Die Corona-Pandemie hat den Wandlungsprozess zu einem #NewNormal beschleunigt
Hinter uns liegen nun knapp eineinhalb Jahre Ausnahmesituation und Unsicherheit. Individuen und Organisationen waren gezwungen den Status Quo zu hinterfragen – auch und insbesondere bezogen auf die Fragen: Wie wollen wir arbeiten? Und was brauchen wir, um gute Arbeit machen zu können?
Zum 01.07.2021 wurde die während der Pandemie eingeführte Home Office-Pflicht aufgehoben. Es bleibt spannend, wie Organisationen hierauf reagieren.
Gleichzeitig erscheinen fast wöchentlich neue Artikel, die belegen, dass Produktivität nicht eindeutig mit Zeiteinsatz korreliert, wie isländische Studien gerade gezeigt haben und der Spiegel titelte: „Island kürzt Arbeitszeit, Produktivität steigt“. Weitere Beispiele gibt es zuhauf und erscheinen in immer kürzeren Abständen.
Meine These war und ist, dass alternative Arbeitszeit- und Arbeitsortmodelle der neue Status Quo sein werden.
Ich glaube, dass wir während der Pandemie – nicht nur aus epidemiologischer, politischer, wirtschaftlicher und sozialer Perspektive –Zeitzeug:innen eines Momentums geworden sind: Immer mehr Unternehmer:innen und Arbeitgeber:innen sehen, dass die gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit flexiblere Arbeitsbedingungen erfordern.
Bei Rheingans arbeiten wir seit 2017 nach unserem Konzept des 5-Stunden-Tags. Eine Präsenzpflicht gibt es nicht mehr; Unser Büro hat sich der neuen Realität gestellt und ermöglicht ortsunabhängiges, hybrides Zusammenarbeiten (s. WiWo). Jede:r Mitarbeitende kann Arbeitsort und Arbeitszeit individuell gestalten. Dass diese Art der Flexibilisierung von Arbeitsverhältnissen keine Modeerscheinung, sondern ein allgegenwärtiger und unumkehrbarer Prozess ist, mache ich an Folgendem fest: Auch konservative Branchen und Produktionsbetriebe gehen alternative, progressive Wege. Kürzlich fiel mir ein Artikel über die Berliner und Dresdener Steuerberatungskanzlei SKS Steuerberatung in die Hände. Die Kanzlei hat im April eine 4-Tage-Woche eingeführt, um ihren Mitarbeitenden mehr zeitlichen Freiraum für ihre anspruchsvollen, kognitiven Tätigkeiten einzuräumen. Das führte dort zu besseren Arbeitsergebnissen, zufriedeneren Mitarbeitenden und einem höheren Bewerbungseingang – nicht unwichtig in einer Branche, in der der War for Talents besonders ausgeprägt ist.
Auch vor der Podcastfolge mit Anna Yona („Mindshift“ vom Handelsblatt, in dem auch ich gewesen bin) hatte ich bereits Kontakt mit ihr und ihrem Unternehmen Wildling Shoes. Das Unternehmen stellt Barfuß-Schuhe her, und dies von Anbeginn nur im Home Office! Im Gespräch mit einem hiesigen Handwerksbetrieb mit weit über 20 Mitarbeiter:innen hörte ich, dass auch hier Arbeitszeit reduziert und ortsunabhäniges (Büro-)Arbeiten ermöglicht wird, ohne Verlust von Leistungsfähigkeit und bei gleichzeitiger besserer Zusammenarbeit.
Diese Beispiele sollen zeigen, dass der Wandel hin zu einer neuen Arbeitswelt nicht nur kleine, flippige Start-Ups mitreißt, sondern sich auf die meisten Branchen und Bereiche ausweitet. Ich begrüße diesen Wandel. Wenn wir nicht nur unser Prozesse aktiv gestalten, sondern auch die Beziehungsebene und die Unternehmenskultur, dann entstehen Vertrauen und eine Kultur, in der wir uns gegenseitig dazu befähigen großartiges zu leisten.
In diesem Sinne: Lasst uns den Wandel und das neue Normal aktiv gestalten. Denn wer in Krisenzeiten nicht in eine Schockstarre verfällt, der kann die Möglichkeiten nutzen, die sich hieraus ergeben. Es fängt alles mit einer proaktiv-gestaltenden Haltung und mit dem Vertrauen in Menschen an.