonomischer und menschlicher Wahnsinn. Wenn 253 Unternehmen über eine halbe Million Absagen verschicken, wie viele Absagen produzieren 3,6 Millionen deutsche Unternehmen? Wie viele 23 Millionen europäische Unternehmen? Ist es ökonomisch sinnvoll, allen abzusagen? Scheinbar sind die Massen gar nicht sinnvoll zu verwerten. Bewerbungen landen gesehen oder ungesehen im Müll. Was soll das?
Könnte das Wissen über die nicht eingestellten GUTEN Kandidaten noch genutzt werden? Wer könnte daran Interesse haben? Suchen aktuell auch andere Unternehmen nach Kandidaten? So viele Unternehmen rufen "Fachkräftemangel". Täglich lesen wir zigfach, Fachkräftemangel sei das größte Risiko für den Standort Deutschland. Und dann so ein verschwenderischer Umgang mit der wertvollsten 'Ressource'? Wie geht das zusammen? Haben andere Unternehmen kein Interesse an den knapp gescheiterten Bewerbern - also den 7702., 7703., 7704., 7705.? Könnten sich andere Unternehmen nicht sogar viel Such- und Auswahl-Arbeit, Zeit und Geld sparen, wenn sie diese Kandidaten treffen würden? Wenn vorausgewählte Kandidaten weiter empfohlen werden, sparen andere Recruiter vier von sieben Schritte in der Personalgewinnung.
Gold - Silber - Bronze
Wie viel Prozent der 521.000 Bewerber in den 253 Unternehmen waren Top-Kandidaten? Neben 7.701 Gold-Medaillen-Gewinnern gab es auch 7.701 Silber-Medaillen-Kandidaten. Und 7.701 Bronze-Medaillen-Gewinner. Silber und Bronze? Im Sport gibt es Gold – Silber – Bronze. Dazwischen liegen Millisekunden. Drei herausragende Leistungen werden gewürdigt. Für Bewerber gibt es Gold oder gar nichts. Was ist mit den Bewerbern, die in der engeren Wahl waren? Alle bekommen Absagen, somit erhält die Mehrzahl GUTER Kandidaten eine Absage. Alle in der engeren Wahl! Sinnvoll? Änderbar? Feststehend? Unumkehrbar? Wer könnte Silber- und Bronze-Kandidaten ein attraktives Angebot machen?
Denken Sie mal an Unternehmen derselben Branche oder Region. Im Einkauf wird kooperiert, in Forschung und Entwicklung. Warum nicht in der Personalgewinnung? Branchenverbände und Wirtschaftsförderungen sind prädestiniert dafür, den Unternehmen im Verbund zu Top-Silber-Kandidaten zu verhelfen. Das Ziel aller Verbände und Business Clubs ist Vernetzung, Vertretung gemeinsamer Interessen, politischer Einfluss und vergünstigte Konditionen bei Strom und Mietautos. Unternehmen kooperieren selbstverständlich mit Zulieferbetrieben. Warum betreibt jede Firma den Bewerbungs- und Auswahlprozess abgeschottet für sich?
Könnten Netzwerke, Branchen, Einzelhändler und Zulieferketten eine viel effizientere Personalgewinnung betreiben, wenn sie zusammen werben und auswählen würden? Warum gibt es keine gemeinsamen Suchprozesse? Die meisten Unternehmen haben unter zehn Mitarbeiter. Eine professionelle Personalgewinnung ist für die meisten Unternehmen - ganz alleine auf sich gestellt - gar nicht möglich. Warum sagen Unternehmen guten Kandidaten ab, wenn sie öffentlich Fachkräftemangel beklagen? Warum werden Kandidaten, die bereits bekannt sind und in der engeren Wahl waren, nicht einfach weiter empfohlen?
Anziehungskraft?
Was Unternehmen nicht bewusst ist: Größter Engpass, um Bewerbungen zu bekommen, ist die Unbekanntheit als Arbeitgeber. Die Produkte und Angebote können noch so erfolgreich sein, das bedeutet für die Bekanntheit als Arbeitgeber gar nichts. Überall gibt es mehr Unternehmen als Sie zu träumen wagen. 64.100 Unternehmen in Heilbronn-Franken. Darunter Weltmarktführer wie die Firma Dometic Seitz, die weltweit 80 Prozent aller Wohnwagen-Fenster in Krautheim herstellen. Kennen Sie diese Firma deshalb? 92.000 Unternehmen in Niederbayern, darunter das größte BMW-Werk der Welt, aber auch 18.000 Handwerksbetriebe. In Hamburg bieten 165.000 Unternehmen Arbeitsplätze. Wie viele davon kennen Sie? Hinzukommt, dass die Regeln des Produktmarketings auch im Personalmarketing gelten. Hat Ihr Angebot ein klares Alleinstellungsmerkmal? Kommt man um Sie nicht herum? Oder steht Ihre Stellenanzeige unter Tausenden anderer Anzeigen in einer von 2.500 Jobbörsen? Entwickelt Ihr Personalmarketing eine unwiderstehliche Anziehungskraft? Fachkräfteengpass wird bestimmt durch die Engstirnigkeit der Suchenden.
3,6 Millionen unbekannten Unternehmen müssten clever sein und neue Wege gehen. Könnten 24.000 Verbände, Innungen und Business-Clubs den Unterschied machen? Jeder Verband und Club verbindet 140, 400, 6.000 oder sogar 270.000 Firmen wie der BVMW an 300 Standorten. Was wäre, wenn ein Drittel der Tischlereien ihre Silber- und Bronze-Kandidaten an die anderen Zwei Drittel der Betriebe empfehlen würden? Top-Kandidaten bleiben, die Branche wird gestärkt. „Das geht nicht, denn wir bekommen gar keine Bewerbungen mehr.“, bekomme ich im Handwerk oft zu hören. Ich gehe jede Wette ein, dass in jeder Branche Absagen an gute Kandidaten verschickt werden. Es geschieht versteckt. Die erfolgreichen Betriebe gewinnen gute Bewerber ohne darüber zu reden. Und sagen ab, ohne darüber zu reden. Nur zur Erinnerung: 513.299 Absagen, um 7.701 Stellen in 253 Firmen zu besetzen. Was wäre, wenn Bosch seine Zulieferbetriebe mit Silber- und Bronze-Azubis, Fachkräften und erfahrenen Mitarbeitern - versorgen würden? Eine einzige Frage: Sind Sie bereit zu teilen?
Würden Sie Top-Bewerber empfehlen?
Nur zur Erinnerung: Es geht um Kandidaten, denen Sie gerade abgesagt haben. Klingt einfach. Ist einfach. Und clever. Denn Bewerber reden, posten, clicken, snapchaten. Ihr Gold-Kandidat redet gut über Sie. Alle anderen? Eher frustriert! Je mehr GUTE Kandidaten Ihr gutes Personalmarketing anzieht, desto mehr GUTEN Bewerbern sagen Sie ab und stoßen Sie vor den Kopf. Wie simpel wäre es, eine Empfehlung an andere suchende Unternehmen auszusprechen. Bewerber wären Ihnen und Ihrem Unternehmen ewig dankbar, dass Sie den Job vermittelt haben! Das spricht sich herum.
Mit der webbasierten Software cleverheads.eu läuft das bereits, einfach und datenschutzrechtlich korrekt! Kandidaten bekommen eine individuelle Einladung und registrieren sich nur, wenn sie dies wollen. Unternehmen sehen 100 Prozent aktuell empfohlene Bewerber, keine Karteileichen. Die Bewerberqualität steigt. Sie sehen, wer empfohlen hat. Persönlich. Trusted.
Die Bewerber sind da. Wo ist der Haken? Warum machen nicht längst alle Betriebe gemeinsame Sache im Recruiting? Gibt es ungeschriebene Gesetze? Ängste? Der häufigste Einwand lautet: „Dann geht er ja zur Konkurrenz.“ Und: „Eher hacke ich mir die Hände ab als dass ich Bewerber empfehle.“, brüllte ein IHK-Präsident in Hessen. Warum verharren erfolgreiche Unternehmer im Silo-Denken? Wie lange kann ‚allein gegen alle‘ gut gehen? Silber- und Bronze-Kandidaten, denen Sie absagen, gehen sowie zur Konkurrenz, sie suchen nämlich jetzt einen Job. Und wie viele echte Wettbewerber haben Sie? Sehen Sie Ihr Netzwerk als Ansammlung von Konkurrenz? Wem würden Sie Silber- und Bronze-Kandidaten gönnen?
Unternehmen zahlen viel Geld für Personalgewinnung
Personalgewinnung kostet Geld. Und auch Fluktuation und unbesetzte Stellen kosten viel Geld. Stellenanzeigen und Headhunter haben sich im Recruiting durchgesetzt, weil sie "Instant"-Lösungen versprechen. Suche JETZT! Bekomme JETZT! Eigentlich sind beide Instrumente unzulänglich. Worum geht es im Kern? Um Zugänge zu aktuell suchenden und qualifizierten Kandidaten. Wer hat diesen Zugang? Headhunter bauen sich ein ein Netzwerk aus Suchenden auf. Ein Milliarden-Geschäft. 1,7 Milliarden Euro Umsatz in Deutschland für exklusive Empfehlungen. Zudem 25 Milliarden Euro Umsatz für den Eisatz von Zeitarbeitern.
Aber kennt denn außer Headhuntern niemand empfehlenswerte Kandidaten? Doch! Schulen, Hochschulen, Akademien, über 20.000 Stiftungen, eine halbe Million Vereine, 90.000 Sportclubs könnten empfehlen. Trainer kennen die Zuverlässigkeit und Disziplin der Schützlinge SEHR VIEL besser als jeder Headhunter. Trainer erleben vier Mal pro Woche, ob ein Spieler pünktlich kommt, ob er unentschuldigt fehlt und wie er mit Kritik und Tipps umgehen kann. Dasselbe gilt für Musiklehrer, Dozenten, Tutoren, Mentoren, Coaches und Kollegen im Verein und Ehrenamt.
Deren Wissen, das Personalverantwortliche suchen, geht verloren
Personalverantworliche führen Vorstellungsgespräche. Assessment Center und Probearbeiten folgen manchmal. Hand aufs Herz. Wie viel erzählt der Lebenslauf über die Lernfähigkeit in den nächsten fünf Jahren? Wie viel erfahren Sie im Vorstellungsgespräch über den Umgang mit Kritik und die Fähigkeit, konstruktiv mit Ideen anderer umzugehen? NICHTS! Universitäten, Akademien, Coaches, Schülerfirmen, alle Initiativen und Vereine könnten Quellen der Empfehlung sein. Wertvolle Ressourcen, die bisher verschwendet werden, weil alle Menschen, die Bewerber gut kennen, aus der Personalgewinnung ausgeschlossen sind. Der Bildungsmarkt ist voller Menschen, die potenzielle Kandidaten begleiten, aus- und weiterbilden. "JEDER wird ein Recruiter. Denn jeder Mitarbeiter / Mensch ist in der Lage, Beziehungen aufzubauen. Und aus Beziehungen entstehen Einstellungen.", mein Lieblingssatz 2016 - geschrieben von Henrik Zaborowski. „Personaldienstleister“ wird erweitert um ALLE Partner, die qualifiziert empfehlen können.
Ubering. Clever Scouting.
Uber erweitert die Quellen für Fahrdienste um ALLE Fahrer und Fahrzeuge, die einen Fahrgast von A nach B bringen. Die starre Definitionen ‚Taxi‘ ist aufgebrochen. Freunde in L.A. sprechen vom "ubering". Mit Uber kommt man in Los Angeles schneller und günstiger voran. Uber-Fahrer dürfen nicht schneller fahren als Taxis, aber es gibt mehr Uber-Fahrer. Uber kann daher schneller abholen und ist schneller am Ziel. Bei Uber geht es also um Zeitgewinn und Geldersparnis.
In ihrer Not versuchen Unternehmen unter Zeitdruck in Bewerbungsgesprächen und Assessment Centern Wissen über Bewerber zu gewinnen. Fähigkeiten, Know How, Erfahrungen, Motivation, Mut, Haltung, Ziele, Wünsche, Loyalität - kurz: 'attitude' - obwohl dieses Wissen bereits vorhanden ist. Warum teure Headhunter, warum Assessment Center, wenn im Partnernetzwerk Top-Kandidaten empfohlen werden könnten? Was wäre, wenn Sie bei jeder Personalsuche zuerst im Talentpool AKTUELL empfohlener Kandidaten nachsehen könnten? Wird eine Fachkraft, ein Azubi oder eine Führungskraft empfohlen, laden Sie den Kandidaten ein. Sharing Recruiting kürzt den Suchprozess ab und bringt neben Zeit- und Geldersparnis auch steigende Bewerber-Qualität. Der Arbeitsmarkt ist nicht statisch. Täglich stellen Unternehmen Mitarbeiter ein und bauen Personal wieder ab. Wandel, Wechsel, Wachstum und Entlassungen sind an der Tagesordnung. Es wäre so einfach, zu teilen. Ja, es gibt einen weltweiten Kampf um Talente. Nein, es gibt keinen Mangel an Fachkräften. Es gibt Haltungen und Traditionen, die verhindern, dass Fachkräfte und Unternehmen zueinander finden.
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Martin Gaedt ist einer von mehr als 70 XING Branchen-Insidern, die ab sofort regelmäßig ihre persönlichen Einsichten mit den mehr als 10 Millionen XING Mitgliedern teilen.
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