Frauliche Weihnachten: Warum der Dezember in weiblicher Hand ist
Wer die Suchbegriffe „Frauen und Weihnachten“ ins Internet eingibt, erhält nur den Verweis auf Weihnachtsgeschenke für Frauen. Zwar bestätigen zahlreiche Umfragen und Studien, dass Frauen Weihnachten und alles rund ums Schenken mehr lieben als Männer, aber dies wird dem Gesamtthema nicht gerecht. Der Autor Alfons Schweiggert widmet sich in seinem Buch „Frauliche Weihnachten“ der weiblichen Seite des Weihnachtsfestes. Vorab dazu ein paar Zahlen und Fakten:
53 Prozent der befragten Frauen freuen sich auf die alljährliche Firmenweihnachtsfeier. Die meisten Männer würden allerdings am liebsten auf die Weihnachtsfeier im Job verzichten.
Frauen mögen mehrheitlich mehr Weihnachtssongs wie „Last Christmas“ und „Driving Home for Christmas“.
Die Weihnachtsbaumkönigin wird seit 2011 alle zwei Jahre vom „Bundesverband der deutschen Weihnachtsbaum- und Schnittgrünerzeuger“ gewählt.
Frauen können Weihnachten besser riechen.
Die First Ladies der Weihnacht versetzen die Männerwelt ebenso in Erstaunen wie die modernen Weihnachtsgirls und Weihnachtsfrauen.
Der Monat Dezember gilt als Frauenmonat, weil in den 31 Tagen nicht nur zwölf heilige Frauen auftreten, sondern auch furchteinflößende Weiber, darunter Hexen und teuflische Druden.
Diese Frauengestalten ragen in der Weihnachtszeit besonders heraus: Maria, die Mutter Jesu, Eva, die erste Frau der Welt und die „Frau Percht als Inkarnation aller weihnachtlichen und dunklen Gestalten.“ In Russland ist es die alte Babuschka, die am 6. Januar mit Geschenken zu den Kindern kommt.
Aber nicht nur fakten-, sondern auch anekdotenreich und humorvoll schildert Alfons Schweiggert, wie Santa Claus im Laufe der Zeit von Santa Clara abgelöst wird – Madame Nikolaus und weitere Gabenbringerinnen sind längst auf dem Vormarsch, was auch mit gesellschaftlichen Entwicklungen zu tun hat: Wir hatten eine Bundeskanzlerin, Frauen können in Männerberufen arbeiten und wurden von Roger Cicero sogar besungen: „Frauen regier'n die Welt“. „Vergessen Sie Indien, vergessen Sie China, haben Sie Respekt vor der größten Weltmacht: Frauen“, hieß es bereits in einer Headline in der britischen Zeitschrift Economist vom April 2006. Im deutschen Mittelstand ist fast jede fünfte Führungskraft an der Spitze eine Frau. Im Land der Dübler und Denker gilt für viele Frauen inzwischen auch: Baumarkt statt Boutique. Arianna Huffington, die 2005 die Huffington Post in den USA gründete, sagte zum Start des Onlinemediums in Deutschland Ende 2013, dass die bisherige von Männern gestaltete Welt weder ihnen noch den Frauen wirklich guttat. Die neue Welt würde von den Frauen kreiert werden. Hier definiert sich Erfolg nicht nur über Geld, Macht und Ellenbogen. Huffington plädiert für die Idee der „Third Metric", der dritten Ebene des Erfolgs, in der Wohlbefinden und Gesundheit, Offenheit für das Leben, Mitgefühl und Geben im Zentrum stehen.
Glück und Geben entstehen im Kopf - nicht nur biologisch, sondern auch durch eine innere Haltung zum Leben. Wer es sinnvoll gestalten möchte, bewegt sich nicht nur um sich selbst, sondern richtet seine Aufmerksamkeit auf etwas, das über ihn hinausreicht und mit sozialen und ökologischen Aspekten verbunden ist. Starke Frauen, die sich gegen Widerstände durchzusetzen, die selbstbewusst und mutig sind, sowie ein ausgeprägtes soziales Engagement haben, stehen deshalb im Mittelpunkt des Buches „Frauliche Weihnachten“. Es fehlen auch nicht die Legenden von Babuschka und Befana, die mit weihnachtlichen Geschenken verbunden sind. In den meisten Haushalten gehört in der Vorweihnachtszeit auch der Adventskalender dazu, den eine Frau mit Kind erfunden hat, das offenbar sehr anstrengend war: Der kleine Gerhard Lang, geboren 1881, nervte seine Mutter mit der Frage, wann denn nun endlich Weihnachten sei. Deshalb bastelte sie für ihn aus kleinen Schachteln, die sie mit Gebäck füllte, den ersten Adventskalender. Später hat der Sohn diese Idee kommerziell genutzt.
Hans Christian Andersens kaltherzige Schneekönigin fehlt auch nicht im Kontext der weiblichen Weihnacht: Sie sitzt mitten in einem gefrorenen See, der in tausend Stücke zersprungen ist. Jedes Stück gleicht dem anderen. Sie sagt, dass sie im Spiegel des Verstandes sitzt, und das sei das Einzige und das Beste auf dieser Welt. Wenn es dem kleinen Kay gelingt, das Wort "Ewigkeit" aus Eisstücken zusammen zu setzen, so will sie ihm "die ganze Welt" schenken. Herrschaft ist als Preis auf die Verfluchung des warmen Herzens gesetzt. Der kleine Kay kann sich, seitdem der teuflische Glassplitter sein Herz zu einem Eisklumpen hat gefrieren lassen, nur noch an "regelmäßigen" Figuren freuen. Er war abgeschnitten vom Wechsel der Jahreszeiten und von seiner großen Liebe. Gefangen in kalter Stille. Die Schneekönigin hatte ihm eine Aufgabe gestellt: Er sollte aus Eisstücken das Wort 'Liebe' legen. Das konnte er nicht, „weil ein Splitter aus dem Spiegel des Teufels in seinem Auge steckte und sein Herz zu kalt war, um es herauszuweinen." Das Herz erscheint in Opposition zu Kälte und zu Tod . Wenn Liebe auftritt, wird es Menschen warm ums Herz, und es öffnet sich nach außen: „... da weinte die kleine Gerda heiße Tränen, sie fielen auf seine Brust, sie drangen in sein Herz hinein, sie tauten den Eisklumpen auf und verzehrten das kleine Spiegelstückchen da drinnen.“
Natürlich gehören für Schweiggert auch Aschenbrödel und „Sissi“ zur Weihnachtsweiblichkeit. Elisabeth von Österreich wurde am 24. Dezember 1837 geboren – das erklärt auch, weshalb die populären „Sissi“-Verfilmungen jährlich immer zur Weihnachtszeit ausgestrahlt werden. Im Buch enthalten sind zudem zahlreiche Kuriositäten, die das Fest der Liebe hervorgebracht hat: So soll vor wenigen Jahren eine Deutsche ihren Ehemann bei Ebay angeboten haben, nachdem sie über die Weihnachtsfeiertage festgestellt hatte, dass sie beide nicht zusammenpassen. Gekauft hat ihn allerdings niemand. Die wichtigste Botschaft allerdings ist, dass an Weihnachten Gott Mensch geworden und immer ein neuer Anfang möglich ist - so wie mit jedem Kind das Leben neu beginnt.
Der Preis des Denkens: Warum Weihnachtsgeschenke Überlegung kosten sollten
Sehnsucht nach dem Vollkommenen: Glaube und Aberglaube im Leben der Kaiserin von Österreich
Geben und leben: Wie wir die Kunst des Schenkens wieder lernen können
Alfons Schweiggert: Frauliche Weihnachten! Weihnachten ist weiblich. Verlag Sankt Michaelsbund. München 2020.
Alfons Schweiggert: Elisabeth und ihr Gott. Glaube und Aberglaube im Leben der Kaiserin von Österreich. Allitera Verlag, München 2021.