„Bücher sind die besten Influencer!“
„Büchermachen ist immer ein Teamspiel!“, davon ist Michael Schickerling überzeugt. Als Lektor und Programmleiter war er in mehreren Sach- und Fachbuchverlagen tätig. Heute begleitet er mit schickerling.cc Autoren, Unternehmen und Verlage bei der Entwicklung und Realisation von Buchprojekten und gibt außerdem regelmäßig Seminare für die Buchbranche. Zuletzt sind von ihm im Bramann Verlag seine beiden Bücher „Corporate Books. Überzeugend konzipieren, zielgruppengerecht schreiben, erfolgreich vermarkten“ sowie "Lektorat, Programmplanung und Projektmanagement im Buchverlag" erschienen.
Der Begriff „Corporate Book“ wird in der Kommunikations- und Verlagsbranche mit großer Selbstverständlichkeit verwendet, und oft wird er einfach mit jeder Form von Firmenbuch oder -chronik gleichgesetzt. Diese Definition greift zu kurz, denn ganz generell handelt es sich um Bücher, die auf Wunsch und im Interesse eines Unternehmers oder eines Unternehmens publiziert werden, unabhängig von Thema, Genre und Autor, von Finanzierung, Produktion, Verlag und Vertriebsweg. Auch die Unternehmensgröße spielt keine Rolle, denn sie reicht von Freiberuflern über Selfpublisher bis zu Global Playern. Das Gemeinsame: Von all diesen Initiatoren werden Corporate Books als eine Investition betrachtet, um bestimmte Ziele zu erreichen. Letztlich geht es darum, die Deutungshoheit über sein Unternehmen oder sich selbst zu behalten und nicht an „Externe“ zu verlieren.
Eine der wichtigsten Aufgaben von Büchern, ja, von jeder Form von Literatur, ist es, einen besseren, alternativen, weiteren Blick auf die Welt zu ermöglichen. Genau deshalb leben auch Corporate Books von ihrer Qualität. Sie eignen sich besonders gut, um komplexe und komplizierte Sachverhalte zu transportieren, Geschichte zu bewahren, herausragende Ergebnisse zu sichern und aktuelle Entwicklungen aufzuzeigen. Aber mehr noch können sie Werte und Positionen in der Öffentlichkeit sichtbar machen, zum Austausch und zu Debatten anregen oder Geschichten und Einsichten bieten, die in den Köpfen der Leser nachhallen.
Kurz und gut: Qualitativ darf es keinen Unterschied zwischen Firmenpublikationen und klassischen Verlagsprodukten geben. Denn schlecht gemachte Bücher sind immer eine schlechte Visitenkarte, eine langlebige noch dazu. Der wesentliche Unterschied besteht also darin, dass die Finanzierung durch den Auftraggeber erfolgt und der Verlag sich eher in der Rolle eines kompetenten Dienstleisters wiederfindet.
Zunächst brauchtes immer einen glaubwürdigen, nachvollziehbaren Grund und eine klare Vorstellung, was ein Corporate Book überhaupt bewirken soll – für den Auftraggeber und für die Leser. Die Motive hierfür können sehr unterschiedlich sein. Vielleicht geht es darum, die Unternehmensgeschichte erzählen und Erinnerungen zu bewahren, Expertise zu beweisen und die eigene Reputation zu steigern, die öffentliche Meinung beeinflussen und Veränderungsprozesse in Gang setzen. Und manchmal soll ein Buch einfach nur Freude bereiten. Wichtig ist meines Erachtens, die Adressaten im Blick zu behalten, die Gewinn aus der Lektüre ziehen wollen – und sicher keine plumpen Werbebotschaften vorgesetzt bekommen wollen.
Auf Basis dieser Überlegungen braucht es ein klares und unverwechselbares Konzept mit möglichst einzigartigen Inhalten. Angereichert mit einer Prise Storytelling trifft ein gut gemachtes Unternehmensbuch nicht nur den richtigen Ton, sondern spricht die Leser zudem auf emotionaler Ebene an – und bleibt somit besser in Erinnerung.
Auch wenn einige Anbieter das Gegenteil suggerieren: Die Produktion eines Buches ist ein anspruchsvoller Prozess, der immer wieder neue Herausforderungen bereithält – selbst für alte Hasen im Verlagsgeschäft. Fehlentscheidungen und echte Fehler können dabei nicht nur ins Geld gehen. Viel schwerer wiegt ein eventueller Imageschaden. Eine professionelle Begleitung lotst die Beteiligten souverän durch den gesamten Buchentstehungsprozess, vorbei an allen Klippen, hin zu einem überzeugenden Ergebnis.
Die unverrückbare Basis bilden immer die Autoren. Deren Persönlichkeit, Erfahrungsschatz, Inhalte und Geschichten trägt das gesamte Buch. Zugleich gilt es, die Gesetzmäßigkeiten des Buchmarkts und etablierte Standards hinsichtlich Positionierung, Qualität, Produktion oder Vertrieb und zu berücksichtigen. Doch letztlich entscheiden die Leser, die Medien, die Öffentlichkeit über den Erfolg: Sie haben eigene Interessen, Erwartungen und Bedürfnisse und wollen diese berücksichtigt sehen.
Die Bedeutung eines prägnanten, überzeugenden, wirksamen Titels kann man gar dabei nicht hoch genug einschätzen. Denn er ist meist das Erste, was von einem Buch überhaupt wahrgenommen. Und er ist die mit Abstand beste und kostengünstigste Werbemaßnahme.
Bei Corporate Books sollte es nicht darum gehen, den nächsten Bestseller zu landen, sondern die Adressaten mit den gewünschten Botschaften bestmöglich zu erreichen. Wenn diese von grundsätzlichem Interesse sind, eine hohe Originalität aufweisen und nicht nur schnelle Aufmerksamkeit erzeugen, kann ein Buch über lange Zeit bestehen. Im besten Fall wird sich es von einem kurzfristig stark nachgefragten Bestseller zu einem beständig verkäuflichen Longseller entwickeln.
Aufräumen möchte ich mit dem Mythos, es sei irgendeine Auszeichnung, sich „Bestseller-Autor“ zu nennen. Das ist ein rein quantitatives und kein qualitatives Merkmal – irgendwie wie „Deutschlands meistgekaufte Matratze“. Wer will das schon sein? Und in der Amazon-Kategorie „Bücher – Naturwissenschaften – Biologie – Tiere – Vierpfoter – Katzen – gemeine Hauskatze – graue gemeine Hauskatze“ mal in den Top-10 für exakt 1 Stunde und 32 Minuten zu stehen, ist sicher keine nennenswerte Leistung. Es geht also immer um Absenderkompetenz, Authentizität, Themenrelevanz, Originalität und damit Qualität.
Die Zahl wirkt immer wieder ernüchternd: Jedes Jahr gibt es circa 80.000 Neuerscheinungen auf dem gesamten deutschsprachigen Buchmarkt. Auf ein weiteres Buch wartet also kaum jemand – selbst wenn Autoren, Unternehmen oder Verlag es für hochrelevant halten.
Ich bin deshalb überzeugt, dass erfolgreiche Bücher immer das Ergebnis klarer Konzepte, vertrauensvoller Teamarbeit sowie gekonnter Umsetzung und sind. Und dazu gehört unbedingt, schon vor dem Erscheinen an die Zeit danach zu denken – sich um die Vermarktung zu kümmern und noch mehr in den Erfolg zu investieren: in gutes Marketing und in wirkungsvolle PR-Arbeit.
Bücher leben ja nicht von Plattitüden und Wiederholungen, sie leben von ihrer Originalität sowie von der Tiefe und der Fülle an Informationen. Buchautoren werden also allein durch das Medium zur Glaubwürdigkeit und zum Sammeln überzeugender Argumente und Fakten gezwungen. Das macht Corporate Books auch als Instrumente der Meinungsbildung unschlagbar: Im besten Fall dienen sie dem Agenda-Setting, um bestimmte Themen, Überzeugungen oder Anliegen in die öffentliche Debatte – oder an ganz bestimmte Akteure und Meinungsbildner – zu tragen. Eine Publikation ist somit oft der erste Anlass, dass in der Öffentlichkeit über bestimmte Autoren, Unternehmen oder Themen berichtet wird.
Das ist schnell gesagt: Die erste, die originale Stimme findet Gehör, kann die eigene Sicht der Dinge in die Welt tragen, ein Thema besetzen und damit als Influencer die Richtung vorgeben. Für die zweite Stimme gilt das schon viel weniger, und die Kopie muss einiges mehr aufbieten sein, um überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Denn wer imitiert, verliert – und wer zu spät kommt ebenfalls.
Ein gut gemachtes Buch ist niemals ein Wegwerfprodukt. Es vermittelt im besten Fall Wert, Wertschätzung und auch Werte. Dadurch unterscheidet es sich von Online-Medien oder von gedruckten Broschüren, denen von vornherein der Eindruck der Vergänglichkeit anhaftet. Denn selbst wenn schon einige Jahre seit der Erstveröffentlichung vergangen sind, findet ein Corporate Book immer noch seinen Platz in den Buchregalen der Zielgruppe, wird vielleicht immer wieder zitiert und entfaltet damit eine ebenso langanhaltende Wirkung.
Michael Schickerling und Friedhelm Schwarz: Corporate Books. Überzeugend konzipieren. Zielgruppengerecht schreiben. Erfolgreich vermarkten. 1. Auflage. Frankfurt a. M. 2023.