Fünf Technologietrends, auf die alle Führungskräfte in 2022 vorbereitet sein müssen
Die Covid-19-Pandemie wird sich auch 2022 noch auf unser Leben auswirken. Das bedeutet, dass sich die Digitalisierung und Virtualisierung der Unternehmen und der Gesellschaft weiterhin beschleunigt. Doch mit dem Beginn eines neuen Jahres werden andere globale Herausforderungen wie das Thema Nachhaltigkeit, das stetig wachsende Datenvolumen und die zunehmende Rechner- und Netzwerkgeschwindigkeit ihren Status als wichtigste Treiber der digitalen Transformation mit hoher Wahrscheinlichkeit zurückgewinnen.
Für viele Menschen und Organisationen war die wichtigste Lektion aus den vergangenen zwei Jahren, dass ein echter, tiefgreifender Wandel nicht so schwer umzusetzen ist wie man zunächst befürchtet hatte, sofern der Wille und die entsprechende Motivation vorhanden sind! Als Gesellschaft werden wir zweifellos unsere neugewonnene Offenheit für Flexibilität, Agilität und innovatives Denken beibehalten, während sich der Fokus vom bloßen Überleben auf Glück und Erfolg in einer veränderten Welt verlagert.
Es gibt einige spezifische Entwicklungen, die in den kommenden Jahren vermutlich prägenden Einfluss haben werden. Quantencomputer, neuronale Schnittstellen oder Nanotechnologie sind zweifellos ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt und ihre Auswirkungen an der Peripherie spürbar, sie sind jedoch nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit verortet. Die wichtigsten Trends des Jahres 2022 werden sich vermutlich auf die Konvergenz technologischer Entwicklungen konzentrieren, da inzwischen Tools Gestalt annehmen, die es uns erlauben, sie auf neue, verblüffende Weise zu kombinieren.
Die allumfassende Präsenz Künstlicher Intelligenz
Hinter dem Begriff „smart“ verbirgt sich in Wirklichkeit nur eine Vernetzung – bei Smartphones, Smart TVs und einer Vielzahl anderer Smart-Geräte handelt es sich nach wie vor um die althergebrachten „technischen Spielereien“, jedoch mit dem Internet verbunden. Heute versteht man unter „Smart“ zunehmend KI-getrieben – damit sind im Allgemeinen Machine Learning Algorithmen gemeint, die eigenständig lernen und uns auf innovative Weise bei unseren Aktivitäten unterstützen. Smarte Autos nutzen Gesichtserkennungs-Algorithmen, um festzustellen, ob wir uns voll auf die Straße konzentrieren, und uns warnen, wenn sich erste Anzeichen von Ermüdung bemerkbar machen. Smartphones arbeiten mit Algorithmen, die alle nur erdenklichen Aufgaben übernehmen, angefangen von der Qualitätssicherung bei Sprachanrufen bis hin zur Optimierung des Bildmaterials, das wir mit der eingebauten Kamera unseres Smartphones erzeugen, ganz zu schweigen von der Fülle und Vielfalt der Apps, die KI verwenden, um uns nahezu alle Tätigkeiten zu erleichtern. Sogar smarte Toiletten sind inzwischen im Anmarsch, die mit Hilfe von Computer Vision – der Verarbeitung und Analyse unterschiedlichster Bilder – Magen-Darm-Probleme erkennen und Stuhlproben analysieren können!
KI hat sich ihren Weg in sämtliche Geräte gebahnt, die bei unseren alltäglichen Aufgaben zum Einsatz kommen, gleich ob in Form der allgegenwärtigen Sprachassistenten, bei Sprachübersetzungen und Tools, die uns ermöglichen, strukturierte Daten aus Bildern, Whiteboard-Gekritzel und handgeschriebenen Notizen zu extrahieren. Sie treibt auch einen Großteil der Robotik-Prozessautomatisierung voran, die zur Arbeitsentlastung in Bereichen wie Administration, Logistik, Rechnungswesen und Personalwesen geführt hat. Ungeachtet der Branche oder Arbeitsaufgaben findet man überall KI-getriebene Lösungen, die darauf ausgerichtet sind, uns das Leben zu erleichtern.
Dieser breitgefächerte Trend, der Künstliche Intelligenz (KI), das Internet der Dinge (IoT) und die neuen superschnellen Netzwerke wie G5 einbezieht, bietet uns in dieser Kombination Optimierungschancen, die es vor ein paar Jahren noch nicht gab. Damit rückt die Tatsache ins Blickfeld, dass auf einer längeren Zeitleiste als derjenigen, die wir hier betrachten, die Konvergenz dieser technologischen Innovationen der wichtigste Entwicklungsaspekt sein wird. Die Verbindung von wachsendem Datenvolumen, schnelleren Netzwerken, zunehmender Prozessorgeschwindigkeit und einer „Demokratisierung“ der Daten wird Auswirkungen auf die Gesellschaft haben, die weit mehr sind als die Summe ihrer einzelnen Bestandteile.
Everything as a Service (EaaS) und die No-Code-Revolution
Eine weitere Antriebskraft, die zunehmend Fahrt aufnimmt, ist die fortlaufende Demokratisierung der Daten und Technologien. In den vergangenen Jahren hat sich eine ganze Industrie entwickelt, die darauf abzielt, Kompetenzen und Tools, die für die technologiegeführte Innovation unerlässlich sind, in die Hände eines möglichst großen Teils der Gesellschaft zu geben, ungeachtet ihrer Expertise oder Erfahrungen. Cloud-Lösungen für die Datenspeicherung, Datenverarbeitung und Nutzung von Netzwerkleistungen haben die Kosten und Risiken im Zusammenhang mit der Einführung teurer Infrastrukturen für die Erprobung neuer Ideen erheblich gemindert. Hybride Modelle – wenn die öffentlich zugänglichen Cloud-Dienste nicht angemessen sind, beispielsweise im Umgang mit privaten oder sensiblen Daten – haben inzwischen einen Reifegrad erreicht, bei dem „Das Beste beider Welten“ oft eine annehmbare Alternative darstellen.
Die Innovation wurde in manchen Bereichen durch die Kompetenzkrise ausgebremst, was nach Problem klingt, sich in Wirklichkeit aber als Triebkraft hinter der explosiven Verbreitung von Self Service- und „Do-it-yourself“-Lösungen entpuppt hat. Nicht jedes Unternehmen muss ein ganzes Heer von Computer-Genies auf die Gehaltsliste setzen, um ein firmeneigenes „digitales Powerzentrum“ aufzubauen, wenn die Möglichkeit besteht, es als Servicemodell für ein gerade anfallendes Projekt zu leasen. Vorkonfigurierte KI-Lösungen gibt es bereits für alle erdenklichen Aufgabenbereiche, gleich ob Marketing, Personalwesen, Projektmanagement oder Planung und Design von Produktionsprozessen. Auch im Jahre 2022 werden Unternehmen mit Sicherheit die KI- und IoT-Infrastrukturen nutzen, ohne über einen einzigen eigenen Server oder auch nur das Teilstück eines proprietären, sprich herstellergebundenen kognitiven Codes zu verfügen (der sich übersetzen und kommunizieren lässt).
No-Code-Schnittstellen werden an Beliebtheit gewinnen, sobald der Mangel an Programmierkompetenz oder detailliertem Verständnis der Statistiken und Datenstrukturen nicht länger eine Barriere für die Verwirklichung einer weltverändernden Idee darstellt. Open KI, eine von Elon Musk gegründete und gemeinsam mit anderen Unternehmen wie Microsoft finanzierte Forschungsgruppe, enthüllte unlängst ein Programmiermodell namens Codex, das einen Code aus der natürlichen menschlichen Sprache erzeugen kann. Wenn Technologien wie diese heranreifen – wie wir 2022 sehen werden – und sich mit den Möglichkeiten verbinden, die von der Cloud-Infrastruktur geboten werden, wird unsere Innovations- und Vorstellungskraft seltener durch mangelnde Ressourcen oder technologische Kompetenz eingeschränkt werden.
Digitalisierung, Datafizierung und Virtualisierung
2020 und 2021 haben viele von uns die Virtualisierung von Büros und Arbeitsplätzen erlebt, als binnen kürzester Zeit Arrangements wie Remote Work, sprich Arbeit, die an jedem beliebigen Ort stattfinden kann, Fuß fassten. Hier handelt es sich um einen längerfristigen Trend, der während der Corona-Krise einen Aufstieg erlebte. 2022 werden wir zunehmend mit dem Konzept eines „Metaversums“ vertraut, persistenten digitalen Parallelwelten zur physischen Welt, in der wir leben. Innerhalb dieser Metaversen – wie das von Facebook-Gründer Marc Zuckerberg angedachte – werden viele Aktivitäten stattfinden, die derzeit noch weitgehend in der realen Welt verwurzelt sind, wie arbeiten, spielen oder Freunde und Kollegen treffen. Mit zunehmender Digitalisierung werden diese Metaversen die reale Welt mit immer größerer Präzision modellieren und simulieren, was uns Erlebnisse in der digitalen Welt ermöglicht, die immersiver, überzeugender und schlussendlich nützlich sind. Viele von uns haben immersive virtuelle Realitäten bereits via Headset kennengelernt, doch mit Sicherheit wird eine Reihe neuer Geräte auf den Markt kommen, die diese Erfahrung durch taktile Rückmeldungen und sogar Geruchswahrnehmung erheblich bereichern. Die schwedische Firma Ericsson, die ihre Mitarbeiter im Homeoffice während der Pandemie mit Headsets ausgestattet hat, arbeitet an der Entwicklung eines „Internets der Sinne“ und ist überzeugt, dass bis 2030 virtuelle Erfahrungen verfügbar sein werden, die sich von der Realität nicht mehr unterscheiden lassen. Ohne den Blick zu weit in die Zukunft zu richten, kann man davon ausgehen, dass es nicht nur einen neuen Matrix-Film geben wird, sondern die Möglichkeit, 2022 in diese Matrix einzutauchen, zweifellos einen Schritt näher rückt.
Transparenz, Steuerungs- und Regelungssysteme und Verantwortlichkeit
Damit die Technologie ihr Potenzial voll entfalten kann, müssen wir Menschen in der Lage sein, ihr zu vertrauen. Schon jetzt machen sich (zu Recht) starke Vorbehalte gegen viele der Möglichkeiten bemerkbar, Technologien zu nutzen, die als aufdringlich, risikobehaftet oder unverantwortlich betrachtet werden. Insbesondere die KI wird bisweilen als „Black Box“ beschrieben – was bedeutet, dass wir keinen Blick in die innere Struktur werfen können, um uns ein Bild von ihrem Aufbau und ihrer Funktionsweise machen zu können. Das ist oftmals eher der Komplexität als einer böswilligen Strategie geschuldet, unsere Kenntnisse gezielt zu begrenzen, doch der Effekt ist derselbe. Das hat zur Folge, dass Fälle, in denen die KI nachweislich Schaden anrichtet, aufhorchen lassen – wenn Facebook beispielsweise einen Film, in dem schwarze Menschen zu sehen sind, als „Video über Primaten“ einzuordnen scheint. Das gilt vor allem in einer Gesellschaft, die darauf zu hoffen beginnt, dass die KI lebenswichtige Entscheidungsprozesse unterstützt, beispielsweise die Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern.
Der Gedanke, dass KI transparent und erklärbar sein sollte, hat im Lauf der letzten Jahre an Beliebtheit gewonnen, seit offenkundig wurde, dass einige Segmente der Gesellschaft ihr misstrauen – und das aus gutem Grund! Auch auf Regierungsebene hat man inzwischen begriffen, dass es eines regulatorischen Rahmenwerks bedarf, wie der Entwurf des sogenannten Artificial Intelligence Act, einer Verordnung zur Regulierung der Nutzung von KI, seitens der EU-Kommission belegt. Sie verbietet Behörden, Ki für den Aufbau eines sogenannten Sozialkredit-Systems einzusetzen, das die Vertrauenswürdigkeit einer Person anhand ihres Sozialverhaltens bewertet, oder Gesichtserkennungstools im öffentlichen Raum zu installieren. Darüber hinaus wurde eine Liste mit potenziell bedrohlichen Auswirkungen der KI erstellt, unter anderem „die Ausbeutung von Verletzlichkeiten“ und „die Verursachung physischer oder psychischer Schäden“, die ein Anbieter von KI-Lösungen nachweislich ausschließen muss, bevor sie in den Verkauf gelangen. Für einige sind diese Leitlinien in ihrem derzeitigen Entwicklungsstand jedoch nicht weit genug gefasst, weil gesetzliche Bestimmungen darüber fehlen, dass Menschen informiert werden müssen, wenn sie Gegenstand von KI-getriebenen Entscheidungsprozessen werden. Sundar Pichai, CEO von Google, erklärte, er sei zwar der Meinung, dass eine gesetzliche Regulierung der KI notwendig sei, doch ein „Gleichgewicht angestrebt werden müsse“, um zu gewährleisten, dass die Innovation nicht abgewürgt wird. Diese Gratwanderung wird 2022 vermutlich zunehmend in den Brennpunkt des öffentlichen Diskurses rücken, wenn immer mehr Menschen auf die potenziell positiven und negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft aufmerksam werden, die KI und andere Technologietrends zugeschrieben werden.
Nachhaltige Energielösungen
Während der Pandemie hatten die regenerativen Energien als einzige Energieform einen Nutzungszuwachs zu verzeichnen. In den USA stieg er während der ersten zehn Wochen des Lockdowns um 40 Prozent. Die Nutzung der nicht-erneuerbaren Energieformen war weltweit rückläufig, da viele Sektoren der Wirtschaft dichtmachten und die Leute zu Hause blieben, was eine Emissionsminderung von 98 Prozent zur Folge hatte. Das führte wiederum zu der Erwartung, dass sich die Investition in die Energieerzeugung aus erneuerbaren Ressourcen in den kommenden Jahren erhöhen wird.
Die Internationale Energieagentur (IEA) geht davon aus, dass 2020 im Vergleich zum Vorjahr 40 Prozent mehr Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugt und genutzt wurde, und sagt voraus, dass sich dieser Wachstumstrend 2021 und 2022 ungebrochen fortsetzen wird. Die Kosten der Energieerzeugung aus verschiedenen regenerativen Quellen, einschließlich Onshore- und Offshore-Windkraft, Solar und Gezeitenenergie, sanken insgesamt um sieben bis sechzehn Prozent. Das wird sich als große Hilfe für Länder und Unternehmen erweisen, die sich bemühen, die Emissionsziele zu erreichen, beispielsweise Co2- neutral oder sogar CO2-negativ zu werden. Dazu kommt, dass vielversprechende neue Energiequellen wie Biokraftstoffe, Flüssigwasserstoff und Energie aus kontrollierter Kernspaltung zukunftsfähig werden, auch wenn wir ihre volle Auswirkung erst nach 2022 zu spüren bekommen. Doch die Durchbrüche in all diesen Bereichen werden gewiss für Schlagzeilen sorgen. Helion Energy – ein Pionier auf dem Gebiet der Fusionsforschung, der den Prozess der Sonnenenergie-Entstehung (durch Kernfusion) nachbildet – geht davon aus, dass der neueste Prototyp seines Kernfusionsreaktors 2022 online gehen wird. Mit praktischen Anwendungen ist auch im Bereich der Energieerzeugung aus „grünem Wasserstoff“ zu rechnen. Im Gegensatz zu den etablierten Prozessen der Energieerzeugung aus Wasserstoff, der große Mengen „schmutziger“ fossiler Brennstoffe für die Elektrolyse erfordert, bei der Wasserstoff und Sauerstoff getrennt werden, kommt hier erneuerbare Energie zum Einsatz, sodass sich die Auswirkungen auf die Umwelt merklich verringern.
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