Behindert MiFID II die Wertpapierberatung?
Laut Deutscher Kreditwirtschaft wachse die Unzufriedenheit von Anlegern und Verbraucherschützern über die Neuregelungen der Wertpapierberatung im Zusammenhang mit MiFID II. Wesentliche Ziele der Regulierung würden damit verfehlt, so die Autoren.
Anlegerschutz sei zwar wichtig und sinnvoll, er dürfe jedoch nicht dazu führen, dass Kunden entmündigt werden und sich von den Kapitalmärkten abwenden. Die Bedeutung guter und verständlicher Anlegerinformationen stehe außer Frage. Diese sollten die Kunden aber nicht überfordern.
Eine Studie der Ruhr-Universität im Auftrag der DK hat mithilfe einer volkswirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Relation die Frage untersucht, ob die aus den Neuregelungen von MiFID II erwachsenden Belastungen durch einen ausreichend hohen Nutzen(-zuwachs) kompensiert werden.
Regularien für Wertpapierberatung überfordern Verbraucher
Die Studie zeige, dass sich Kunden durch die Fülle an Informationen überfordert und verunsichert fühlten. Viele Anleger wollten selbst entscheiden, ob sie auf bestimmte Informationen (z. B. sich ständig wiederholende Kosteninformationen) verzichten oder eine nachträgliche Information (z. B. bei telefonischen Orders) wünschen.
Der mit der Studie einhergehenden Befragung zufolge sehen 65 Prozent der befragten Kunden in den vorgeschriebenen Sprachaufzeichnungen eine Gefährdung der Vertraulichkeit zwischen ihnen und dem Bankberater. Aktuell werde daher nur noch jede zehnte Order telefonisch erteilt. Drei Viertel der Kunden würden lieber auf die Aufzeichnung verzichten. 60 Prozent fühlten sich von der Menge an gesetzlich vorgegebenen Informationen überfordert.
Die Studie habe außerdem ergeben, dass im Schnitt pro Institut rund 3,7 Millionen Euro Kosten angefallen sind, um die europäischen Regulierungsvorgaben von MiFID II/MiFIR sowie der Verordnung zur Einführung von Basisinformationsblättern (PRIIP-VO) zu erfüllen. Künftige Kosten seien darin nicht mitgerechnet. Rechne man das auf die rund 1.600 deutschen Institute hoch, lägen die Gesamtkosten bei bis zu 6 Milliarden Euro.
Sind Bankkunden tatsächlich überfordert?
Hintergrund der Neuregelung von MiFID II waren u.a. die die Verbesserung der Markteffizienz und die Erweiterung und Diversifizierung von Finanzierungsquellen, aber auch die Steigerung der Beratungsqualität, die ja bei zahlreichen Tests immer wieder Anlass zu Kritik gibt.
Es besteht kein Zweifel, dass in der Folge die Kosten der Banken für das Wertpapiergeschäft gestiegen sind. Ob MiFID II tatsächlich die Kunden von den Kapitalmärkten vertreibt, wie es der DSGV schreibt, darf indes in Zweifel gezogen werden. Andere Studien machen deutlich, dass es unverändert vor allem das fehlende Know-how und die Angst vor Risiken sind, die Kunden von Aktien fern halten.
Die Studie weist zudem Mängel auf, die die Ergebnisse zumindest relativieren. So wurden die Kunden nicht direkt, sondern über ihr Kreditinstitut ausgewählt und angesprochen. Es ist davon auszugehen, dass damit das Ergebnis zumindest beeinflusst wurde. Die Autoren selbst sprechen von einer „eingeschränkten Repräsentativität“.
Vielleicht sollte die Deutsche Kreditwirtschaft lieber mehr Geld in die Qualität der Kundenberatung investieren, statt in Studien gegen unliebsame Regulierungsvorschriften?
Dieser Beitrag erschien zuerst im Bank Blog, dem führenden Internetmagazin für Fach- und Führungskräfte in der Finanzbranche. Hier können Sie den Bank Blog Newsletter kostenlos abonnieren: