L. Kroll, J. Raschke, F. Sühlmann-Faul, Dr. A. Hildebrandt, W. Keck, M. Wrede, F. Pröbsting, P. Uhlig - Stefan Krajewski (IHK Nürnberg für Mittelfranken)

Digitalisierung braucht Nachhaltigkeit und Führungsbildung

Die Digitalisierung der Gesellschaft im Allgemeinen und Industrie 4.0 im Besonderen haben das Potenzial, die derzeit schwierige demografische Entwicklung positiv zu verändern. Stellenbezeichnungen wie „Digital Officer“, „Digital Content Strategy Manager“, „Data Manager“, „Digital Analyst“ oder „CRM Analyst“ werden künftig selbstverständlich werden. Das setzt allerdings Können und eine entsprechende Handlungskompetenzen in den jeweiligen Bereichen heraus. An die veränderte Bedarfssituation muss sich die Hochschul- und betriebliche Ausbildung anpassen, indem Personal für Entwicklung, Management und Überwachung von Industrie 4.0-Systemen ausgebildet und die betriebliche Ausbildung vor allem auf die Schaffung weitergehender IT-Kompetenzen auf Facharbeiterebene hin ausgerichtet wird.

Diese Faktoren prägen in Zukunft die Arbeitswelt 4.0:

  • Dienstleistungen werden weiter an Bedeutung gewinnen.

  • Der Arbeitsalltag wird zunehmend von innovativen Informations- und Kommunikationstechnologien geprägt sein.

  • Wissen und Kreativität werden zu den entscheidenden Erfolgsfaktoren künftiger Wettbewerbsfähigkeit.

  • Immer mehr unbefristete Vollzeitstellen werden durch befristete Projektverträge, freie Mitarbeit und Teilzeit ersetzt.

  • Die Bedeutung von räumlicher Flexibilität wird weiter zunehmen: Mobile Arbeit und das sogenannte Home Office gewinnen weiterhin an Bedeutung.

  • Die Gehälter von Angestellten werden flexibler ausgestaltet (z.B. erfolgsbezogene Anteile).

  • Es entwickelt sich ein neues Bewusstsein für Wertigkeiten von Arbeit.

Vor dem Hintergrund der stärker ausdifferenzierten Arbeitsumgebungen müssen Unternehmen entsprechend neue und faire Arbeitsweisen sowie innovative Führungstechniken entwickeln. Flexibilisierungspotenzial in der Arbeitswelt 4.0 bedeutet, dass Unternehmen den richtigen Level an Agilität finden müssen: Mitarbeiteragilität, Produktionsmaschinenagilität, Logistik, Produktionsnetzwerk, Einkauf und Agilität in der Produktgestaltung. Dafür braucht es die richtigen organisatorischen und kulturellen Rahmenbedingungen, unter denen sich Menschen entwickeln können, denn Agilität muss im organisatorischen Design sowie dem Mindset der Mitarbeiter gleichermaßen verankert sein.

Der Wettbewerb um Innovation ist heute auch ein Wettbewerb um die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Im akademischen Umfeld werden sie für zukunftsträchtige Lösungen und Entwicklungen gesucht. Allerdings gehört zur Innovationskultur auch ein Führungsstil, der den Mitarbeitern Freiräume lässt und sie ermutigt, neue Ideen weiter zu entwickeln und mit Risiken und Fehlern umzugehen. Jede/r muss dazu allerdings ihren/seinen persönlichen Anteil zu einer Vertrauenskultur beitragen. Die Frage, WIE digitalisiert wird, ist dabei von zentraler Bedeutung. Die Agenda 2030 mit ihren 17 Zielen gibt bereits die Richtung vor.

Der Rat für nachhaltige Entwicklung (RNE) empfiehlt der Bundesregierung, Digitalisierung konsequent darauf auszurichten. Damit verbunden sind:

  • emanzipatorische Potenziale

  • Zugang zu Informationen

  • dezentrale Teilhabe

  • offene Innovationen

  • zivilgesellschaftliches Engagement in demokratischen Strukturen zu fördern.

In der RNE-Empfehlung „nachhaltig_UND_digital: Nachhaltige Entwicklung als Rahmen des digitalen Wandels“ (2018) geht der RNE auf die Chancen ein, die mit einer Digitalisierung, die auf Themen der Nachhaltigkeit und damit potenziell auch der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie ausgerichtet ist. Aus Sicht des RNE erfordert dies eine breite, partizipative und durch empirische Forschung und praxisnahe Formate gestützte Debatte über die Auswirkungen der technologischen Entwicklungen, die zu einem Wandel in Gesellschaft, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft führt. Eine systematische Veränderung der Rahmenbedingungen für Digitalisierung fördert „die Schwungrad-Kraft von Digitallösungen, stärkt sie als Ermöglicher der Energiewende“, sorgt für mehr Ressourceneffizienz und „grüne Technologien“ und erhöht ihren Nutzen über den Rahmen der Digitalstrategie hinaus. Zudem wird ein bildungspolitisches Vorsorge-Prinzip empfohlen, das Menschen von der Kindheit bis ins hohe Alter befähigt, umfassend an der digitalen Gesellschaft teilzuhaben und Bildungsangebote zum Erwerb digitaler Kompetenzen und die einer Bildung für nachhaltige Entwicklung fördert. Weitere Empfehlungen für eine nachhaltige Digitalisierung widmen sich den Bereichen Arbeitsmarkt und soziale Sicherung, Gesundheit und Mobilität.

Die Digitalisierung erfordert aber auch völlig neue Anforderungen an Führungskräfte und Mitarbeiter sowie andere Organisations- und Kooperationsmodelle. Zu den Herausforderungen von Unternehmen gehören vor diesem Hintergrund: schnellere und dezentralisierte Entscheidungen, mehr Transparenz, mobiles Arbeiten, digitales Denken, Aufbruch von Hierarchien und veränderte Verantwortlichkeiten. In Zukunft werden technologische Fähigkeiten, digitale Grundfertigkeiten und klassische Fähigkeiten immer wichtiger. Vor allem aber wird es künftig darauf ankommen, jene Fertigkeiten verstärkt auszubilden, die künstliche Systeme nicht so gut übernehmen können - Kompetenzen, die nicht nur ein zielführendes, sondern ein verantwortungsvolles Handeln ermöglichen. Dafür braucht es Führungsbildung, die auf funktionaler, emotionaler und strategischer Befähigung basiert.

Unternehmen müssen deshalb den richtigen Level an Agilität finden: Mitarbeiteragilität, Produktionsmaschinenagilität, Logistik, Produktionsnetzwerk, Einkauf und Agilität in der Produktgestaltung. Dafür braucht es entsprechende organisatorische und kulturelle Rahmenbedingungen, unter denen sich Menschen entwickeln können, denn Agilität muss im organisatorischen Design sowie dem Mindset der Mitarbeiter gleichermaßen verankert sein.

Vor allem Personalabteilungen stehen heute vor schwierigen Aufgaben, die mit bisher gängigen Instrumentarien kaum mehr zu bewältigen sind. Hinzu kommt das sich ständig wandelnde Anforderungsprofil an Mitarbeiter- und Führungskräfte. Unternehmen müssen deshalb dafür sorgen, dass ihre komplexen Systeme eine Architektur aufweisen, die gewährleistet, sich selbst zu stabilisieren und zu reparieren, wie es auch die Evolution vormacht. Benötigt wird eine Unternehmenskultur, die die neuen Bedingungen nachhaltig nutzt, um auch den Grad der Digitalisierung zu erhöhen, denn dieser ist künftig entscheidend für den Unternehmenserfolg.

Nachhaltig erfolgreich führen

Es ist erwiesen, dass Unternehmen mit nachhaltiger Ausrichtung und einem höherem Digitalisierungsgrad Innovationen schneller umsetzen können und bessere Fähigkeiten beim Umgang mit Umbrüchen von Technologien oder Dienstleistungen haben. Diesen und weiteren Themen rund um die Möglichkeiten der Digitalisierung – vor allem auch für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) - widmet sich der Arbeitskreis „Nachhaltigkeit und Digitalisierung“ mit Vertretern aus Wirtschaft und Weiterbildung. Dem Gremium innerhalb des IHK-Projekts „Nachhaltig erfolgreich führen“ steht neben Andreas Kröhling von der Deutschen Telekom AG (Group Corporate Responsibility) auch die Online-Weiterbildungsplattform karriere tutor® GmbH mit fachlichem, didaktischem und technischem Know-how zur Seite. Die meisten der rund 100 Mitarbeiter des Online-Weiterbildungsanbieters arbeiten remote. Niemand muss für den Job umziehen, zur Arbeit pendeln oder morgens und nachmittags im Berufsverkehr stehen. Es gibt keine Stechuhren, sondern eine Vertrauensarbeitszeit. „Die Mitarbeiter arbeiten, wann sie möchten. Dies ist allerdings nur möglich, wenn das Unternehmen den richtigen Level an Agilität mit sich bringt. Das ist im Hinblick auf Digitalisierung und Nachhaltigkeit entscheidend“, heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung des Unternehmens.

Hier setzt das bundeseinheitliche und modulare Management-Training „Nachhaltig erfolgreich führen“ der Industrie- und Handelskammer (IHK) an, das Führungskräfte aus Unternehmen dafür qualifizieren soll, Prinzipien von Nachhaltigkeit in ihrem beruflichen Handeln anzuwenden. Inhaltlich geht es unter anderem um die methodisch-didaktische Umsetzung der Qualifizierung, Aufgaben eines Change-Agenten, Methoden für das Setzen von Impulsen, nachhaltige Change-Prozesse sowie Know-how in den Bereichen Coaching und Beratung. Begleitet wird das Projekt von einem fachlichen Beirat, einem Steuerungsteam und Arbeitskreisen mit Vertretern des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der DIHK-Bildungs-GmbH (Gesellschaft für berufliche Bildung – Organisation der IHK-Weiterbildung mbH), der IHK, karriere tutor sowie Nachhaltigkeitsexperten und Unternehmensvertretern.

Lars Kroll, Head of Marketing bei karriere tutor, gehört als Unternehmensexperte zum Arbeitskreis „Nachhaltigkeit und Digitalisierung“ und unterstützt diesen unter anderem bei der Konzeption eines Lehrgangs. Dieser soll Führungskräfte darauf vorbereiten, die Möglichkeiten der Digitalisierung zu erkennen und entsprechende Veränderungen im Unternehmen strategisch und operativ anzustoßen. „Auf diese Weise wachsen Wirtschaft und Weiterbildung noch enger zusammen. Es sollte ein größeres Miteinander statt ein Gegeneinander geben, und gerade durch Arbeitskreise wie diesen entstehen neue Chancen der Weiterbildung, die den Arbeitsmarkt in Deutschland konkurrenzfähig machen“, sagt Kroll, der sich mit den Experten des Arbeitskreises (Wolfgang Keck, Felix Sühlmann-Faul, Dr. Alexandra Hildebrandt, Mathias Wrede, Florian Pröbsting und Peter Uhlig) im März 2019 zum ersten Mal zu einem Austausch in der IHK-Akademie Mittelfranken in Nürnberg traf.

Interessenten, die am Projekt aus Unternehmenssicht mit zuarbeiten möchten oder die eine Teilnahme an den ersten Trainings einschließlich der anschließenden Evaluierung in Betracht ziehen, sollten Kontakt mit ihrer IHK aufnehmen (Bereich „Berufliche Weiterbildung“) oder die Projektkoordination (Florian Pröbsting) bei der DIHK-Bildungs-GmbH ansprechen.

Weiterführende Links:

Weiterführende Literatur:

  • CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. SpringerGabler Verlag, Heidelberg Berlin 2017.

  • Christan Ramsauer, Detlef Kayser, Christoph Schmitz: Erfolgsfaktor Agilität: Chancen für Unternehmen in einem volatilen Marktumfeld. Wiley VCH, Weinheim 2017.

  • Felix Sühlmann-Faul, Stephan Rammler (Hrsg.): Der blinde Fleck der Digitalisierung. Wie sich Nachhaltigkeit und digitale Transformation in Einklang bringen lassen. Oekom Verlag, München 2018.

  • Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2018.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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