Dr. Bernd Slaghuis

Dr. Bernd Slaghuis

für Job & Karriere, berufliche Neurorientierung, Bewerbung

Freude im Job: Wieviel darfst du dir erlauben?

Bild: 123rf.com

Freude im Job zu empfinden, wer möchte das nicht? Dennoch ist sie heute vielen Menschen abhanden gekommen. Wie Arbeit wieder mehr Freude machen kann und warum auch du dir erlauben darfst, daran zu arbeiten. 

Für viele von uns hat Freude im Beruf einen hohen Wert. Sie macht Arbeit leichter und kurzweilig, motiviert uns zu guten Leistungen, gibt uns Kraft und verbindet im Team. Kommt sie hingegen zu kurz oder fehlt sie vollständig, dann wird Arbeit schwer, belastend und ist auf Dauer ungesund. 

Die meisten meiner Klienten im Karriere-Coaching empfinden schon lange keine Freude mehr, wenn sie auf ihren Beruf blicken. Doch auch wenn sie sich alle wieder mehr Freude wünschen, kommt es mir doch manchmal so vor, als ob sie es sich selbst nicht mehr erlauben und den Glauben verloren haben, dass Arbeit Freude machen kann. Eine nüchterne Erkenntnis verfestigt aus jahrelanger Erfahrung, die es den Betroffenen verbietet, mit Zuversicht und Freude auf ihre berufliche Zukunft zu blicken. 

Freude im Beruf ist mehr als der Spaß unter Kollegen

Spreche ich mit ihnen darüber, was Freude im Beruf für sie konkret bedeutet, dann fallen die Antworten sehr unterschiedlich aus: Für einige ist es das nachhaltige Bewusstsein, etwas beitragen und bewegen zu können, darin Sinn zu erkennen, Neues zu lernen und sich fachlich wie auch persönlich weiterzuentwickeln. 

Für andere ist es wichtig, möglichst viel von dem zu tun, bei dem sie ihre persönlichen Stärken und Talente einsetzen können. Freude kann auch das Ergebnis sein, gemeinsam Ziele im Team zu erreichen, im richtigen Mix aus Routine und Abwechslung Herausforderungen zu meistern, erfolgreich zu sein und damit das Gehalt zu verdienen, das sich als Wertmaßstab richtig anfühlt. 

Manchmal ist Freude auch einfach, Gerechtigkeit und Ehrlichkeit zu erfahren sowie anderen Menschen zuteil werden zu lassen. Und der Austausch sowie das Lachen mit den Kolleginnen und Kollegen gehören natürlich auch dazu. 

Freude ist das tiefe, Kraft spendende und motivierende Gefühl, das am Ende des Tages bleibt, wenn weitgehend und dauerhaft erfüllt ist, was uns im Beruf wichtig ist.

Wieviel Freude empfindest du in deinem Beruf?

Wenn Du möchtest, dann stelle dir einmal eine Skala von 1 bis 10 vor. Eins bedeutet, dass du überhaupt keine Freude in deinem Beruf empfindest und zehn bedeutet, dass du maximale Freude empfindest – Wo stehst du aktuell auf dieser Skala?

Stehst du schon weit oben bei 8 oder 9, dann freue ich mich für dich und wünsche dir weiterhin viel Freude in deinem Beruf. Vielleicht kannst du meine Tipps weiter unten als "Prophylaxe" nutzen oder erkennst klarer den Grund dafür, warum du bereits so viel Freude in deinem Job empfindest. 

Bist du im unteren Bereich auf der Skala irgendwo zwischen 1 und 3, dann ist vermutlich schon lange Zeit nicht mehr erfüllt, was du dringend brauchst, um Freude im Beruf zu empfinden: Du kannst dich vielleicht mit deinem Arbeitgeber oder dessen Produkten nicht mehr richtig identifizieren, hast Dauerstress mit dem Chef oder die Kollegen nerven dich. Du erträgst fiese Macht- und ungerechte Politikspiele, leidest unter chronischer Langeweile oder fehlenden Entwicklungsperspektiven ... oder es ist etwas anderes. Auf Dauer wird dich dieser Zustand sehr wahrscheinlich schwächen und du solltest es nicht auf die lange Bank schieben, etwas daran zu verändern.  

Stehst du auf der Skala irgendwo in der Mitte rund um die 5, dann hast du vermutlich schon bemerkt, dass dir im Job etwas fehlt, doch das alles ist noch auszuhalten. Vielleicht sind dir auch andere Werte wichtiger, die dich bei der Freude etwas einbüßen lassen. Vielleicht schaffst du es ja mit meinen folgenden Impulsen ohne einen Job- und Arbeitgeberwechsel weiter nach oben auf der Freude-Skala – vorausgesetzt, du hast wirklich Lust auf mehr Freude. 

Sag mal, darf dir Arbeit überhaupt Freude machen?

Ich habe ganz oft den Eindruck oder Verdacht, dass einige Angestellte jeden Tag aufs Neue ihren Job mit dem Ziel angehen, um nur die Bestätigung dafür zu erhalten, dass er ihnen auf gar keinen Fall Freude machen kann. Ja, das klingt echt verrückt, oder? 

Sie suchen ständig nach den kleinen Gemeinheiten von Kollegen, die sie noch nie leiden konnten oder durchleuchten jede Bemerkung des Chefs und interpretieren Dinge hinein, die das Verhältnis noch weiter vergiften. Über alles das jammern sie fleißig unter ihresgleichen, machen nebenbei Dienst nach Vorschrift, gehen am Abend erschöpft nach Hause und sind sich ganz sicher, dass alles das auch morgen, übermorgen und bis zur Rente auf sie warten wird. Arbeit ist halt kein Ponyhof! 

Wenn auch du dich gerade in diesen zugegeben von mir etwas überspitzen Verhaltensmustern erkannt hast, dann gibt es vielleicht auch für dich einen Grund, warum dir Arbeit einfach keine Freude machen darf. Weil du so erzogen wurdest und gelernt hast, dass gute Arbeit immer hart und anstrengend sein muss. Oder weil du selbst deine Leistungen nur dann als echten Erfolg wertschätzen kannst, wenn der Weg dorthin besonders steinig und mit extrem viel Aufopferung verbunden war. Vielleicht ist es auch etwas anderes, warum deine Arbeit nicht mit Freude einhergehen darf?

Freude im Beruf ist (d)eine Entscheidung

Auch wenn du es mir vielleicht nicht glauben und die Verantwortung am liebsten weitergeben möchtest, so ist es einzig deine Entscheidung, ob du dir erlaubst, Freude im Beruf zu haben. 

Doch bedenke, dass deine Entscheidung Konsequenzen hat: Du wirst nicht nur mehr Lust und Energie bei der Arbeit verspüren, sondern du wirst gleichzeitig auch aus dem Kreis der frustrierten Jammerer ausgestoßen werden, denn manche Kolleginnen und Kollegen werden dich und dein neues Verhalten nicht verstehen wollen.

Wenn du dir also absolut sicher bist, mehr Freude im Beruf aushalten zu können, dann sind hier meine 3 Tipps aus der Coaching-Praxis, die dich darin unterstützen können, es auf deiner persönlichen Freude-Skala weiter nach oben zu schaffen:

Tipp 1: Erinnere dich an bessere Zeiten

Auch wenn du in deiner jetzigen Position schon lange Zeit ausgehalten hast und die Freude in weite Ferne gerückt ist, so gab es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch einmal Zeiten in deinem Leben, in denen eine andere Stelle oder vielleicht auch deine Ausbildung oder die Zeit im Studium dir mehr Freude gemacht haben. Erinnerst du dich noch daran?

Gibt es etwas, das in dieser Zeit anders war als heute? VIelleicht waren es andere Themen, Tätigkeiten oder Produkte. Andere Menschen um dich herum, ein anderes Büro und Arbeitsumfeld. Dein Weg zur Arbeit war kürzer, vielleicht waren es auch andere Arbeitszeiten. Oder du hattest damals mehr oder weniger Verantwortung, größere oder kleinere Freiheitsgrade oder konntest dich stärker mit den Themen oder deinem Arbeitgeber identifizieren. Vielleicht war deine Lebenssituation damals auch eine andere? Falls Dir etwas durch den Kopf geht, wie könntest du dies auch auf deine aktuelle Jobsituation übertragen?

Womöglich brauchst du auch gar nicht so weit in die Vergangenheit zu blicken und weißt bereits ganz genau, was du eigentlich bräuchtest, um heute und in Zukunft mehr Freude im Beruf zu haben. Mal angenommen, du hättest alle Möglichkeiten sowie nichts und niemand stünde dem im Wege, was würdest du dann anders machen oder was müsste sich hierfür verändern?

Tipp 2: Lerne deine Kollegen neu kennen

Ich bin immer wieder erstaunt, wie lange Menschen im Kollegenkreis nachtragend sind und sich immer stärker voneinander entfernen, jedoch täglich auf engem Raum zusammenarbeiten müssen. Eine „falsche“ Bemerkung und schwuppdiwupp ist das Klima für Jahre vergiftet – so kommt es mir zumindest vor, wenn mir Klienten vom Zwist und erbitterten Kampf unter Kolleginnen und Kollegen erzählen. Kein Wunder, dass die Freude auf der Strecke bleibt.

Wie wäre es, wenn du mit deiner bewussten Entscheidung für mehr Freude auch die Initiative ergreifst, das Kriegsbeil zu begraben, um wieder zu einer guten Arbeitsbeziehung mit deinen Kolleginnen und Kollegen zu finden? Ihr müsst ja nicht gleich beste Freunde werden. 

Lerne deine Kollegen bewusst neu kennen und gib auch dir die Chance, wieder positive Seiten an ihnen zu entdecken. Gibt es vielleicht doch etwas, das du an ihnen besonders schätzt? Was macht die Kollegin oder den Kollegen sympathisch und was trägt sie oder er auch zum guten Team bei? 

Frage dich auch, was wohl jedem deiner Kollegen im Beruf persönlich wichtig sein könnte und überlege dir, was auch du dazu beitragen kannst, damit es ihnen gut geht und sie Freude im Job haben. Sieh hin und interessiere dich für die Menschen in deinem Umfeld, anstatt sie in ihren Schubladen stecken zu lassen und wie gewohnt ihr Verhalten zu verurteilen. Ich verspreche dir, du wirst überrascht sein, welche Wirkung dein Verhalten nicht nur auf dich, sondern auch auf deine Kolleginnen und Kollegen hat.

Tipp 3: Gestalte deine Arbeit für mehr Freude

Die meisten Angestellten unterschätzen die Fülle der Möglichkeiten, die sie in ihren Positionen bei einem Arbeitgeber besitzen, um ihren Job besser zu gestalten. Sie trauen sich nicht, mit Chefs oder Kollegen über das zu sprechen, was sie benötigen, um mit Freude an der Sache gute Arbeit zu leisten. Zu groß ist ihre Angst, als unbequem oder allzu fordernd aufzufallen und am Ende auf der geheimen Abschussliste des Chefs zu stehen. 

Eine Sorge, die aus meiner Erfahrung in den allermeisten Fällen völlig unbegründet ist. Wer hat als Chef schließlich kein Interesse daran, dass es seinen Mitarbeitern im Beruf gut geht, sie motiviert sind, gesund bleiben und für das Unternehmen wertschöpfende Leistungen erbringen? Falls du der Überzeugung bist, dass dein Chef sicher nicht zu dieser Sorte zählt, verweise ich auf "Tipp 2". 

Du bis der Chef deines Lebens! Wenn du erkannt hast, was du benötigst, um wieder mehr Freude im Beruf zu empfinden, dann übernimm die Verantwortung und arbeite Schritt für Schritt und in deinem Tempo daran, andere Rahmenbedingungen zu schaffen oder Veränderungen bei deinen Aufgaben zu realisieren. Sorge für Klarheit gegenüber deinem Chef oder den Kollegen, was du dir warum in Zukunft mehr, weniger oder anders wünschst und überlegt gemeinsam offen wertschätzend und unaufgeregt, welche Möglichkeiten es hierfür geben kann. 

Und falls du zu der Erkenntnis gelangst, dass du an diesem Job in diesem Unternehmen mit diesem Chef und diesen Kollegen niemals wieder Freude haben wirst, dann wird es Zeit, über einen Wechsel nachzudenken. Denn auch andere Arbeitgeber haben Jobs, die Freude machen.

Ich wünsche dir viel Spaß auf deinem Weg zu mehr Freude im Beruf – vorausgesetzt, du darfst es dir erlauben ;-)

* * * 

Wenn dir mein Beitrag Freude gemacht hat, dann freue ich mich über dein "Like". 

Wo stehst du auf der Freude-Skala und was ist dein Erfolgsrezept für mehr Freude im Beruf? Ich bin gespannt auf deine Sichtweise und Erfahrungen unten als Kommentar. 

Möchtest du in Zukunft über neue Artikel informiert werden, dann folge mir hier als XING Insider. Weitere Beiträge aus meinem Karriere-Blog findest du auf www.bernd-slaghuis.de.

Wer schreibt hier?

Dr. Bernd Slaghuis
Dr. Bernd Slaghuis

Karriere- und Business-Coach, Dr. Bernd Slaghuis

für Job & Karriere, berufliche Neurorientierung, Bewerbung

Karriere ist heute mehr als nur "höher, schneller, weiter". Seit 2011 habe ich über 1.800 Angestellte bei ihrem nächsten Schritt im Beruf begleitet. Von der Neuorientierung und Bewerbung bis zum Onboarding. Meine Erfahrungen teile ich hier als XING Insider, auf meinem Blog und als SPIEGEL-Kolumnist.
Mehr anzeigen