Dr. Alexandra Hildebrandt

Dr. Alexandra Hildebrandt

for Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Betriebliches Gesundheitsmanagement als Bestandteil nachhaltiger Unternehmensführung

Altmann/Pixabay

Vor dem Hintergrund der Verlängerung des demografischen Wandels gewinnt der Erhalt der Gesundheit zunehmend an gesellschaftlicher Bedeutung.

Investitionen in die Qualifizierung und Gesundheit der Belegschaften sind deshalb unerlässlich, denn die Beschäftigten sollen ihren Beruf bei guter Gesundheit bis zum Ausstieg aus dem Berufsleben ausüben und bis ins hohe Alter selbstständig am sozialen Leben teilnehmen können. Gesundheitskampagnen und –projekte können lediglich die Fassade trainieren, aber nicht die Muskeln. Sie müssen in langfristig ausgerichtete Strategien und Prozesse im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens eingebunden sein, um sich aufzubauen und bewegen zu können. Für den langfristigen Unternehmenserfolg in Zeiten beständigen Wandels und alternder Belegschaften werden der Erhalt und die Förderung der Mitarbeitergesundheit zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor.

Durch ein vorausschauendes Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) können Aspekte der Mitarbeitergesundheit in die Planung und Durchführung betrieblicher Veränderungsprozesse integriert werden. BGM kommt den Beschäftigten zugute durch verringerte gesundheitliche Belastungen und Beschwerden, ein gesteigertes psychisches und physisches Wohlbefinden, ein besseres Betriebsklima, mehr Arbeitszufriedenheit und eine positivere Arbeitseinstellung, gesünderes Verhalten im Betrieb wie in der Freizeit.

Eine Herausforderung stellt heute vor allem der Anstieg psychischer Erkrankungen dar.

Dieser ist durch Statistiken der gesetzlichen Krankenversicherungen ebenso bestätigt, wie durch die steigenden Zahlen zur Frühverrentung durch die Deutsche Rentenversicherung Bund. Künftig werden sich Unternehmen verstärkt damit befassen müssen, denn der Anteil psychischer Erkrankungen nimmt kontinuierlich zu. Die Ursache liegt zum einen an der psychosozialen Belastung des Einzelnen durch individuellen und gesellschaftlichen Stress und an familiären Zerfallsprozessen, beruflicher Mobilität und an der Reduzierung tragfähiger sozialer Beziehungen. Die WHO erklärte berufsbedingten Stress durch permanente Überlastung zu einer der „größten Gesundheitsgefahren des 21. Jahrhunderts“. Nach Angaben des Depressionsatlas haben den höchsten Verbrauch antidepressiver Medikamente angelernte Berufstätige in der Altenpflege, gefolgt von Fachkräften in Alten- und Krankenpflege, Verwaltungskräften und Berufen im „Dialogmarketing“ – also Menschen, „welche die Unzufriedenheit der Nutzer von Konsumgütern, Handyverträgen und Dienstleistern verarbeiten“, schreibt Wolfgang Schmidbauer in seinem Buch „Raubbau an der Seele“, dem Psychogramm einer überforderten Gesellschaft. Wer besser ausgebildet ist, so sein Fazit, bekommt erheblich seltener Antidepressiva verordnet und wird auch seltener wegen einer Depression arbeitsunfähig.

Häufig werden in Unternehmen und Organisationen Maßnahmen der Gesundheitsförderung nach dem „Gießkannenprinzip“ angeboten.

Nachhaltigkeit im Gesundheitsmanagement bedeutet allerdings, zielgruppenspezifische Voraussetzungen bei der systematischen Maßnahmengestaltung zu schaffen und konkrete, später belegbare Ziele zu benennen, die damit verfolgt werden. Nachahmenswerte Beispiele finden sich vor allem dort, wo BGM ein Teil des ganzheitlichen Nachhaltigkeitsmanagements ist, denn Nachhaltigkeit stellt neue Rahmenbedingungen für das Wirtschaften von Unternehmen in der modernen Arbeitswelt dar. Dazu ist es allerdings nötig, intern ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu schaffen und Kenntnisse zu vermitteln, um die Herausforderungen, die sich aus dem Management von Unternehmen im Einklang mit den Prinzipien der Nachhaltigkeit ergeben, richtig zu managen.

Ein ganzheitliches Nachhaltigkeitsmanagement im Sinne eines Total Sustainability Management (TSM) durchdringt alle relevanten Managementdisziplinen bzw. betriebswirtschaftlichen Teilgebiete wie beispielsweise das Strategische Management, Personalmanagement, Innovationsmanagement, Value & Supply Chain Management, Finanzmanagement und Marketing. Auch Managementsysteme reagieren auf diese Entwicklung: So geht es in der ISO 26000, der Norm für gesellschaftliche Verantwortung, nicht mehr allein um Umweltmanagement und soziales Engagement, sondern auch um den Umgang mit Mitarbeitern. Auch Gesundheitsprävention wird berücksichtigt. Damit erhält das Gesundheitsmanagement eine genauso hohe Priorität wie alle anderen Nachhaltigkeitsthemen.

Sämtliche Aktivitäten müssen in langfristig ausgerichtete Strategien und Prozesse im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens eingebunden sein.

Leistungsorientierung wird in nachhaltig ausgerichteten Unternehmen durch eine Sinn- und Lebensorientierung für die Beschäftigten ergänzt. Damit verbunden ist eine angemessene medizinische und therapeutische Versorgung. Statt zu kommunizieren, was sie alles tun, lässt sich vor allem von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) lernen, wie sie etwas tun und Prozesse konkret umsetzen, denn sie unterscheiden sich vielfach von Großunternehmen. Sie können gesundheitsfördernde Strukturen schneller umsetzen, beispielsweise durch selbstbestimmtes Arbeiten. BGM ist hier mehr als nur ein Fitnesskonzept für den Unternehmensalltag. Es ist „in Form“ gebrachte Nachhaltigkeit, die nicht nur das innere und äußere „Betriebssystem“ verbessert, sondern auch die Immunlage des gesamten Unternehmens.

Damit verbunden sind eine angemessene medizinische und therapeutische Versorgung sowie Vorsorge und ein nachhaltiges Gesundheitsmanagement, wie es auch bei der Unternehmensgruppe Krieger und Schramm zu finden ist. Die Konzentration liegt auf Wohnimmobilien im anspruchsvolleren, qualitativ hochwertigen Marktsegment im Umfeld von Kassel, Frankfurt/Main, München und Berlin. Die Hauptgesellschaft der Gruppe ist die Krieger + Schramm GmbH & Co. KG. Hier sind die Mitarbeiter der Hauptniederlassung in Dingelstädt sowie der Niederlassungen Frankfurt und Kassel beschäftigt. Sie hält außerdem die Kommanditbeteiligungen der Töchterunternehmen.

Die Gesunderhaltung und –förderung der Belegschaft spielt hier eine wichtige Rolle und ist systematisch verankert. Die Angebote des BGM werden im GesundheitsKompass zusammengefasst und werden damit kommuniziert. Das umfangreiche Angebot enthält z.B. das firmeneigene K+S Bonusheft mit Prämie, kostenfreies Obst und Wasser, Kostenbeteiligungen bei Sportkursen und den Gesundheitstag. Bei Abgabe des Bonusheftes, mit mindestens drei bestätigten Maßnahmen, erhalten die Mitunternehmer eine Gesundheitsprämie. Damit alle von ihrer Gesundheitsprämie zu 100% profitieren können, erfolgt die Auszahlung auf die Ticket Plus Card. Dies ist die einzige wiederaufladbare Gutscheinkarte zum direkten Tanken, Einkaufen und Shoppen bei über 11.000 Akzeptanzstellen deutschlandweit.

Die Bewertung des Gesundheitsmanagements wird umfänglich durch vorgegebene Fragen während des Mitarbeiter-Jahresgesprächs durchgeführt, durch die Gesundheitsbeauftragte zusammengefasst und analysiert. Das Angebot wird stetig erweitert, zuletzt durch die finanzielle Beteiligung an einer Bildschirmarbeitsplatzbrille.

Das bereits im Jahr 2013 ausgezeichnete Gesundheitsmanagement wurde stetig weiterentwickelt. Krieger + Schramm beteiligt sich beispielsweise an den Gesundheitsinvestitionen jedes einzelnen Mitunternehmers mit bis zu 500 Euro pro Jahr. Voraussetzung für die Inanspruchnahme ist eine bestehende bzw. ungekündigte Anstellung als Mitarbeitende, Studierende bzw. Auszubildende.

Einmal im Jahr werden alle aktiv: Ob Schlauchboot fahren, Klettern, Wandern oder anderen sportlichen Aktivitäten. Alle Mitunternehmer werden eingeladen, sich an öffentlichen und lokalen Sportveranstaltungen und Firmenläufen zu beteiligen. Alle entstehenden Kosten werden vom Unternehmen übernommen. Die Teilnehmer sammeln so auch Punkte für ihr persönliches Bonusheft. Alle Mitunternehmer können in einem Schwimmbad ihrer Wahl Schwimmkurse belegen. Bei einem Anbieter ihrer Wahl können alle Mitarbeiter Präventionskurse im Fitnessstudio belegen. Einmal im Monat haben alle die Möglichkeit, sich für eine Massage zu entscheiden. Das Unternehmen übernimmt 50%, jedoch maximal 15 EUR, der Kosten.

Warum die Arbeitsumgebung systematisch betrachtet und verbessert werden sollte

Das Thema gesundes Arbeitsumfeld ist hier Teil des internen Nachhaltigkeitsprozesses, der ganzheitlich ausgerichtet ist: Um in den Büroräumen eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, wird ausreichend Freiraum für eine individuelle Gestaltung des eigenen Arbeitsplatzes und des Umfelds geboten. Bewegtes Sitzen wird durch moderne Bürostühle möglich und höchste Flexibilität am Arbeitsplatz durch höhenverstellbare Schreibtische gewährleistet. Mitunternehmer, die mehrere Stunden am Bildschirm arbeiten, können sich unter bestimmten Voraussetzungen eine Bildschirmarbeitsplatzbrille zulegen. Krieger + Schramm übernimmt die Kosten für die Untersuchung sowie die der Brille bis zu 65 Euro.

Ein sinnvoll gestaltetes Arbeitsumfeld führt nachweislich zu einer deutlichen Erhöhung der Mitarbeitermotivation. Eine systematische Betrachtung und Analyse kann dazu beitragen, physische und psychische Gefährdungs- und Belastungsbereiche frühzeitig zu erkennen.

Weiterführende Literatur:

Weitere Unternehmensbeispiele zum Thema Gesundheitsmanagement in:

  • Alexandra Hildebrandt: CSR und Sportmanagement: Jenseits von Sieg und Niederlage: Sport als gesellschaftliche Aufgabe verstehen und umsetzen. SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2. Aufl. 2019.

  • CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage. SpringerGabler Verlag, Heidelberg Berlin 2020.

  • Matthias Krieger: Die Lösung bist Du! Was uns wirklich voranbringt. BusinessVillage Verlag, Göttingen 2011.

  • Wolfgang Schmidbauer: Raubbau an der Seele. Psychogramm einer überforderten Gesellschaft. Oekom Verlag, München 2017.

About the author

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Freie Publizistin und Autorin, Nachhaltigkeitsexpertin, Dr. Alexandra Hildebrandt

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Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".
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