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Digitalisierung: Welche Berufe sind in Zukunft besonders gefragt?

Softwareentwickler der Zukunft

Softwareentwickler werden als Fachkräfte am zweithäufigsten gesucht, hieß es im DEKRA Arbeitsmarkt-Report 2019. Damit verbunden sind zahlreiche neuen Anforderungen, denn Trends, „wie Machine und Deep Learning verändern das Berufsfeld und damit auch die Ansprüche in Stellengesuchen erheblich“, sagt Stefan Hofer, Teamleiter Marketing bei der NEÜMÜLLER Unternehmensgruppe in Nürnberg. Kerngeschäft ist die Rekrutierungsunterstützung im Kundenauftrag über die Personaldienstleistung/Arbeitnehmerüberlassung – mit anschließender Gelegenheit zur Übernahme der Mitarbeiter durch die Kunden des Unternehmens. In einem Blogbeitrag zum Thema Karriere und Beruf widmet er sich dem Thema Deep Learning als Teilbereich des Machine Learnings: „Es handelt sich zusammengefasst also um eine Methodik zur Verarbeitung von Daten und Informationen. Ein Softwareentwickler hilft einer Maschine also, sich selbstständig zu verbessern.“ Aus den vorhandenen Daten werden Muster klassifiziert. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse können mit weiteren Daten korrelieren und in einem Kontext verknüpft werden. Somit kann eine Maschine eigenständig Entscheidungen treffen, die auf den entsprechenden Verknüpfungen basieren.

„Für den Softwareentwickler entsteht in Zukunft ein breites Anwendungsfeld im Berufsleben“, bestätigt auch der Geschäftsführer der Unternehmensgruppe und Personalexperte Werner Neumüller. Als Beispiele nennt er die Gesichts-, Objekt- oder Spracherkennung. Die Nachfrage an spezialisierten Softwareentwicklern ist deshalb enorm. Allerdings steigen auch die Anforderungen. Jobbeschreibungen für Softwareentwickler enthalten durchschnittlich 4,6 Aufgabenfelder, die sich längst nicht mehr nur auf die Programmierung beschränken. Dazu gehören beispielsweise: Entwickeln von Software/Programmieren, Validieren und Testen, Implementierung und Integration, Wartung und Anpassung, Entwickeln der Softwarearchitektur, Anforderungsanalyse, Dokumentation, Qualitätsmanagement, Software- und Datenanalyse.

„Gefragt sind verschiedene Skills und Kenntnisse. Eine Basis bilden hier Programmier- und Markup-Sprachen, vor allem Java und C++. Jeder vierte Bewerber sollte auch mit der Datenbanksprache SQL (Java Script) vertraut sein. Im Trend liegt auch die Programmiersprache Python, die vor allem im Deep Learning oder bei Big Data eingesetzt wird“, so Stefan Hofer. Die Arbeitgeber fordern häufig ein Informatikstudium. Möglich ist die Ausübung des Berufes auch mit einem Abschluss als Ingenieur. Besonders Elektroingenieure haben nach Ansicht der Personalexperten in der Softwareentwicklung eine Zukunft.

„Das A und O ist im Beruf jedoch die Praxiserfahrung.“

Ein Musterbeispiel ist die Karriere von Aya Jaff, die 1995 im Nordirak geboren wurde. Als sie ein Jahr alt war, kam sie mit ihren Eltern nach Deutschland. Ihr Vater erklärte ihr schon früh, was man mit einem Computer alles machen kann. Ihre sechs Jahre ältere Schwester gab ihr Publikationen zum Thema Wirtschaft. Das Buch „Rich Dad, Poor Dad“ von Robert Kiyosaki war für sie besonders prägend. Obwohl sie in der Schule nie Informatik belegte und der Mathematiklehrer ihr wegen zu schlechter Noten davon abriet, lernte sie coden. Als sie 16 Jahre alt war, wurde sie auf einen Ideenwettbewerb aufmerksam. Sie wollte eine App entwickeln, durch die Schüler wissen, wann Schulstunden ausfallen. Nachdem sie für diese Idee 400 Euro gewonnen hatte, fragte sie bei verschiedenen Softwareentwicklern nach, was eine solche App kostet. Das Vorhaben war nicht nur kompliziert und teuer.

Sie gründete deshalb einen Programmierclub, um gemeinsam mit Gleichgesinnten an ihren Fähigkeiten zu arbeiten.

Ihr erstes Projekt war dann aber nicht diese App, sondern das Online-Börsenspiel „Tradity“, das sie mitentwickelt und dessen Technik-Team sie geleitet hat. Es folgte ein Studium der Wirtschaftsinformatik am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, um zu lernen, wie Tech-Unternehmen erfolgreich wurden. DIE ZEIT nannte sie „Mrs Code“ und das t3n Magazin stellte sie auf einem Cover als Digitalrevolutionärin vor.

Nach dem Abitur wollte sie unbedingt ins Silicon Valley. Im Newsletter von „Women Who Code“ entdeckte sie ein Angebot für einen siebenwöchigen Kurs der Draper University. Ein Stipendium ermöglichte ihr die Finanzierung des 9.600 $ dieses teuren Kurses. Die meisten Teilnehmer, die nach Kalifornien anreisten, kamen wie Aya Jaff aus dem Ausland. Universitätsgründer und Investor Tim Draper setzte alle fünf Tage lang herausfordernden Bedingungen aus: Zelten, Bogenschießen, in eiskaltem Wasser schwimmen, Schießen und Wandern in der nordkalifornischen Natur. Im Laufe des weiteren Aufenthalts arbeiteten die Teilnehmer an ihren Soft Skills und an ihrem Fachwissen. Aya Jaff und die anderen Teilnehmer wurden von vielen renommierten Unternehmensberatern unterstützt, beispielsweise bei Themen wie Recht, Patente oder Buchhaltung. Nach sieben Wochen fand ein „Pitch Day“ statt, an dem die Teilnehmer ihre Idee für ein eigenes Unternehmen vortragen und Investoren von sich überzeugen mussten.

Einer der Speaker während des Kurses war Dirk Ahlborn, Chef von Hyperloop Transportation Technologies, mit dem sich Aya Jaff intensiv über das Thema Transport austauschte. Das Unternehmen entwickelt Transportmöglichkeiten, mit denen Menschen mit mehr als 1.000 km/h durch Unterdruckröhren befördert werden können. Es beschäftigt sich damit, Passagiere mit sehr hoher Geschwindigkeit mittels großer Röhren zu transportieren. Nach dem „Pitch Day“ bot Ahlborn der Studentin Aya Jaff einen Job an, um weiter an ihrer vorgestellten Idee zu arbeiten. Dafür nahm sie sich ein Urlaubssemester.

Vor einiger Zeit gründete sie ihr eigenes Startup. Sie begreift die Herausforderung der Gegenwart als Chance und schafft sich die Rahmenbedingungen selbst, die sie braucht, um nachhaltig voranzukommen. Erfolg stellt sich bei ihr durch beständiges, konsequentes Handeln ein. Doch was sie besonders auszeichnet, ist jene menschliche Tugend, von der Winston Churchill sagte, dass sie die wichtigste sei und alle anderen Tugenden daraus abgeleitet werden: Mut.

Weiterführende Informationen:

Deep Learning und Python: Das erwartet den Softwareentwickler in Zukunft

Früh übt sich: Warum Programmieren die Furcht vor allem Technischen nimmt

CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. 2. Auflage. Verlag SpringerGabler, Heidelberg Berlin 2021.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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