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Bist du Extro oder Intro?

Wer seine eigene Job-Persönlichkeit kennt und die der Kollegen versteht, hat es leichter bei der Zusammenarbeit – und ist zufriedener

Jeder Zweite konnte sich 2020 vorstellen den Arbeitsplatz zu wechseln. Das belegt eine von Xing beauftragte Studie durch das Meinungsforschungsinstitut Forsa. Einer der ausschlaggebenden Faktoren war dabei die mangelnde Kollegialität.

Sind wir alle dermaßen unkollegial, dass eine Zusammenarbeit quasi unmöglich ist? Das glaube ich nicht. Ich glaube der Knackpunkt ist, dass wir zu wenig über unsere und die Job-Persönlichkeiten unserer Kollegen wissen.

Warum macht Kollege X eigentlich alles anders als man selbst? Das nervt!

Alle guten Führungskräfte stellen ihre Teams so zusammen, dass dort ein breites Spektrum an Persönlichkeiten aufeinander trifft. Idealerweise ergänzen und inspirieren sie sich. Manchmal ist es allerdings auch so, dass man kein Verständnis dafür hat, warum Kollege X die Dinge eigentlich immer ganz anders macht als man selbst. Anders gesagt: Kollege X nervt höllisch. Im schlechtesten Fall so sehr, dass man nicht richtig zusammenarbeitet.

Extrovertierte brauchen andere Arbeitsbedingungen als Introvertierte

Was kann da helfen? Es ist sinnvoll, den eigenen Job-Typ zu kennen und sich klarzumachen, welche Arbeitsbedingungen man selbst braucht. Angeborene Charaktereigenschaften spielen dabei eine große Rolle. Eine wichtige Differenzierung ist zum Beispiel, ob man eher introvertiert oder eher extrovertiert ist. Ein Beispiel dazu: Kann man sich im Open-Space-Büro gut konzentrieren? Oder braucht man absolute Ruhe zum Arbeiten? Extrovertierte Menschen mögen den Kontakt zu anderen Menschen. Sie tanken Energie aus dem Zusammensein mit ihnen. Siebrauchen regelmäßig eine gesellige Unterbrechung, wenn sie eine Zeit lang an etwas gearbeitet haben. Danach knüpfen sie problemlos an den Punkt an, den sie gerade bearbeitet haben.Introvertierte hingegen beziehen neue Kraft aus ihrer inneren Gedankenwelt. Sie können sich sehr lange auf eine Sache konzentrieren. Sie haben nichts gegen Teamarbeit oder ein kurzes Schwätzchen mit Kollegen, aber es strengt sie an, wenn sie ständig im Kontakt mit anderen sind.

Extros finden Intros oft langweilig, Intros finden Extros oberflächlich. Beides ist ungerecht

Bei Team-Meetings treten die Unterschiede deutlich zutage: Die Introvertierten denken erst und reden dann. Sie müssen sich innerlich zunächst sortieren. Manchmal überlegen sie lange, ob ihr Beitrag überhaupt relevant ist – und dann ist die Situation schon wieder vorbei. Die Extrovertierten sind Sprech-Denker. Während sie reden, überlegen sie. Zwischendurch fällt ihnen immer wieder etwas ein, oft vollkommen spontan. Solche und ähnliche Situationen bieten Zündstoff. Die Extros finden die Intros langsam oder sogar langweilig, die Intros finden die Extros laut und dominant. Generell haben beide Typen öfter Vorurteile gegenüber dem anderen Charakter. Extrovertierte halten die introvertierten Kollegen für Spaßbremsen, sie wirken unspontan und unsozial. Introvertierte empfinden ihre extrovertierten Kollegen als Aufschneider, als oberflächlich und ungenau.

Das ist in beiden Fällen nicht fair. Beides sind Projektionen, die nur aus der eigenen Wahrnehmung entstehen. Nur, weil der Intro den Mund nicht aufbekommt, heißt das noch nicht, dass der Extro dominant ist. Nur, weil der Extro schneller Vorschläge liefert, heißt es nicht, dass der Intro keine gute Ideen hat.

Extros und Intros haben unterschiedliche Stärken – und zusammen sind sie ein Dreamteam

Viel schlauer wäre es, wenn beide bereit wären, ihre Unterschiedlichkeit anzuerkennen und gewinnbringend zu nutzen: Extrovertierte Menschen sind risikobereiter. Sie sind prädestiniert für die Anfangsphase von Projekten: Sie sind sehr stark darin, Ideen und Konzepte zu entwickeln. Da haben sie viel Power! Aber sie ermüden verhältnismäßig schnell, wenn die Umsetzung sich hinzieht. Das wiederum ist die Stärke von introvertierten Menschen: Sie sind anfangs oft die Bedenkenträger. Dann aber bleiben sie am Ball, bis die Nuss geknackt ist. Oft geben sie mit ihrer Gründlichkeit den Projekten zusätzlichen Schliff und Tiefe.

Fakt ist: Keine der beiden Veranlagungen ist besser oder schlechter qualifiziert für eine erfolgreiche Karriere. Mit mehr Verständnis füreinander können Extros und Intros ein Dreamteam sein.

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Stefanie Stahl schreibt über Gesundheit & Soziales, Job & Karriere

Stefanie Stahl ist Deutschlands bekannteste Psychotherapeutin. Ihr Ratgeber „Das Kind in dir muss Heimat finden“ steht seit 2016 auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste. Stahl ist eine gefragte Keynote Speakerin. Sie gilt als DIE Expertin, wenn es um Liebe, Bindungsangst und Selbstwertgefühl geht.

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