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„Change ist wie ein Tanz zwischen Neuem und Bestehendem“

Zunächst geht es darum, ein Bewusstsein für diese radikale Veränderung zu schaffen. Im Rahmen der täglichen Arbeit werden die Veränderungen oftmals nicht so bewusst wahrgenommen bzw. auch unbewusst relativiert – aus Selbstschutz und um mit der zunehmenden Unsicherheit besser umgehen zu können. Allein das Phänomen „VUKA“ zu benennen und zu beschreiben, die Zusammenhänge zu weiteren Veränderungen in Industrie und Wirtschaft aufzuzeigen, schärft die Wahrnehmung. Und in einem weiteren Schritt auch die Bereitschaft, sich damit näher auseinanderzusetzen und neue Strategien für den Umgang mit den Veränderungen zu erarbeiten. Auf diesem Weg sind wir und noch lange nicht „angekommen“.

Als Change Managerin übernehme ich die Rolle der „externen Internen“. Ich unterstütze die Geschäftsführung bei der Konzeption und Umsetzung von gesamtunternehmerisch relevanten Veränderungsprozessen, begleite und berate Führungskräfte bei bereichsspezifischen Veränderungsprojekten. Ich konzipiere und moderiere Workshops und Veranstaltungen im Change-Prozess, führe Interviews mit den Beteiligten und bringe immer wieder neue Impulse ins Unternehmen, um Veränderungen anzustoßen und zu begünstigen.

Ganz im Gegenteil – als wirklich kontrollierbar im Sinne von absolut vorhersehbar nach dem Prinzip Ursache und Wirkung halte ich einen Change-Prozess nicht. Es ist nicht wie Kuchen backen – nimm nur die richtigen Zutaten, achte auf die richtige Temperatur und dann kommt schon ein schmackhaftes, ansehnliches Ergebnis raus. Change betrifft immer auch Menschen, und die sind alles andere als vorhersehbar. Change ist wie ein Tanz zwischen Neuem und Bestehendem – manchmal nähern wir uns an, manchmal machen wir eine Drehung am Neuen vorbei und manchmal verlieren wir vor lauter Drehen den Fokus. Change-Strategien, -Konzepte und -Methoden helfen dabei, eine Vorgehensweise zu definieren, den Fokus zu halten und Transparenz zu schaffen, sie bieten ein wenig Sicherheit in einem komplexen Umfeld – aber sie sind nicht die Realität.

Widerstand enthält eine klare Wertung. Einerseits gibt es diejenigen, die „im Widerstand“ sind, die einfach das Neue nicht „wollen“, und es gibt die Seite, die den Widerstand „brechen“ will. Was entsteht, ist ein Bild von Gegnern, von Machtkämpfen, von Gewinnern und Verlierern. Hilfreich ist das für niemanden. Menschen sind verschieden und reagieren entsprechend unterschiedlich auf Veränderungen. Manche können Veränderungen besser und schneller annehmen, andere brauchen mehr Zeit oder haben schlichtweg mehr Fragen und benötigen weitere Informationen. Im Change geht es darum, mit dieser Unterschiedlichkeit der Menschen umzugehen, in den Dialog zu gehen und möglichst viele dort abzuholen, wo sie stehen.

Ich glaube, dass Fähigkeiten, die uns dabei helfen, mit der Geschwindigkeit der Veränderung in Technologie und Gesellschaft zurechtzukommen, besonders wichtig sind. Dazu gehören für mich Veränderungs- und Anpassungsbereitschaft, Resilienz und lebenslanges Lernen. Ein weiterer Aspekt sind Fähigkeiten, die im Umgang mit neuen Herausforderungen relevant sind, wie Kreativität, Problemlösungskompetenz, aber auch Kollaboration und Kommunikation. Auch „Selbstführung“ wird in meinen Augen immer wichtiger. Es hat was damit zu tun, wie gut ich mich selbst kenne, reflektieren kann und im Einklang mit mir selbst, handeln kann.

Ich glaube, die Antwort darauf muss jedes Unternehmen, jedes Team für sich individuell definieren. Es ist ein Irrglaube, dass es ein allgemeines Verständnis „qualitativ hochwertiger“ Arbeit gibt. Definiert ein Team für sich nicht, an welchen Kriterien es die Arbeitsergebnisse messen will – im agilen Kontext gibt es hier den Begriff „Definition of Done“ – kann dies über kurz oder lang zu Missverständnissen und Irritationen führen. Ist „fertig“ bzw. „gut“, wenn ich eine Aufgabe erledigt habe oder wenn ich damit jemanden begeistern oder überzeugen konnte? Was der gemeinsame Maßstab ist, muss also jedes Team für sich definieren und aus dem Unternehmenskontext ableiten.

Ich glaube, dass ein Umfeld, das von Offenheit, Vertrauen und Miteinander geprägt ist, eine gute Arbeitswelt ist. Dazu tragen Führungskräfte und Mitarbeitende bei. Wobei Führungskräfte hier den Rahmen qua ihrer Position stecken können, indem sie erwünschtes Verhalten vorleben und honorieren. Mitarbeitende sollten ihre Führungskräfte auch als Menschen wahrnehmen und erkennen, dass auch sie sich über Wertschätzung freuen und eine wertschätzende Haltung Brücken bauen kann. Und die können von beiden Seiten – Führungskräften und Mitarbeitenden – gebaut werden.

Im Miteinander verschiedener Generationen ist das Anerkennen, dass unterschiedliche Sichtweisen und Herangehensweisen weder richtig noch falsch sind, wichtig. Gemeinsam gilt es, die jeweils passende Herangehensweise an aktuelle Herausforderungen zu finden. Und das gelingt nur, wenn man offen ist und es wagt Dinge auch einmal anders zu tun als man es sonst tut. Das gilt für Jüngere ebenso wie für Erfahrenere.

Ulrike Böhm, Jahrgang 1981, ist studierte Diplom-Betriebswirtin (Schwerpunkt Marketing) und PR-Referentin. Nach praktischen Erfahrungen im Konzern und im Mittelstand entschied sie sich nach dem Studium bewusst für den Einstieg in einem mittelständischen Unternehmen. Seit 2006 arbeitet sie beim Druckluft- und Pneumatikspezialisten Mader, bis 2017 im Bereich Marketing, danach übernahm sie die neu geschaffene Stabsstelle Change Management. In dieser Funktion unterstützt sie die Geschäftsführung bei der organisatorischen Transformation und Weiterentwicklung des Unternehmens. Darüber hinaus betreut sie die Pressearbeit.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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