Formel E – eine Serie mit nachhaltigem Erfolg?
Ökologie und E-Mobilität sind in aller Munde, auch der Motorsport reformiert und entwickelt sich. Gelingt der Spagat zwischen Rennsport, Zuschauerattraktion und Nachhaltigkeitsdebatte und hat die Formel E das Zeug, einmal echter Konkurrent der Formel 1 zu werden?
Die Formel E ist ein extrem reizvolles Feld und ich bin wirklich gespannt, wie sehr sich diese Serie neben der Formel 1 emanzipieren und entwickeln wird und ob sie eines Tages vielleicht sogar ebenbürtig ist. Aktuell schwer vorstellbar, noch wird sie ja häufig belächelt. Zu langsam, zu leise, zu viele aussortierte Stars, dafür zu viel Lärm drum rum, heißt es dann. Einige Gimmicks der Formel E finden wenig Zuspruch. Der exaltierte Fanboost oder die unspektakulären Straßenreifen beispielsweise. Dadurch leidet die sportliche Wertigkeit und somit die Attraktivität. Die „Racing-Show“ der Formel E könnte ein bisschen weniger „Show“ und dafür etwas mehr „Racing“ vertragen.
Und ja, es ist eine junge Serie, erst 2014 wurde sie von FIA-Präsident Jean Todt ins Leben gerufen und hat noch nicht die Tradition und Anziehungskraft, wie ihre große Schwester Formel 1. Allerdings passt sie gut in die Zeit, in der täglich über Umweltbewusstsein und ökologische Energiealternativen diskutiert wird. Auch bei uns daheim. Wer sich, wie ich, immer für Chancengleichheit einsetzt, der muss auch Generationengleichheit wollen.
Jede Generation muss der nächsten den Planeten in einem guten Zustand übergeben. In der öffentlichen Debatte braucht es aber anscheinend dafür immer Symbolthemen. Der Verbrennungsmotor wird hier stigmatisiert, obschon die E-Mobiltät noch viele Fragen zur Energie-Effizienz offen lässt. Stichwort Kobalt und Wolfram. Aber natürlich ist mir bewusst, dass Motoren in der Zukunft durch andere Energiequellen betrieben werden.
Autobranche pusht E-Mobilität
Das Niveau der Fahrer in der Formel E ist mega stark. Es gibt dort keine Paydriver, also komplett bezahlte Fahrer, wie in der Formel 1. Manche Fachleute sagen sogar, es sei fahrerisch die am stärksten besetzte Rennserie der Welt. Auch diese Bewertung spricht für die Formel E.
Ich denke, genau das überzeugt ehemalige Formel 1 Piloten und eben auch einen Weltmeister wie Nico Rosberg. Der Ex-Formel-1-Weltmeister ist ja sogar an der Formel E beteiligt und organisiert rund um die Rennstrecke das Greentech Festival. Das sorgt natürlich für Aufmerksamkeit und erhöht auch bei den jungen Leuten vielleicht ein neues, anderes Interesse am Rennsport.
Aus der Autobranche ist die der Push in Richtung E-Mobilität deutlich zu spüren – die Industrie muss sich schnell neue und innovative Konzepte überlegen, die künftig als umweltverträgliche Alternativen von den Leuten angenommen werden.
Der Motorsport wurde bekanntermaßen schon immer genutzt, um Technologieführerschaft zu erzeugen und zu belegen. Viele, heute völlig selbstverständliche Innovationen in Serienautos, kommen aus dem Motorsport. Zum Beispiel zur aktiven und passiven Fahrsicherheit. Die Innovationen sind geprägt von den strategischen Zielen der Automobilindustrie. Also bin ich optimistisch, dass der Rennsport einen großen Teil zu einer nachhaltigeren Ausrichtung der Industrie beitragen kann. Zumal ich in der Praxis sehe, wieviel Knowhow, technische Entwicklung und damit auch Budget in die Formel E fließt. Sehr gute Voraussetzungen für das Wachstum der E-Rennserie.
Puristen fehlt der Motorsound des Verbrennungsmotors
Ich persönlich verfolge die Formel E aus mehreren Gründen mit großem Interesse. Als HWA Academy Junior stehe ich dem Rennteam von HWA Racelab natürlich nahe. HWA Racelab setzt in der Formel E zwei Rennautos ein. HWA bereitet diese Saison quasi für Mercedes den Einstieg in die kommende Formel E-Saison vor. Vor diesem Hintergrund war ich als Fahrerin für den Einsatz am Test-Day in Riad im Dezember 2018 vorgesehen – durchkreuzt wurden diese Pläne dann leider durch meinen schweren Rennunfall.
Aufgrund meiner Simulator-Erfahrungen kann ich sagen, es ist ein sehr anspruchsvoller, technisch hochentwickelter Rennwagen. Die engen Stadtkurse, sehr wenig mechanischer Grip und das hochkomplexe Koordinieren des Energiehaushaltes fordern den Rennfahrer maximal. Aber eben anders als ein modernes Formel-Rennfahrzeug mit Verbrennungsmotor und maximaler Aerodynamik, Slickreifen und damit hohem Grip.
Ein Formel E Auto hat keine Gangschaltung. Aber trotzdem mehr als eine Handvoll Pedals am Lenkrad. Damit steuert der Fahrer unter anderem die Energierückgewinnung und den Energiehaushalt. Die profilierten Reifen bieten auf trockener Straße im Vergleich zu Slickreifen nur sehr wenig Grip. Bei Regen funktioniert der vergleichsweise harte Reifen dann bei weitem nicht so gut wie ein aktueller Formelregenreifen mit weicher Gummimischung. Die Rennstrecken in der Stadt auf normalen Straßen sind eng und bieten keine Auslaufzone. Fehler führen zu Beschädigungen und das Überholen will genau getimt sein. Sonst kracht es. Nicht ohne Grund gab es bereits einige schwere Unfälle, sogar vom Demolition Derby war die Rede. Puristen fehlt der Motorsound des Verbrennungsmotors. Und zugegeben, auch ich fände einen „Sound“ schon gut. Mir macht es Freude, wenn man Power hören und fühlen kann.
Fazit:
Meine Generation veranstaltet Fridays for Future und fliegt zum Abi-Abschluss nach Loret. Wir sind keine frigide lebensfeindliche Generation, wir wollen Spaß, wir geben Gas. Ob aber Gas geben im herkömmlichen Sinne auf Dauer sinnvoll und machbar sein wird, stellen wir selber in Zweifel und damit die aktuellen Entscheidungsträger in Politik und Industrie in Frage. Ich persönlich glaube, dass dies langsam Wirkung zeigt, die internationale Autoindustrie wird das ökologisch sinnvolle und von den Kunden erwünschte auch technisch hinkriegen. Man merkt ja bereits, wie stark dieser Fokus sich jetzt in den neuen Strategien niederschlägt. Und das gilt auch für den Motorsport.
Formel-1-Sportchef Ross Brawn sagte ja bereits, sollte in fünf oder zehn Jahren die Notwendigkeit bestehen, eine andere Form von Antrieb in der Formel 1 einzusetzen, dann würde das auch umgesetzt werde. Mein Ziel ist es, spätestens in fünf Jahren um die Weltmeisterschaft zu fahren. Aktuell wird der Weltmeister in der F1 gekürt. Wer weiß, wie das in ein paar Jahren sein wird…