Einsamkeit im Alter geht uns alle an
Diese Szene aus dem Werbespot einer Supermarktkette ist sicher noch vielen vertraut: Ein alter Mann sitzt zu Weihnachten allein am Esstisch, dazu läuft traurige Musik. Es folgen Szenen von den erwachsenen Kindern, die weltweit verstreut sind. Als sie lesen, dass ihr Vater gestorben ist, reisen sie nach Hause, wo der Totgeglaubte am gedeckten Tisch auf sie wartet. Sogar die Diakonie Deutschland teilte das Video, weil die Einsamkeit von vielen alten Menschen hier treffend dargestellt war. Durch Krankheit, körperliche Einschränkungen oder den Verlust enger Bezugspersonen ändert sich im Alter das gewohnte Lebensumfeld. Auch finanzielle Sorgen führen dazu, dass nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilgenommen werden kann.
Die damit verbundene Einsamkeit ist für viele Menschen oft unerträglich. Niemand ist mehr da, der zuhört, der ihre Gedanken, Freuden und Sorgen teilt. Nach Angaben des Deutschen Zentrums für Altersfragen (DZA) erhält jeder vierte alte Mensch nur einmal im Monat Besuch von Freunden oder Bekannten. Einige haben keinen Kontakt mehr nach außen und verlieren wegen der sozialen Isolation ihren Lebensmut. Die Zahl der Selbsttötungen ist nachweislich in keiner Altersgruppe so hoch wie bei den über 80-Jährigen. Auch mit dem Leben im Pflegeheim ändert sich der gewohnte Alltag. Tägliche Routinen fehlen, der Kontakt zu Familienmitgliedern und Bekannten wird seltener, und gesundheitliche Beschwerden nehmen zu.
Dabei wird die Beschäftigung damit immer wichtiger – zumal die Zahl der einsamen Menschen im Alter künftig steigen wird. Denn die Gruppe der 80- bis 90-Jährigen wächst stetig und wird sich bis 2050 sogar mehr als verdoppeln. Ein starkes Einsamkeitsempfinden hat enorme Auswirkungen auf Körper und Psyche. Die Folgen können Depression, Antriebslosigkeit und Kontaktarmut sein. Zudem erhöht Einsamkeit das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und wirkt sich negativ auf die Schlafqualität aus. Deshalb ist die intensive Betreuung für Senior:innen enorm wichtig. Was Pflegekräfte für Betroffene tun können, hat Stefanie Gierer in ihrem Blogbeitrag auf der Website von consil med zusammengetragen. Hier finden sich zudem auch Beiträge zum Thema Haustiere in Alten- oder Pflegeheimen. Es werden Beispiele vorgestellt, die Abwechslung in den Alltag bringen, was sich auch positiv auf die körperliche Gesundheit auswirkt. Gierer verweist zudem darauf, dass die Digitalisierung entscheidend dazu beitragen kann, dass sich Menschen weniger einsam fühlen. „Anbieter wie die Volkshochschule bieten viele Kurse für Senioren und Seniorinnen zum Thema Digitalisierung und Technik an. Diese können zum Beispiel die Basics im Umgang mit Computer und Smartphone beinhalten“, so Gierer. Der Umgang mit PC, Tablet oder Smartphone erhält auch Unterstützung von „Senioren lernen online“.
Auch die Akademie für Ältere e.V. bietet Programme in diversen Fachgebieten an. So können sich Senor:innen für Online-Kurse in den Bereichen Gesundheit, Sport, EDV, Fremdsprachen, Geschichte oder Literatur anmelden. Das Europäische Zentrum für Universitäre Studien bietet ebenfalls Online-Weiterbildungen aus den Bereichen Mensch, Wirtschaft oder Gesellschaft an. Auch die Organisation „Silbernetz“ ist ein wichtiger Ansprechpartner für Senior:innen, die sich hier kostenlos bei den Mitarbeitenden melden und Gespräche zu verschiedenen Themen führen können. Wer das Alters- oder Pflegeheim nicht mehr selbständig verlassen kann, kann die Aktion „Post für dich – Briefe gegen Einsamkeit“ vom Malteser Hilfsdienst nutzen. Auch das Bundesseniorenministerium setzt sich mit verschiedenen Projekten gegen Einsamkeit im Alter ein. Dazu zählt unter anderem das seit kurzem laufende sogenannte „Modellvorhaben zur Stärkung der Teilhabe Älterer – gegen Einsamkeit und soziale Isolation“.
Stefanie Gierer: Einsamkeit im Alter: Das kannst Du als Pflegekraft für Betroffene tun
Alte Wunden: Was die „Beschäftigung“ von Menschen in Pflege- und Altenheimen mit uns zu tun hat
Zur Bedeutung der Mensch-Tier-Beziehung (nicht nur) in Pflegeberufen
CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. SpringerGabler Verlag. 2. Auflage. Berlin Heidelberg 2021.