Ann-Sophie Czech verrät, wie "Sustainability" ihren Weg geprägt hat - Ann-Sophie Czech

Deutschlands Zukunftsfähigkeit liegt in den klugen Köpfen der jungen Generation

Dr. Alexandra Hildebrandt spricht mit Ann-Sophie Czech über die Zerrissenheit der jungen Generation. Und das Streben nach dem gesunden Miteinander von Planet und Menschen.

Ann-Sophie Czech, Jahrgang 1993, geboren in Tettnang am Bodensee, wuchs in Ravensburg auf und besuchte ab 2009 das Internat Schule Schloss Salem. Angeregt durch ihr halbjähriges Praktikum bei der Otto Group in Hong Kong begann sie ihr Studium an der Macromedia München im Fach PR & Kommunikationsmanagement. Nach dem ersten Semester wurde sie mit dem Exzellenzstipendium für akademische Leistungen ausgezeichnet, das sie bis zum Ende ihres Studiums aufrechterhalten konnte. Nach einem Jahr als Social Media-Managerin in einem Münchner Start-up ergänzte sie ihr Studium an der University of St Andrews in Schottland im Fach Marketing.

Seit ihrer Jugend zeigt sie neben ihrer Leidenschaft für Kommunikation, auch ein ausgeprägtes Interesse für Nachhaltigkeit. Bedingt durch das Handelsgeschäft ihres Vaters und ihre Reisen wurde sie schon früh mit der Thematik “Sustainability“ sowohl von der ökonomischen als auch von der ökologischen Seite konfrontiert. Bereits in der Schule engagierte sie sich als Nachhaltigkeitsbeauftragte im Schulparlament. Während ihres Studiums beschäftigte sie sich vordergründig mit dem Thema Marketing und Nachhaltigkeit und untersuchte die potentielle Rolle von Unternehmen als Brücke zwischen Wissenschaft und Konsumenten. Seit April 2018 arbeitet sie als Freelance Responsible Investment Consultant, wo sie Investitionsprojekte verschiedener Hilfsorganisationen betreut. Im Dezember 2018 schloss sie erfolgreich ihr Masterstudium erfolgreich ab und möchte gern in einem Unternehmen arbeiten, in dem nicht nur wirtschaftliche, sondern auch soziale und ökologische Ziele im Fokus stehen und in dem sie Selbstdenken mit praktischem Handeln verbinden kann.

Wann hast Du das Thema Nachhaltigkeit zum ersten Mal bewusst wahrgenommen?

Dem Thema bin ich schon lange verbunden, weil Nachhaltigkeit durch das Geschäft meines Vaters in unserer Familie schon lange präsent ist. Er hat mich bereits in frühen Jahren als seine Assistentin mit zu den Bekleidungsproduktionsstätten genommen. Dort zeigte er mir, worauf geachtet werden sollte, um nachhaltig zu produzieren und mit erstrebenswerten Labels zertifiziert zu werden. Dadurch war ich dem Thema gegenüber sehr sensibel, sodass mir jegliche Nachrichten und Neuigkeiten darüber sofort ins Auge gesprungen sind. Meine Neugier hat mich dazu getrieben, immer weiter in das Thema einzutauchen und mich möglichst umfassend zu informieren - sei es durch Dokumentationen, Zeitungsartikel oder Bücher. Dabei beschlich mich ein immer stärker werdendes Gefühl der Rastlosigkeit und Unruhe, die mich letztendlich zu der Überzeugung geführt hat, dass ich mein Möglichstes tun werde, um mit Rücksicht auf unserem Planeten zu leben und zu wirtschaften.

Inwiefern hast Du Dich während Deines Studiums thematisch stark auf das Thema Nachhaltigkeit fokussiert?

Mein Bachelor-Studium war inhaltlich darauf ausgelegt, PR und Kommunikation dazu zu nutzen, Menschen von einer bestimmten Marke, einem Unternehmen, einem Produkt oder einem Service zu überzeugen. Ich fand und finde dieses Thema auch nach wie vor sehr spannend. Vor dem Hintergrund des damals gerade aktuellen Klimaschutzabkommen von Paris dachte ich mir jedoch, dass man das machtvolle Instrument Kommunikation für so viel mehr nutzen kann, wie zum Beispiel für die Generierung von Aufmerksamkeit und Bewusstsein im Kampf gegen den Klimawandel. In Folge dessen habe ich mich in meiner Bachelorarbeit für die Untersuchung des Themas „Klimawandelkommunikation und die Erfolgsfaktoren der Nachrichtenverbreitung auf Twitter“ entschieden.

Gerade die Verbreitung und Wirkung von Nachrichten auf sozialen Netzwerken im Zusammenhang mit Umweltproblemen wie die globale Erwärmung oder Plastikverschmutzung steht in der Forschung noch am Anfang und lässt sich zudem auch wirtschaftlich schlecht einschätzen. Die Nachhaltigkeit hat mich auch während meines Masters nicht losgelassen, sodass ich mich dort dem übergeordneten Thema Marketing und Nachhaltigkeit gewidmet habe. Unter anderem erforschte ich hier die Diskrepanz zwischen umweltfreundlichen Einstellungen und dem tatsächlichen Handeln der Konsumenten sowie die Rolle verschiedener Kommunikationsmaßnahmen innerhalb dieser Lücke.

Was wurde inhaltlich vermittelt, und welche Schwerpunkte haben Dich besonders angesprochen?

An der University of St. Andrews steht das Thema Nachhaltigkeit momentan stark im Vordergrund. Dies erlaubte mir, mich in jedem meiner Kurse damit auseinander zu setzten, obwohl ich Marketing studiert habe. Besonders angesprochen hat mich das Fach „Scenario Thinking“. Hier haben wir verschiedene Zukunftsszenarien ausgearbeitet, um strategische Optionen für Unternehmen zu entwickeln. So können Krisen und deren negative Auswirkungen für das Unternehmen durch proaktives Handeln abgefedert werden. Gerade im Hinblick auf den zunehmend wichtig werdenden Faktor Umwelt ist eine langfristige Planung entscheidend und kann helfen, dass sich Unternehmen frühzeitig durch eine nachhaltige Ausrichtung an umweltbedingte Regularien anpassen. Interessant fand ich auch die Wirtschaftskurse, die sich mit neuen wirtschaftlichen Modellen wie zum Beispiel Circular Economy und Sharing Economy beschäftigten. Ich war unheimlich positiv überrascht, mit welcher Intensität sich die Universität mit dem Aufbruch in eine nachhaltigere Zukunft auseinandersetzt.

Weshalb interessiert Dich vor allem die Frage, auf welche Weise sich Nachhaltigkeit möglichst wirkungsvoll kommunizieren lässt, um eine Brücke zwischen der Wissenschaft und der Industrie sowie dem Konsumenten zu schlagen?

Ich bin fasziniert von der Wirkungskraft des Instruments Kommunikation und der Überzeugung, dass es auch dazu genutzt werden sollte, um einen Weg in der Mitte zu schaffen, wo Wissenschaft, Wirtschaft und der Konsument in einen Dialog treten können. Denn trotz der vernetzten Welt erscheint es mir, als ob jeder allein an dem Problem arbeitet. Unternehmen sind überwältigt mit den plötzlich auferlegten Richtlinien, die faktenbasierte Wissenschaft ist oft kompromisslos und beklagt sich auf verlorenem Posten zu kämpfen, und der Konsument ist überfordert. Länderübergreifend sind allein schon die unterschiedlichen Richtlinien oft eine Barriere zusammen für den Umweltschutz zu arbeiten.

Meine Recherche und Gespräche mit verschiedenen Menschen haben mir gezeigt, dass sich einerseits viele für die Thematik interessieren, aber andererseits eine enorme Wissenslücke existiert. Der Konsument ist verwirrt über die vielen verschiedenen nachhaltigen Labels, über das wissenschaftliche Fachchinesisch zum Klimawandel und vor allem darüber, wie sie überhaupt helfen können. Besonders die Interviews mit Studenten im Rahmen meines Masterstudiums haben mir gezeigt, dass die Verunsicherung, über welche Auswirkungen ihre Handlungen auf die Umwelt haben, teilweise sogar zu einer gewissen Hilflosigkeit und Resignation führt: „Warum sollte ich was tun, ich kann doch sowieso nichts verändern.“ Ich bin der Überzeugung, dass Unternehmen hier eine Brücke schlagen sollten und eine entscheidende Rolle einnehmen können, den Konsumenten über Nachhaltigkeit zu informieren und für nachhaltiges Handeln zu motivieren. Aus diesem Grund bin ich der Meinung, dass Kommunikation einer der wichtigsten Schlüssel ist, um Menschen, Unternehmen und Wissenschaft zusammenzubringen, um etwas zu bewegen.

Was bedeuten für Dich die Aspekte Globalisierung, Internationalisierung und Digitalisierung?

Meines Erachtens ist Globalisierung und Internationalisierung eine logische Konsequenz der Digitalisierung. Für mich bedeutet Digitalisierung zur gleichen Zeit Freiheitsschlag und Fußfessel, denn so sehr man nun als Konsument oder Student, die Möglichkeit hat, Interessen oder Produkten auf den Grund zu gehen und sich über verschiedene Themen umfassend zu informieren, so sehr ist man auch Sklave dieser digitalen Geräte im Hinblick auf die ständige Erreichbarkeit und Transparenz, der man sich ausliefert. Globalisierung und Internationalisierung bedeuten für mich hingegen ein transnationales Bündnis, welches sich den globalen Themen wie Klimawandel oder Terrorschutz in den momentan schwierigen Zeiten gemeinschaftlich widmet, sodass sich Unternehmen und Menschen gegenseitig mit Rücksicht auf die jeweiligen Kulturen befruchten anstatt sich lediglich einen eigenen Vorteil zu erarbeiten.

Wie kann Wirtschaft für junge Menschen greifbar gemacht werden?

Für mich ist die Frage eher, welche Art von Wirtschaft den Menschen nähergebracht werden sollte. Ist es die aktuelle Wirtschaft, die vorwiegend nach Profit- und Wachstumssteigerung strebt, oder ist es eine Wirtschaft, in der mit innovativen Konzepten aus Alt auch Neu gemacht werden kann, ohne dass man als „Öko“ abgestempelt wird? Das der Menschheit innewohnende Streben nach Wachstum ist essentiell, jedoch ist es gerade deshalb wichtig, sich neuen wirtschaftlichen Konzepten zu widmen, um weiter gesund wachsen zu können. Solche Konzepte kann man jungen Menschen, durch die Anregung kreativer Gedankengängen in Workshops, bei der Entwicklung eigener Projekte, in Vorträgen aus verschiedenen Branchen entlang der gesamten Wertschöpfungskette oder bei Besichtigungen von innovativen Betrieben, näherbringen.

Was zählt für Deine Generation wirklich?

Ich finde diese Frage sehr schwierig, weil ich das Gefühl habe, dass unsere Generation zum Teil sehr gespalten ist. Wir sind zerrissen zwischen den alten, etablierten, wirtschaftlichen Strukturen und dem Aufbruch in etwas Neues, von dem wir aber noch nicht richtig wissen, was sich da genau entwickelt. Im Kern zählt für unsere Generation, einen Beruf oder Berufung zu finden, in dem/der wir eine Bedeutung sehen mit der wir unser Leben füllen können. Und für eine zunehmende Anzahl an jungen Menschen liegt die momentan in einem gesunden Planeten und Miteinander.

Was treibt Dich an?

Mich treibt vor allem die Lust an, etwas zu bewegen. Auch wenn diese Zeiten gerade etwas furchteinflößend sind, finde ich, dass man gerade jetzt umso mehr bewirken kann. Es wird sich in den nächsten Jahren sehr viel verändern, und ich freue mich jeden Tag darauf auf irgendeine Weise, Teil davon zu sein.

Wer hat Deine Stärken erkannt und gefördert?

Meine Stärken liegen in meiner Empathie, meiner Kreativität und meinem Ehrgeiz. Empathie war meinem Vater schon immer unheimlich wichtig und ist laut ihm der Schlüssel zum Erfolg. Ich finde, sich in andere Menschen, Kulturen und Motivationen hineinzuversetzen erweitert den Horizont und ist im Privaten genauso wichtig wie im Geschäftlichen. Meine Kreativität hat meine Mutter schon früh erkannt, weil ich mich schon immer auf kreative Art und Weise beschäftigt habe. Gefördert wurde diese dann vor allem von meinen Professoren während meines Studiums, weil wir kontinuierlich angetrieben wurden in komplexen Praxisprojekten kreativste Lösungen und Ansätze zu finden. Meinen Ehrgeiz hingegen haben meine Freunde entdeckt. Ich war in der Schule nie besonders engagiert, aber als ich zu studieren begann und für meine eigene berufliche Zukunft arbeitete, haben meine Freunde schnell erkannt, dass ich bereit bin, alles zu geben und hart zu arbeiten, um meine Ziele zu erreichen. Die Unterstützung durch Freunde und meine Familie haben mich weiter bestärkt, meine Träume und Vorstellungen mit Überzeugung zu verfolgen. Ich glaube, dass vor allem mein Ehrgeiz mich dazu antreibt, mich stetig zu verbessern und mehr zu lernen.

Wie können Unternehmen an den Leistungsdiamanten der jüngeren Generation kommen und generationenübergreifend richtig nutzen?

Assessment Center-Tests und Online-Portale sind ein effizienter Weg, grundlegende Fähigkeiten aufzudecken, jedoch sind diese häufig thematisch begrenzt und gehen dabei weniger auf Soft Skills wie beispielsweise Sozialkompetenz ein, so dass dort auch viel Potential verloren gehen kann. Im Gegensatz dazu ermöglichen Networking-Events und persönliche Veranstaltungen, jungen Menschen den Raum, sich selbst vorzustellen und einen Eindruck zu hinterlassen. Jungen Menschen sollte das Gefühl gegeben werden, gewollt und gebraucht zu sein. Außerdem ist es wichtig, ihnen eine Stimme abseits der sozialen Medien zu geben, um Resignation und Hilflosigkeit zu vermeiden. Das kann durch praktische Projekte und Einblicke in die Industrie und Politik passieren oder durch aktives Coaching und Persönlichkeitsentwicklungstraining schon während der Schule und dem Studium.

Gerade in den digitalen Zeiten ist es wichtig, Menschen auch offline zu trainieren und die praktischen Werkzeuge an die Hand zu geben, um eine Brücke zwischen Ausbildung und Beruf zu schlagen. Die Unterstützung durch etablierte Institutionen ist dabei unheimlich hilfreich. Erst vor wenigen Wochen habe ich während meines Aufenthalts in Hong Kong im Rahmen meiner Jobsuche tolle Erfahrungen mit der deutschen Handelskammer in Hong Kong gemacht. Diese unterstützt junge Menschen aktiv bei der Jobsuche mit verschiedenen Angeboten, wie einer Job-Plattform oder Networking-Events. Dies ist vor allem sehr hilfreich, um im Ausland Fuß zu fassen.

Was motiviert Dich, sich auch mit Themen wie Gründertum und Unternehmergeist auseinanderzusetzen?

Ich würde gerne meine eigenen Ideen entwickeln, die einem gesunden Wachstum mit einer positiven Wirkung für den Planeten verbinden. Allerdings weiß ich, dass sich dieser Idealismus nicht immer leicht in bestehenden Unternehmensstrukturen umsetzen lässt, weshalb ich gerne in Zukunft solche Ideen selbst nach vorne bringen und verwirklichen möchte. Mein Vater ist zudem selbstständig und hat für sein Unternehmen Tag und Nacht alles gegeben. Auch wenn dies harte Arbeit und ein paar Sorgenfalten mehr bedeutet, so ist es doch unheimlich wertvoll, seine eigenen Spuren zu hinterlassen. Der Gedanke der Verantwortung, und für die eigene Sache zu arbeiten und zu brennen, spornt mich unheimlich an mich mit dem Gründertum auseinanderzusetzten.

Wo siehst Du beruflich Deine Zukunft?

Ich sehe meine berufliche Zukunft im ersten Schritt bei einem Unternehmen, das nach kreativen und innovativen Lösungen mit Hilfe von Kommunikation sucht. Ich wäre gern Teil eines Teams, das mit Spaß und Ehrgeiz zusammen an komplexen Problemen und vielseitigen Aufgabenstellungen arbeitet. Als Kommunikationsexpertin mit einem tiefgreifenden Wissen im Feld der Nachhaltigkeit möchte ich mich als Quereinsteigerin in diesem Bereich behaupten, indem ich meinen Kommunikations- und Marketinghintergrund mit aktuellen Umweltthemen verbinde.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

Artikelsammlung ansehen