Bunt statt grau: Generationenvielfalt in Unternehmen
Die wichtigsten Wirtschaftsgüter des 21. Jahrhunderts
Durchschnitt und Standardisierungen in der Arbeitswelt sind eine große Gefahr für eine erfolgreiche und nachhaltige Zukunft, weil sie zu keinen Spitzenleistungen führen. Vor diesem Hintergrund erwartet die junge Generation von ihrem Arbeitgeber ein Umdenken und Rahmenbedingungen, die Motivation, Reflexion, Engagement, Sinnvermittlung und Selbstverwirklichung gewährleisten. Bindungsklassiker wie Dienstwagen, Titel und hierarchische Verankerung sind für sie wenig reizvoll. Es treten heute völlig anders sozialisierte Kohorten in den Arbeitsmarkt, die zugleich einen neuen Wertewandels repräsentieren: Arbeit ist für sie nicht mehr Mittel zum Broterwerb und zur Erfüllung von Statuswünschen, sondern etwas, das ihnen Sinn vermitteln soll. Sie wollen sich mit ihrer Arbeit identifizieren. Von Bedeutung ist dabei die Tatsache, dass sie in ein Betriebsklima eintreten, in dem ihnen nachhaltige Chancen ihres Lebens bewusstwerden, in dem sie sich entfalten können. Eine Arbeitswelt mit Zeiterfassung und Betriebskantine erscheint der neuen Generation nicht mehr zeitgemäß. Statt Work-Life-Balance dominiert bei ihnen Work-Life-Integration. „Life“ ist vom Job nicht mehr zu trennen. Wenn Status überhaupt noch eine Rolle spielt, dann im Zusammenhang mit Gesinnung, Qualitätszeit und Flexibilität.
Beruf(ung) bedeutet für sie Kreativität und reine Motivation, persönliches Engagement und Selbstverwirklichung. Manchmal prallen dabei sozialisierte Kulturen aufeinander: So halten jene, die nicht zum „alten Eisen“ gehören wollen, das Selbstbewusstsein der jungen Generation zuweilen für überheblich, sprechen dies aber häufig nicht laut aus, weil die heiß Umworbenen im beruflichen Kontext nicht verprellt werden sollen. Zum Generationenwechsel mit seinen Herausforderungen kommt noch die Digitalisierung hinzu. Viele Anforderungen, die heute an Führungskräfte und Mitarbeiter gestellt werden, sind für einige Ältere ein Problem, weil sie auch Überforderung und Unsicherheit mit sich bringt. Umso wichtiger ist es, Generationen nicht gegeneinander auszuspielen, sondern den Erfahrungsschatz aller nachhaltig zu nutzen und die Lebensphase Alter nicht statisch, sondern dynamisch zu begreifen.
Erfahrungswissen, Disziplin, Loyalität und Qualitätsbewusstsein werden den Älteren zugeschrieben, den Jüngeren körperliche Belastbarkeit, Lernfähigkeit, Lernbereitschaft und Kreativität. Eine nachhaltige Gesellschaft braucht alles. Dazu gehören auch vielfältige Altersbilder, die auch eine wichtige Grundlage für das gegenseitige Verständnis zwischen den Generationen und damit für das Miteinander in der Gesellschaft sind. Zudem sollte eine entsprechende Kultur dazu beitragen, ältere Menschen länger auf dem Arbeitsmarkt zu halten und dafür zu sorgen, dass sie so lange wie möglich selbstbestimmt, gesund, unabhängig und glücklich bleiben.
Alles kann immer auch ganz anders kommen
Dafür sollten wir offen sein, denn dann können wir die Chancen für das Unvorhergesehene am besten erkennen. Deshalb ist es wichtig, sich nicht auf das Trennende der Generationen zu konzentrieren, sondern vor allem auf das, was sie verbindet. Generationenkonzepte beinhalten auch immer die Gefahr von falschen Zuschreibungen, auch können Menschen nicht aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kohorte bzw. Altersklasse in einzelne Stereotype eingeteilt werden. Diese Zuschreibungen, die durchaus auch Wichtiges und Wahres enthalten, werden in Studien und Medienberichten immer wieder genannt:
Die Generation X (etwa 1970 bis 1985) st zum großen Teil mit Hierarchien und kontrollierten Abläufen aufgewachsen. Ihre Vertreter werden in Studien als kämpferisch und konsumorientiert, repräsentabel und busy beschrieben. Fast alle mussten sich ihre Karriere erkämpfen. Ihr Selbstbewusstsein bezieht diese Generation auch aus ihrem Status. Da ein Großteil in Konzernen oder Großorganisationen tätig war oder noch arbeitet, gab es kaum Möglichkeiten, in den auf Hierarchien und Herrschaftswissen basierenden Kulturen anders zu überleben. Für ein freiwilliges Ausscheiden aus einem System, an dem alle zur gleichen Zeit am gleichen Ort sind, oft bis zu zehn Stunden oder länger, fehlte es vielen an Mut, oder die Bedingungen waren für einige nicht so, dass der Sprung ins Unbekannte ohne weiteres möglich gewesen wäre. Damit hängt auch zusammen, dass sie häufig schwerer als die Generation Y Nähe aufbauen konnten. Sie zeichnen sich eher durch Vorsicht und Distanz aus.
Der Generation Y (etwa 1985 bis 1999) wird häufig vorgeworfen, dass sie Ansprüche stellt, ohne etwas leisten zu wollen, dass sie in ihren Erwartungshaltungen zu naiv ist („Null-Bock-Generation“). Anfang der 2000er-Jahre erfanden Journalisten dann den Begriff „Generation Praktikum“. Die jungen Menschen haben politische Spannungen und globale Kriege miterlebt, den Internet-Boom, die Terroranschläge vom 11. September 2001 und die Globalisierung Schlüssel-Ereignisse. Sie sind weltoffen, technologieaffin und hochgradig sozial vernetzt. Der Perfektionismus ihrer Vorgänger sowie feste Orte und Organisationsformen sind für sie weniger wichtig. Sie teilen ihr Wissen, anstatt es als Machtkapital anzusehen und liefern sich gegenseitig Feedback. Sie kommunizieren vollkommen transparent. Die meisten der jungen Menschen glauben nicht mehr an die großen Geschichten vom gesellschaftlichen Fortschritt und von der Zukunft. Relevant ist für sie eher das, was sie überschauen und verändern können - in kleinen Gemeinschaften bzw. im eigenen Netzwerk.
Die Generation Y ist sich bewusst, dass sie in der Arbeitswelt keine lebenslange Beschäftigung im gleichen Berufsfeld bei ein und demselben Arbeitgeber erwarten kann, dass alte Gewissheiten wegbrechen und das Leben weniger planbar ist. Sie hat das Gefühl des Provisorischen, des Auf-alles-gefasst-Seins.
Die Generation Z (nach 1994) stellt nur ungefähr 15 Prozent der deutschen Bevölkerung (etwa 12 Millionen Menschen). Dennoch wird ihr Einfluss enorm sein, weil in den nächsten Jahren die Generation der Babyboomer aus dem Berufsleben ausscheiden wird. Sie ist davon überzeugt, dass immer etwas geht, und dass es keinen Sinn macht, lebenslang nach Chancen zu suchen, wenn sie sie täglich nutzen können. Gesucht werden deshalb das Bodenständige, klare Strukturen und Stabilität in einer Welt, die immer mehr zerfällt. Sie kennt instabile Verhältnisse und erlebt, dass Träume auch platzen können. Deshalb versucht sie gar nicht erst, unrealistische Ziele anzustreben.
Die verschiedenen Generationen sind einerseits aufeinander angewiesen und müssen vorhandene gesellschaftliche Probleme gemeinsam lösen; andererseits führen ihre Differenzen zu unterschiedlichen Interessenlagen und Problemwahrnehmungen. So entsteht ein Spannungsfeld zwischen Tradition und Wandel, das durch zu strenge Typisierungen allerdings nicht verstärkt werden sollte. Auch der Digitalisierungsexperte Dr. Daniel Münter möchte sich nicht in eine Schublade stecken lassen: „Ich denke, jeder Mensch hat, geprägt durch sein Umfeld, irgendetwas, was ihn ausmacht. Allerdings hängt es stark davon ab, aus welchem Blickwinkel ein Mensch betrachtet wird. Altersmäßig ist die Zuordnung noch relativ einfach, weil den jeweiligen Generationen Geburtsjahrgänge mehr oder weniger genau zugeordnet werden können. Aber spätestens mit der Ausprägung der verschiedenen Lebensgewohnheiten wird es schwierig, sich in der einen oder anderen Generation wiederzufinden. Ich erkenne Eigenschaften an mir, die eigentlich zur Generation meiner Kinder gehören, andererseits Prägungen, die eher der Generation meiner Eltern angelastet werden. Dieser ganze Generationen-Wahn ist meines Erachtens vollständig obsolet, denn jede Generation wird letztlich durch die Umstände geprägt, in der sie lebt und vor allem aber, in der sie überleben muss. Ich selbst habe es immer genossen, mich mit jüngeren Menschen zu umgeben. Tatsächlich war und ist es aber auch meine eigene Einstellung zum Leben.“
Es kommt nicht auf das genaue Geburtsjahr an, sondern auf bestimmte Wertemuster der Generationen. Nachhaltig ausgerichtete Unternehmen wissen dies zu nutzen. Dazu gehört auch karriere tutor, ein von der Bundesagentur für Arbeit zertifizierten Online-Weiterbildungsanbiete, bei dem sich auch die Bundeswehr schulen lässt. Neben dem aktuellen, technischen Stand wird auch die Teilhabe am New-Work-Prinzip geschätzt: Dozenten und Teilnehmer arbeiten an unterschiedlichsten Orten vor den Bildschirmen.
Eva Schiller, die mit Anfang Vierzig Mutter wurde, kam über den Wiedereinstieg hierher. Sie studierte Innenarchitektur, arbeitete im Städte- und Hochbau, baute ein Architekturbüro auf und war in der Automobilbranche tätig. Im Weiterbildungsbereich von karriere tutor ist sie in den Bereichen Projekt- und Qualitätsmanagement (Six Sigma, Scrum, Prince, DevOps) sowie Leadership-Coaching tätig. Besonders schätzt sie die flexible Arbeitsweise, und dass sie über ihre Zeit selbst verfügen kann.
Birgit Barthels arbeitet hier seit Mai 2018, wo sie Dozentin für SAP MM und SD ist. Ihr Aufgabenspektrum in der Vergangenheit reichte von der Auftragsabwicklung bis zur Reklamation, vom Verkauf und Verkaufsinnendienst, von der Reiseleiterin zum Vertriebsinnendienst in verschiedenen Branchen (Spedition, Reiseunternehmen, Maschinenbau). Zuletzt war sie in einem Maschinenbauunternehmen tätig, für das sie vom Homeoffice arbeitete. In der Zusammenarbeit zwischen jung oder alt bei karriere tutor sieht sie keinen Unterschied, denn lernen und leben kennen keine Grenzen. Das Gehirn sollte in allen Lebensaltern fit gehalten werden. Kontinuierliche Weiterbildung ist für sie unabdingbar. „Meine Beobachtung im Unternehmen ist, dass Menschen über 45 Jahre häufig einen beruflichen Neuanfang wagen. „Es gibt auch Teilnehmer, die lange in einem Unternehmen gearbeitet haben und plötzlich entlassen werden aus betrieblichen Gründen.“
Michael Stens ist 51 Jahre alt. Der Dozent für Scrum ist bei karriere tutor auch als Agile Coach und Scrum Master tätig. Die Arbeit mit jüngeren Kollegen empfindet er als sehr befruchtend. Er hat viel Erfahrung, auch im Umgang mit Stress- oder Krisensituationen, in denen er oft entspannter ist als die jüngere Generation. Andererseits erhält er von jüngeren Kollegen wichtige Technologie-Impulse. Damit das generationenübergreifende Arbeiten funktioniert, muss die Kultur in einem Unternehmen oder einer Organisation stimmen. Der Ansatz des Unternehmens ist für ihn deshalb wegweisend. „Bei Jüngeren und Älteren ist gleichermaßen die Bereitschaft vorhanden, sich gegenseitig zuzuhören und voneinander zu lernen.“
Dass beruflicher Erfolg und berufliche Erfüllung keine Frage des Alters sind, bemerkt Katharina Pavlustyk, die hier für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Es geht ihrer Meinung nach vielmehr darum, „dass jeder Mensch für sich das entdeckt, was ihn ausmacht, was ihm wichtig ist und was ihm Freude bereitet - ob er nun 30 ist oder 50 Jahre alt ist.“ Die wichtigste Botschaft: Dass nur lebendig bleibt, wer die Lust an neuen Erkenntnissen niemals verliert. Das ist keine Frage des Alters.
Weiterführende Informationen:
Katharina Pavlustyk: Liebe deine Arbeit. 18 Experten zeigen Wege zur Berufung. tredition GmbH, Hamburg 2016.
Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2018.