Erster Bau von Build & Grow - © Tim Kühn/Build & Grow

Anpacken statt zusehen: Worauf es jetzt ankommt

Eine nachhaltige Gesellschaft braucht anpackende Menschen, die selbst Verantwortung übernehmen, eine Vision haben und mithelfen, an einer besseren Welt zu bauen.

Sie denken voraus – in dem Bewusstsein, dass es immer noch etwas Größeres gibt als die eigene Person. Zu ihnen gehört auch Gordon Weuste, Jahrgang 1991, der an der Universität Mannheim BWL studiert hat und hauptberuflich als Unternehmensberater im Bereich Strategy & Operations arbeitet. Vor einigen Jahren gründete er die NGO Build & Grow e.V.: Das soziale Home-Build-Konzept wird als Teamevent für Geschäftsleute aus dem Westen angeboten. Innerhalb von drei Tagen wird in Ländern wie Rumänien oder Moldawien ein Haus gebaut, das anschließend einer armen Familie übergeben wird. Diese Lebensgrundlage ebnet den Menschen einen Weg aus der Armut und zu sozialem Aufstieg.

Gleichzeitig sollen die durchgeführten humanitären Projekte auch dazu beitragen, dass die an den Projekten Beteiligten einen Blick über ihren eigenen Horizont hinaus für die Situation Not leidender Menschen erhalten – durch die besondere Art von Teamarbeit. Statt in übliche „Personalentwicklungsmaßnahmen“ zu investieren ist dies wirklich nachhaltig, weil die Mitarbeitenden von Unternehmen vor Ort etwas Bleibendes mit ihren Händen schaffen und nicht nur mit dem Kopf arbeiten. Gerade wenn es um den sozialen Aspekt von Nachhaltigkeit geht, braucht es Herz und Hand.

Es werden Kurzzeiteinsätze durchgeführt, in denen die Mitarbeitenden vor Ort Kultur und Lebensumfeld notleidender Menschen kennenlernen, an humanitären Hausbauprojekten mitwirken, dadurch Verständnis für die Förderung der Lebensumstände hilfsbedürftiger Menschen erhalten und dies als ein persönliches Anliegen empfinden. Die Häuser, die mit Build & Grow gebaut werden, gehören zu den energieeffizientesten auf dem Markt. Das ist gerade in Osteuropa von Vorteil, wo es im Sommer sehr heiß und im Winter sehr kalt werden kann. Für die Hausbauprojekte werden nur lokal hergestellte Baumaterialien verwendet. Dadurch entfallen unnötige Transportkosten aus Westeuropa.

In Moldawien stehen derzeit tausende ukrainische Flüchtlinge verzweifelt an der Grenze

Ein langjähriger Freund von Gordon Weuste, Anatol aus Moldawien, wo das Hausbauteam einige Häuser für bedürftige moldawische Familien gebaut hat, könnte sofort das Land verlassen, aber er möchte den Menschen vor Ort helfen, denn die Flüchtlingsströme reißen nicht ab. Viele Freiwillige vor allem von kirchlichen Einrichtungen „legen das Wenige zusammen, das sie vor Ort haben, um zu helfen. Allerdings werden die Ressourcen knapp“, sagt Gordon Weuste. Deshalb hat das Team von Build & Grow eine Spendenaktion ins Leben gerufen. Innerhalb von 14 Tagen kamen über 20.000 Euro zusammen. In Kooperation mit einem Transportunternehmen aus der Schweiz sind mittlerweile zwei große 40-Tonner-Lkws in Moldawien (mit mobilen Feldküchen) mit Lebensmitteln, Matratzen, Decken, Medizin etc. bei Anatol angekommen. Auch unterstützen Freiwillige aus Deutschland und Kanada als Bodenpersonal die Koordination vor Ort. Gerade in Krisenzeiten wie diesen zeigt sich, wie stabil und verlässlich ein solches Engagement ist. In guten Zeiten zu spenden und darüber zu reden ist nicht schwer. Worauf es wirklich ankommt, ist das konkrete Tun.

Mehr Unternehmen sollten darüber nachdenken, was jetzt wirklich dringlich ist im Bereich Personalentwicklung oder CSR

Viele Informationen lassen sich „erlesen“ und sind auch im Internet zugänglich. Teure Kurse sind nicht immer notwendig – vielmehr sollte überlegt werden, wie das dafür investierte Geld am sinnvollsten angelegt werden kann. Es ist auch Lebenszeit der Mitarbeitenden, deren Tun mehr wiegt als jedes Wort. Verantwortung muss greifbar sein – wenn sie nur auf dem Papier steht, verblasst sie schnell. Auch ist die Frage berechtigt, was wichtiger ist: ein perfektes CSR-Management zu haben mit sämtlichen ermittelten Zahlen und einem entsprechenden Berichtswesen oder richtig zu handeln und im Ganzen nicht perfekt zu sein? Die Antwort liegt buchstäblich auf der Hand, durch die Verantwortung erst greifbar wird.

  • Build & Grow

  • Soziales Teambuilding in Osteuropa: Wie Unternehmen eine bessere Welt bauen können

  • Für eine freundliche Welt: Ein Stück vom Himmel

  • Gabriele Fischer: Schwarz-weiß oder Farbe? In: brand eins 3 (2009), S. 3.

  • Helping Hands for children. In: Krieger + Schramm Magazin 2 (Oktober 2021), S. 33.

  • Ulrike Böhm: Die Macht der kleinen Schritte. Wie man als mittelständisches Unternehmen zum Klimaretter wird. In: Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. SpringerGabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2020.

  • Alexandra Hildebrandt, Elke Leser, Heinz Meyer: Burgthanner Dialoge: Eine fränkische Gemeinde im Gespräch und Spiegel der Gemeinschaft. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2019.

  • Goron Weuste und Arne Friedrich: Baumeister für eine bessere Welt. In: Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.

  • Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2018.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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