Nicole Simon

Die Kraft der Zuversicht: Zur Farbe des Jahres 2021

Zwischen Angst und Zuversicht

Zuversicht bedeutet nicht, sich illusionären Hoffnungen hinzugeben, sondern auch in Krisenzeiten einen klaren Blick für den Ernst der Lage zu behalten und dennoch die Hoffnung nicht zu verlieren. Das vermitteln die beiden Farben des Jahres 2021: PANTONE 17-5104 Ultimate Gray steht für solide, resilient, undurchdringlich und rau. PANTONE 13-0647 Illuminating für warm, hell und hoffnungsvoll. Die Farbkombination soll Kraft, Mut, Stärke, Optimismus und Zuversicht symbolisieren. Der Auswahlprozess für die Pantone Color of the Year bezieht auch zahlreiche Trendanalysen ein.

Grau wurde in den vergangenen Jahren zu einem Understatement, denn die Gesellschaft ist so unruhig und unübersichtlich geworden, dass eine Bewegung des Rückzugs und des Minimalismus dominierte - verbunden mit dem Wunsch nach Beständigkeit und Sicherheit. Zu einem besonderen Trend wurde betongrau: Neben den vielen Vorteilen, den Beton für das Baugewerbe bietet, wurde das Material gerade in der Küchenbranche neu entdeckt: „Mit seiner feinen Porung und seinen „Grauabstufungen“ ist kein Material besser geeignet, „urbanen Industrielook ins Innere der Wohnung zu holen“, sagt Karsten Bäumer, Pressesprecher von Häcker Küchen.

Geschätzt wird die Farbe Grau auch von Claudia Silber, die beim Öko-Pionier memo die Unternehmenskommunikation leitet. Grau lässt sich „so wunderbar mit fast allen anderen Farben kombinieren und kann allein sehr edel und elegant aussehen.“ Gelb hat ihr dagegen nie zugesagt, „aber in Kombination mit Grau ist das sehr schön und spannend. Die beiden Farben drücken meiner Meinung nach so ein bisschen den Zeitgeist aus - die notwendige Balance zwischen Energie und Ruhe, das Ausgleichende und das Belebende.“ Gelb verbindet die Nachhaltigkeitsexpertin auch mit Lebensenergie: „Sie gibt Kraft, ist Triebfeder für Motivation, Entschlossenheit und Mut zu Neuem." Ohne diese Energie würde ihrer Meinung nach nur wenig bis gar nichts gelingen. Energie und Motivation erhalten beide aus einer positiven und lebensbejahenden Grundeinstellung sowie wohltuenden, inspirierenden Begegnungen und Gesprächen. Eine solche sinngerichtete kleine Gemeinschaft muss sich um ihre Zukunft nicht sorgen.

Die Kombination von Gelb und Grau spiegelt auch die aktuelle gesellschaftliche Stimmung, die zwischen Angst und Zuversicht schwankt. Für Goethe war Gelb eine "entschiedenere Farbe", die „in ihrer Reinheit und hellem Zustande angenehm und erfreulich“ ist, und „in ihrer ganzen Kraft aber etwas Heiteres und Edles hat“ (Farbenlehre, 1808-1810). Da sie sehr empfindlich ist, benötigt sie ein stabiles Fundament als Gegenpol. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch ein Blick auf die Produktwelt, in der sich das Bodenständig-Kühle und Luftig-Warme gleichermaßen findet. So sind in ökologischen Onlineshops wie memolife folgende Produkte vorwiegend in Grau erhältlich: Sneaker, Socken, Hausschuhe, Hosen, Kopfkissen, Designsessel und Wohndecken. Gelb sind vor allem Schubladen- und Allzweckboxen, Ordner, Bio-Damen-Shirts, Schreibtischstühle und Luftballons.

Die Kombination dieser Farben haben in dieser Zeit, die durch ein enormes Empörungspotential geprägt ist, auch eine starke Symbolkraft, denn es gibt nicht nur schwarz oder weiß, sondern auch viele Zwischentöne: Nicht alle Menschen müssen der gleichen Meinung sein, sollten aber in der Lage sein, anderen mit Respekt zu begegnen und ihre Meinung anzuhören und auszuhalten. Festgefahrene Haltungen zu ändern, ist nicht leicht, aber möglich - wenn der Nutzen einer neuen Haltung in einer emotional prägenden Art und Weise erfahren und der dahinterstehende Sinn erkannt wird. Aus diesem Perspektivwechsel können wir mehr positive Eigenschaften entwickeln, für die das Gelbe symbolisch steht.

In den Arbeiten der Fotokünstlerin Nicole Simon verschmelzen all diese Aspekte zu Bildern der Zuversicht, die unseren positiven Blick in die Zukunft schärfen und die Kraft vermitteln sollen, dass alles möglich ist - auch wenn das Kommende ungewiss ist und viele mit dem Begriff Urvertrauen nichts mehr anzufangen wissen. Ohne Urvertrauen könne der Mensch nämlich morgens sein Bett nicht verlassen, sagte einst der Soziologe Niklas Luhmann: Es wird auf etwas vertraut, ohne zu wissen, welche Erfahrungen folgen werden. Das ist oft verlässlicher als der mühsame Versuch, dem Leben die eigenen Bedingungen aufzudrücken.

Urvertrauen und Optimismus sind miteinander verbunden.

„Leider ist es allerdings häufig so, dass jene, die die Welt optimistisch betrachten, dafür belächelt und für naiv gehalten werden“, sagt Nicole Simon, die großen Wert auf Vertrauen und Ehrlichkeit legt: „Alles basiert auf der Basis des Vertrauens und auch des nötigen Respekts. Aber auch die Geradlinigkeit und die Verantwortung dahinter sind fundamental wichtig. Man sollte mit dem, was man tut, ernsthaft und gewissenhaft umgehen und versuchen, ein Vorbild zu sein, auch, wenn es einmal schwieriger wird. Dabei sind Teamgeist und der nötige Zusammenhalt besonders wichtig für mich.“ In unserem Komplexitätszeitalter braucht es all das, weil es auch darum geht, Dinge zusammenzuführen. Das ist jedoch nicht möglich ohne eine neue Form des Optimismus, die darin besteht, Leben und Arbeit tatkräftig anzugehen – auch im Bewusstsein, dass nicht immer alles zum Besten verlaufen wird.

Weiterführende Informationen:

Grundsätze nachhaltiger Unternehmensführung: Worauf es ankommt

Ulrike Böhm: Ein Mittelständler digitalisiert sich – Von Erfolgen, Hürden und Nachhaltigkeit. In: CSR und Energiewirtschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. Springer-Verlag Berlin Heidelberg. 2. Auflage 2019.

Nicole Simon: Wirklichkeit in Bildern. In: Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2018, S. 275-303.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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