Bewerber 4.0 – Algorithmen und Social im Recruiting

Kürzlich besuchte ich Europas größte Messe für Personaler und Recruiter. Dort geht es um die aktuellen Themen und Entwicklung hinsichtlich Personalgewinnung und Stellenbesetzung.

Ich gehe dort regelmäßig Trends erforschen.

Nach dem Motto: Wenn es im Recruiting etwas Neues gibt, wird es bei der Bewerbung von Bedeutung sein.

Algorithmus und Social – Widerspruch der Digitalisierung

Für das Thema Jobsuche habe ich für mich auf der besagten Messe Zukunft Personal Europe eine spannende Entwicklung herausgearbeitet, die auf den ersten Blick widersprüchlich anmutet:

Künstliche Algorithmen machen die Personalauswahl, was von den wiederum Personalern mehr „Menscheln“ verlangt. Bewerber wiederum dürfen sich darauf einstellen. Auf Maschinen, die selektieren und Menschen, die Gespräche führen.

Algorithmen machen Personalauswahl

Künstliche Intelligenz, Machine Learning und Big Data halten in die Personalgewinnung Einzug. Algorithmen sind in der Lage ein großes Stück der Personalauswahl zu übernehmen (vielleicht gar besser als die Personalprofis?).

Das führt zum Beispiel dazu, dass Stellenanzeigen noch viel strukturierter sein müssen, damit Google sie richtig lesen kann. Personalauswahl anhand von Daten, noch messbarer und vergleichbarer als bisher.

„Computional Thinking“ – denken wie ein Computer, nennt Robindo Ullah, Buchautor und HR-Spezialist, die Fähigkeit, die Personaler (und auch Bewerber?) dafür brauchen, um mit der Rationalität von künstlichen Personalauswählern umzugehen.

Social Skills für Recruiter

Durch Digitalisierung wird Recruiting also noch standardisierter und strukturierter – effizienter und messbarer. Der Computeralgorithmus übernimmt viele Aufgaben der Personaler. Spätestens an diesem Punkt tauchte bei der Zukunft Personal stets die Frage auf: „Was machen denn die Personalverantwortlichen, wenn der Computer gar besser aus Unterlagen sortiert?“.

In Gesprächen mit HR-Experten klingt es stets an: Das Aufgabenprofil von Recruitern und Personalakteuren wird sich in nächster Zeit wandeln. Personaler werden noch stärker zu Kommunikatoren.

Bewerber würden mehr und mehr auch abseits der Stellenausschreibungen über Empfehlungen, Kontakte und Netzwerke kommen. Jobsuchende würden die Social-Media-Kanäle selbstverständlich nutzen. Datev-Personalmarketing-Experte Stefan Scheller sagt:

„Recruiter brauchen professionelle Social Media Profile! Wenn sie denn potentielle Bewerber ansprechen wollen…“

Social Media, Gespräche, Moderation der Akteure im Betrieb, Vernetzung – online wie offline. Systematisch Kaffeetrinken wird gewissermaßen eine Schlüsselqualifikation von Personalern – ganz nach meinem Geschmack.

Bewerber spielen im gleichen Spiel

Für die Bewerbung bedeuten diese Entwicklungen zwei Konsequenzen:

  • Im offenen Stellenmarkt – da wo Stellen per Jobbörsen, Karriereseite, Stellenportale ausgeschrieben werden – wird in Zukunft durch den Algorithmus wesentlich mehr die Darstellung von Skills und beruflichen Stationen im Vordergrund stehen. Vorteil: Die reine Bauchgefühl-Selektion von Personalern wird (hoffentlich) dabei zurückgehen. Für Bewerber heißt das: Klare Darstellung, was ich kann. Fähigkeiten, Skills und Erfolge müssen im Anschreiben deutlich benannt werden. Schwulstige Anschreiben-Prosa, Nasenfaktor aber auch Lebenslauflücken könnten durch Computerauswahl unwichtiger werden (hurra!).

  • Im verdeckten Stellenmarkt – da wo Stellen durch Empfehlungen, Kontakte und Vernetzung besetzt werden – werden Arbeitgeber zukünftig stärker präsent sein trotz aller Algorithmen noch mehr „menscheln“ (müssen). Zeitgemäße Recruiter sind dort selbst unterwegs und instruieren ihre Mitarbeiter, wie sie auf potentielle neue Kollegen aufmerksam werden – Stichwort Mitarbeiter als Markenbotschafter. Für Bewerber werden so die Social Media-Profile noch wichtiger werden. Regelmäßige Vernetzung, persönliche Gespräche – systematisch Kaffeetrinken online wie offline – nehmen an Bedeutung noch zu.

Viele Bewerber sind in dem Prozess der Digitalisierung schon viel weiter als die Personalseite oder wie Recruiting Spezialist Tim Verhoeven mir bei der Zukunft Personal sagte:

„Ich glaub, die Bewerber sind schon 4.0“

Meinen gesamten Bericht über Trends im Recruiting lesen Sie übrigens drüben im LVQ-Karriereblog.

Der Autor: Lars Hahn ist der Entdecker von ‘Systematisch Kaffeetrinken’ und Social Media Enthusiast. Als Geschäftsführer der “LVQ Weiterbildung gGmbH” beschäftigt er sich mit Weiterbildung, ReArbeitswelt, Karriere. Lars Hahn ist zu finden in vielen sozialen Netzwerken und natürlich hier bei Xing. Fußballerisch befindet er sich oft im Abseits, weshalb er ein tolles Team um sich schart.

Lars Hahn schreibt über Weiterbildung, Digitalisierung, Arbeitsmarkt

Als Trendschnüffler, Karriereberater und Leiter der LVQ Weiterbildung gGmbH schreibe ich über die Veränderung unserer Arbeitswelt durch die Digitalisierung und darüber, wie Sie sich per Weiterbildung und andere Wege fit für Ihre berufliche Zukunft machen.

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