Das Prinzip der Nachhaltigkeit in der Kunst
Kunst und Kultur bringen uns das eigentliche Prinzip der Nachhaltigkeit näher und damit auch die grundlegenden Fragen des Menschseins. Das In-Eins-Gehen von Natur und Kultur ist evident. Das zeigt auch das folgende Interview mit dem Künstler Gregor Ludwig Hildebrandt.
Der scheinbare Widerspruch zur Arbeit mit Kontrasten wird gleichsam aufgehoben, da sich Beständigkeit und Wandel als Teil des Lebens selbst durch ihre Gegensätzlichkeit bedingen und steigern. Auch stelle ich die Schönheit der Natur und der menschlichen Kultur dar. Die Vielfältigkeit der Motive wird durch die Kombination von Farben, Strukturen und Kontrasten gestützt und betont.
Ja, das Bild befasst sich mit dem gesellschaftlichen Leben allgemein. Die Ruinen symbolisieren hier einen schonungslosen Umgang mit Ressourcen, die nach Gebrauch sich selbst überlassen oder weggeworfen werden. Das betrifft auch den Umgang miteinander sowie mit der Fauna - dargestellt durch deren Abwesenheit. Wir steuern auf ein nahes Desaster hin. Wir müssen jetzt klug handeln, um etwas zu verändern - in Wirtschaft, Politik, Gesellschaft, aber auch als Einzelne.
Dieses Werk zu schaffen war mir ein Bedürfnis, da sich derzeit die Lage in vielen Regionen der Welt auf unterschiedlichen Ebenen zum Negativen verändert. Mein Wunsch nach einer friedlichen Welt mit gegenseitiger Rücksichtnahme der Menschen untereinander und gegenüber der Natur verschafft sich durch dieses Gemälde Ausdruck
Thematisch befasst es sich mit der Interaktion zwischen Mensch und Natur. Die gesellschaftliche Debatte befasst sich viel mit Finanzen, auch mit dem Klima, doch über die Naturkrise ist kaum etwas zu hören. Paradoxerweise stehen Mensch und Natur oft im Konkurrenzkampf, sind jedoch gleichzeitig miteinander verwoben. Der Mensch als Teil seiner Umwelt ist stets auf Entwicklung und Fortschritt bedacht, zerstört aber dabei sich selbst und seine natürlichen Lebensgrundlagen. Dies betrifft leider auch die Bienen, deren Population durch die Einwirkung des Menschen rückläufig ist.
Bei Biodiversität geht es aber nicht nur um den Artenverlust. Das menschliche Überleben hängt auch von funktionierenden Ökosystemen und der Artenvielfalt ab. Auch die Wirtschaft braucht die Natur: Bestäuber steuern 3,8 Milliarden Euro jährlich zum Bruttosozialprodukt Deutschlands bei. In meinem Werk steht der Fernseher metaphorisch für den technischen Fortschritt, der die Natur in Form der Biene in gewissem Maß beeinträchtigt und einschränkt. Das Insekt findet hier keine Nahrung mehr, während sich der Mensch weiter von der Natur entfernt. Das Fernsehgerät symbolisiert zugleich die Trennung in Form der Mattscheibe, durch welche die Umwelt wahrgenommen wird. Durch die Perspektive des TV-Gerätes wird eine Distanz geschaffen, die einer emotionalen Verbindung zur Umwelt nicht zuträglich ist.
Das Motiv soll zum Nachdenken über tägliches Handeln anregen. Ein Richtungswechsel hin zu einem weitgreifenden Bienen- und Insektenschutz ist meiner Ansicht nach unabdingbar. Am Beispiel der Bienen zeigt sich aber auch, was Nachhaltigkeit im Kleinen bedeutet. Auch wenn Insekten leise sterben, so ist dies dennoch eine ökologische Katastrophe.
Vielleicht liegt es vor allem daran, dass das Thema häufig unter dem abstrakten Begriff „Biodiversitätsverlust“ „abgehandelt“ wird. Durch derartige Fachbegriffe entsteht eine Distanz. Die Werbewirtschaft weiß, wie man Informationen wirkungsvoll übermittelt. Dazu bedarf es emotionaler Einfärbung. Vielleicht sollten sich Werbefachleute auch für dieses Thema verstärkt einsetzen.
Ein erster Schritt könnte eine erhöhte Achtsamkeit im Alltag sein: Zum Beispiel kann man sich bei den wöchentlichen Einkäufen für Produkte mit weniger Verpackungsmaterial entscheiden. Ich selbst wähle auch immer häufiger Bio-Produkte und verzichte oft auch auf Fleisch. Wenn ich tierische Produkte kaufe, dann versuche ich wenigstens die Massentierhaltung nicht zu unterstützen. Generell lässt sich kurzfristiges Handeln durch langfristiges Handeln ersetzen. Auch hier sind die Einstellung und ein bewusster Umgang mit dem Thema entscheidend. Kreativität ist in dieser Sache sicherlich von Vorteil. Ob es Künstler sind, die Skulpturen aus "Abfall" entstehen lassen oder einfach nur der Wille des Einzelnen, Dinge nicht wegzuwerfen, sondern sie gebraucht abzugeben und somit aktiv Ressourcen zu schonen.
Auch Verpackungsabfall kann gesammelt und getrennt werden, man kann Frischhaltedosen, Netze, Stoffbeutel oder Einmachgläser nutzen, Produkte mit nachhaltiger Verpackung kaufen - oder ganz ohne („Unverpackt-Läden") und auf Wochenmärkte gehen. Natürlich kann man auch im Bereich Mobilität einiges tun: Dazu gehört zum Beispiel, das Auto für Kurzstrecken auch mal stehen zu lassen oder sich für öffentliche Verkehrsmittel zu entscheiden.
Auch Fahrgemeinschaften sind sicherlich sinnvoll. Im Rahmen meiner Potsdam-Serie sei hier beispielsweise die Tram erwähnt: Als traditionelles, öffentliches Verkehrsmittel der jüngeren Geschichte Potsdams trägt die „Straßenbahn“ ebenfalls einen Teil zur Nachhaltigkeit der Stadt bei. Ein bewusster Umgang mit seiner Umwelt führt meiner Meinung nach fast zwangsläufig zu einer nachhaltigen Lebensweise. Wenn ich wahrnehme, dass Abfall in unmittelbarer Nähe eines Mülleimers liegt, kann ich auch über meinen Schatten springen und ihn entsprechend entsorgen. Das ist kein großer Aufwand. Viele kleine Schritte können einen großen Unterschied machen, die auch in „unteren Regionen“ beginnen können…
Ja, die kreativen Köpfe der freien Wirtschaft könnten mehr Energie darauf verwenden "aus Sch... Gold" zu machen. Hier sind Recycling und Upcycling meiner Meinung nach entscheidende Schlüsselwörter. Denken Sie auch an den deutschen Verfahrenstechniker und Chemiker Prof. Michael Braungart, der gemeinsam mit William McDonough das Cradle-to-cradle-Konzept entwickelt hat. C2C bezeichnet ein Designprinzip für kreislauffähige Produkte, die gesund für Mensch und Umwelt sind. Es geht darum, das Konzept des Abfalls abzuschaffen und zu zeigen, dass keine Ressource als entbehrlich gelten sollte.
Die Idee kam mir vor einiger Zeit, als ich an einem leeren Mülleimer vorbeigelaufen bin. In unmittelbarer Nähe lagen verschiedene Abfälle und mir stieg diese Absurdität des Alltags ins Bewusstsein.
Ich habe eine Arbeit von ihm als Hintergrundmotiv eingepflegt und entsprechend angepasst (die Person, die anstatt des Blumenstraußes im Original hier eine Miniatur-Weltkugel wirft). Er versteht es, mit seiner Kunst Statements zu setzen. Daher wollte ich diese Arbeit von ihm für mich adaptieren.
Am kreativsten bin ich in einer ruhigen Umgebung. Ich ziehe mich dann gern zurück, höre Musik und hole mir Inspiration aus verschiedenen Quellen. Ideen kommen mir oft auch einfach in mein Bewusstsein, wenn ich mich entspanne. Aber auch wenn ich in die Natur gehe oder mit dem Hund draußen bin. Ab und zu habe ich auch in Alltagssituationen verschiedene Eingebungen, die mich inspirieren.
Beides: Angeregt werde ich durch die Unruhe der Stadt, aber auch durch die Idylle des Landes: Die Stadt bietet zahlreiche Strukturen, Situationen, Lichter und Effekte, während das Land zum Träumen anregt und eher die Verbundenheit zur Natur sowie vermeintliche Sicherheit zu vermitteln vermag. Andererseits bietet jeder Lebensraum verschiedene Ansätze für Kritikpunkte und Fragen, die es zu stellen gibt. Der gestalterische Prozess schafft für mich die Basis, um den Dialog auf die Ebene der Kommunikation zwischen Maler und Betrachter zu erheben.
Als gegenseitige Ergänzung: Es ist immer wieder zu beobachten, wie die Stadtbevölkerung den Ausflug aufs Land sucht, um Ruhe und Muße zu erleben, während die Landbevölkerung gelegentlich den Trubel und die Möglichkeiten der Stadt sucht. Hier reihen sich beispielsweise Galerien und Museen aneinander, und es gibt mehr Kulturangebote. Zudem ist nach meinen Beobachtungen die städtische Umgebung meist fortschrittlicher oder zumindest aufgeschlossener gegenüber Neuem. Das Land ist allerdings weniger anonym, und die Erfahrungen hier können für einige Menschen durchaus "Balsam für die Seele" sein.
Als Experte mag er hier Recht haben. Das Klischee der bösen Stadt hält sich aber vermutlich vorrangig aufgrund menschlicher Emotionen, nicht jedoch wissenschaftlicher Fakten. Ich selbst lebe seit 2018 in Berlin und freue mich jedes Jahr über die Nachtigall, die ich während des Frühlings vom Hinterhof rufen höre. Dieses Erlebnis habe ich bewusst nicht wahrgenommen, als ich noch ländlicher lebte. Ich glaube, in den Köpfen vieler Menschen tragen die Weite der Landschaft und die Ruhe der Umgebung mehr zum Klischee des guten Landes bei als die Luftqualität, die Artenvielfalt oder die nachhaltige Bewirtschaftung der Felder. Das Gefühl ist eben stärker als der Verstand.
Es ist die Stadt Potsdam, die für mich schon immer präsent war. Nicht nur meine Vorfahren haben ihre Wurzeln zum Teil in dieser Stadt - auch von meiner Kindheit bis heute gab und gibt es immer wieder viele Berührungspunkte. Deshalb stehen auch viele Potsdam-Motive im Fokus meines Schaffens.
Das war im Jahr 2004 in einer Phase der Selbstfindung. Seitdem habe ich viel experimentiert, geübt und mich in diesem Bereich weiterentwickelt. Als Kinder zeichnen wir ja fast alle gern. Bei mir ist die Affinität dafür geblieben, und im Laufe der Zeit weiter gewachsen. Ein gewisses Grundtalent hat mich dabei wahrscheinlich auch bestärkt. Ich erinnere mich daran, als Kind die Wand meines Zimmers vollgekritzelt zu haben. In der Schule konnte ich mit dem Malen eher weniger anfangen.
Tatsächlich haben mich die Einschränkungen nur zum Teil gestört, da es ja in der Regel innerhalb eines gewissen Rahmens Platz für Kreativität gab. Rückblickend wurde die Freude am Malen hauptsächlich durch die Arbeitsmaterialien getrübt. Die günstigen Schulmalfarben haben dabei weniger eine Rolle gespielt als das zu dünne Papier, dass durch die Feuchtigkeit Wellen geworfen hat, wie die Ostsee an einem stürmischen Herbsttag. Der maßgebliche Faktor war jedoch meine Auswahl an Pinseln. Leider fehlt Schulmalpinseln meiner Erfahrung nach jede Spannkraft und Flexibilität. Der Umstand, dass diese nach jedem Strich in eine andere Richtung standen, hat mich schon sehr geärgert.
Es ist für mich essenziell. Wie in jedem anderen Bereich des Lebens kann Talent bessere Grundbedingungen schaffen, doch wenn man es nicht durch die Praxis fördert, wird es sich nicht entfalten können. Andererseits können Menschen ohne Talent mit viel Übung und Engagement beeindruckende Ergebnisse erzielen.
Die Intuition meldet sich in den Momenten, wenn der rationale Verstand meine Arbeit nicht weiterbringt. Manchmal beginnt eine Idee mit dem Bauchgefühl, während es in anderen Situationen dafür sorgen kann, dass gewisse Änderungen für mich wichtig erscheinen oder ein Werk komplett verworfen wird. Die Intuition stellt für mich deshalb einen wichtigen Bestandteil des kreativen Schaffens dar.
Während des kreativen Arbeitens kann ich abschalten vom Alltag. Ich gehe dann in meiner Tätigkeit auf, gerate in einen Flow-Zustand und bin konzentriert, aber auch entspannt. Es ist wie eine Art Kontemplation: Ich tauche gleichsam ein in eine andere Welt, die mir alle Möglichkeiten bietet und auch die Grenzen der "Realität" überschreiten kann.
Ich bin fasziniert von den Werken alter Meister wie Rembrandt, Caravaggio, Michelangelo oder Leonardo. Aber auch zeitgenössische Künstler wie Sebastian Krüger, Jonas Burgert oder der Autodidakt Rudolf Vogl (VOKA) haben mich beeinflusst. Wir haben heutzutage den großen Vorteil, binnen weniger Augenblicke auf eine Vielzahl von Informationen zugreifen zu können. So können wir uns inspirieren lassen oder einfach die Erfahrungen anderer Künstler nutzen, um etwas Neues zu erschaffen.
Angefangen habe ich mit Bleistift- bzw. Buntstiftzeichnungen. Später kamen dann Aquarellfarben dazu. Mittlerweile arbeite ich hauptsächlich mit Acrylfarben auf Leinwand, die ich mit Pinseln oder Spachteln auftrage. Ich werde in Zukunft sicher noch mit anderen Materialien und Techniken experimentieren, um meinen Erfahrungshorizont zu erweitern. Ich habe in der Vergangenheit viel experimentiert – ob Landschaften, Portraits, Tierportraits oder Architektur. Rückblickend denke ich, dass dies für mich wichtig war, um mir Fertigkeiten anzueignen und mich als Künstler weiterzuentwickeln. Mittlerweile bin ich zu der Einsicht gekommen, dass Motive die Aussage meiner Werke unterstützen sollten und daher mit ihr in einer Wechselwirkung stehen. Ich mag die gegenständliche Malerei und finde es interessant, wenn in ihr auch abstrakte Elemente oder Strukturen enthalten sind. Kontraste in all seinen Abstufungen sind für mich bei der Motivwahl auch ein spannendes Thema.
Autodidakten befinden sich häufig in einer schwierigen Situation – ohne entsprechendes Studium werden Kunstschaffende oft nicht berücksichtigt. Bei der Vertretung durch Galerien oder der Teilnahme an Kunstwettbewerben kann das mit Nachteilen verbunden sein. Das empfinde ich als sehr schade, weil es viele begabte Künstler ohne Studium gibt, die den Kunstmarkt auf jeden Fall bereichern können.
Kunst bedeutet für mich ein gewisses Maß an Freiheit, vor allem Dinge aus meiner Phantasie entstehen zu lassen, meine Gefühle und Empfindungen zu verarbeiten und auszudrücken. Ich sehe mich eher weniger in der Rolle des typischen Arbeitnehmers. Ich möchte mich stets weiterentwickeln und durch meine Kunst zum Nachdenken anregen. Mit Enthusiasmus, Mut und Freude an der kreativen Arbeit kann so in Zukunft etwas Wunderbares entstehen. Auch möchte ich anderen durch meine Arbeiten einfach eine Freude zu machen. Wichtiger ist jedoch die Möglichkeit, zum Nachdenken anzuregen, Missstände in der Gesellschaft aufzuzeigen oder Anstöße für eine positive Zukunft zu geben. Im besten Fall kann ich durch meine Werke etwas Nachhaltiges und Wertvolles zur Gesellschaft beitragen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Gregor Ludwig Hildebrandt, Jahrgang 1983, lebt und arbeitet in Berlin. Seine Kunstwerke zeigen nicht nur die Ergebnisse eines rücksichtslosen Umgangs mit Natur und Umwelt, sondern auch, dass alles miteinander verbunden, verwoben und vernetzt ist.
Weiterführende Informationen: https://glh-fineart.de/