Burger allein sind noch lange kein Gift für den Körper! - Copyright: Getty Images

Gesünder leben: Warum gute Vorsätze sinnlos sind

Wer gesund leben will, sollte viel Sport machen, mit dem Rauchen aufhören und auf Süßigkeiten verzichten, heißt es oft. Warum das alles Schwachsinn ist und ich am Wochenende auch gern mal zum Wein greife.

Jahrelang wusste ich nichts über Ernährung. Ich komme aus einem Dorf, da isst man, was auf den Teller kommt und was der Supermarkt gerade im Angebot hat. Wenn ich einkaufen war, habe ich mir einfach das gegriffen, was auf Augenhöhe stand und tatsächlich gedacht, Cola light wäre gesund. Zum Glück kann der menschliche Körper einiges ab, aber die Quittung kommt trotzdem irgendwann.

Ich habe viele Jahre so weiter gemacht und wenig hinterfragt, bis mein Körper irgendwann signalisierte: Junge, so geht’s nicht weiter! Mein Gesicht war voller Akne, ich vertrug bestimmte Lebensmittel nicht mehr und konnte auf dem Platz nicht mehr die Leistung bringen, die ich als Fußballer von mir gewohnt war. Hätten mir meine Ärzte nicht gesagt, dass meine Probleme wahrscheinlich von dem ganzen Mist kommen, den ich jeden Tag in mich reinschaufle und hätte ich meine Ernährung danach nicht radikal umgestellt, hätte ich wahrscheinlich ewig so weitergemacht und bloß Tabletten geschluckt in der Hoffnung, Hautbild und Leistung würden sich damit in den Griff kriegen lassen.

Tatsache aber ist – und das musste auch ich erst lernen: der Mensch braucht nicht immer Tabletten, keine Nahrungsergänzungsmittel oder übermäßig viel Sport, um zur besten Version seiner selbst zu werden. Es gibt keine universellen Abnehm-Tipps, wie sie gern in Zeitschriften beworben werden, oder die ultimative Wahrheit, welche Lebensmittel gut für einen sind oder welche man am besten meidet. Denn Fakt ist: jeder Körper reagiert anders auf externe Einflüsse und es wird nie ein allgemeingültiges Rezept für uns alle geben. Problem ist nur: genau das glauben alle.

Wir leben im Überfluss

Als meine Akne nach der Pubertät immer schlimmer wurde, war klar: ich muss zum Hautarzt. Ich habe Cremes bekommen und Tabletten, die gängige Therapie eben, um die Beschwerden zu lindern, aber die Ursache war damit noch lange nicht gefunden. Weil ich von den Medikamenten nicht überzeugt war, und die Fortschritte mager waren, habe ich tiefer gegraben und mich für eine Blutanalyse entschieden. Das hat mich zwar ein paar Euro gekostet, aber immerhin war danach endlich klar, warum mein Körper so rebelliert: im Gegensatz zu den meisten vertrage ich weder Laktose noch Gluten. Und die Akne war das Signal meines Körpers, dass ich an meiner Ernährung dringend etwas ändern muss.

An jeder Ecke: Pommes, Pizza, Burger - Copyright: Getty Images
An jeder Ecke: Pommes, Pizza, Burger - Copyright: Getty Images

Ich war froh, dass ich endlich wusste, was los ist. Natürlich war es nicht einfach, mein Essverhalten von heute auf morgen umzustellen, denn seien wir mal ehrlich: wir Deutschen leben im Überfluss. An jeder Ecke gibt es Pizza, Pasta und Bäckereien und das Croissant zwischendurch gönnen wir uns doch gern, wenn der Alltag mal wieder zu stressig ist und keine Zeit bleibt für gesunde Ernährung. Genau dieser Lebensstil aber führt dazu, dass inzwischen jeder dritte, vielleicht sogar jeder zweite Deutsche zu dick ist und wir den Genuss unseres Essens komplett verlernt haben.

Nach dem Essen erstmal auf die Couch

Um eins direkt klarzustellen: das eine Croissant zum Frühstück oder die leckere Pizza am Abend ist natürlich nicht der Grund, warum viele Deutsche zu viel auf die Waage bringen oder einen viel zu hohen Cholesterinspiegel haben. Denn grundsätzlich sind einige Lebensmittel zwar besser als andere, aber eigentlich ist nichts tabu. Der Grund, weshalb trotzdem so viele Menschen übergewichtig sind, ist, dass viele das gesunde Maß verloren haben und ihr Belohnungssystem nicht mehr richtig funktioniert. Und dann passiert es, dass in der Woche gefühlt schon zu viel Wochenende ist.

Ich gönne mir ja auch mal meinen Vino, oder zwei, esse meine Pizza und danach noch einen Nachtisch. Und da freue ich mich schon unter der Woche drauf, weil ich mich maßregele, um am Wochenende mal zuschlagen zu dürfen. Einmal ist nämlich wirklich keinmal und das stimmt auch, solange man sich daranhält und nicht schon dienstags sagt: „Ach komm, egal. Ich hole mir jetzt einfach das vertrocknete Käsebrötchen, das schon seit drei Stunden in der Vitrine liegt“

Natürlich ist dieses Verhalten bequem und ich muss mich auch manchmal zurückhalten und wenn dann der Heißhunger trotzdem kommt, na dann ess ich eben einen Brownie oder ein Stück Kuchen – aber aus gesunden Zutaten. Viele Menschen denken ja, dass alle Süßigkeiten schlecht sind und verzichten dann direkt auf alles. Aber das ist zum Scheitern verurteilt, weil wir Menschen anders gestrickt sind. Klar mögen wir Süßes, schon evolutionsbedingt, aber warum nicht den gesunden Brownie aus hochwertigen Zutaten nehmen, mit Nüssen und Bitterschokolade, statt die Gummibärchen aus der Tüte?

Copyright: Getty Images
Copyright: Getty Images

Wer nämlich andauernd die Gummibärchen wählt, und das Croissant zwischendurch und dann noch die Pasta mit Sahnesauce am Abend, der muss sich nicht wundern, wenn die Energie fehlt und der Körper auf Sparflamme stellt. Wir fahren doch auch nicht mit unseren Autos zur Tankstelle, um aufzutanken und dann erstmal eine Stunde am Rand stehen bleiben zu müssen, aber genauso verhalten wir uns. Für viele ist es nach wie vor normal, sich nach dem Essen erstmal eine Runde auf die Couch zu legen, weil sie so voll sind, dass gerade nichts anderes möglich ist. Und genau diese Denke und dieser Zustand ist fatal, weil das Essen seinen Zweck verfehlt.

Es gibt keinen Masterplan

Wir brauchen endlich wieder ein gesundes Maß. Wir brauchen Selbstkontrolle und Disziplin, was nicht heißt, dass wir auf Ungesundes komplett verzichten müssen. Ich fahre doch auch ab und an zu dem Burgerladen mit dem gelben M, aber eben nur alle zwei Monate, weil ich weiß, dass ich meinem Körper damit keinen Gefallen tue. Und trotzdem brauche ich es, genauso wie mein Glas Wein am Wochenende, auch wenn viele sagen würden, Alkohol ist schädlich. Das ist er ja auch, aber es geht nicht immer nur Verbote, sondern vor allem um das Zusammenspiel zwischen Körper und Seele und um den entspannten Abend mit Freunden beim Italiener, den wir alle so lieben. Und ob’s dann mal drei Gläser zu viel waren, ja mein Gott. Da passiert doch nichts, außer dass wir am nächsten Morgen sagen: Mensch, war das ein schöner Abend.

Statt immer nur in schwarz oder weiß, erlaubt oder verboten, zu denken, sollten wir uns lieber unsere eigenen Regeln definieren, die wirklich zu uns passen. Natürlich gibt es da draußen Faustformeln wie „mindestens 1x die Woche Fisch“, „so wenig Kohlenhydrate wie möglich“ oder „drei Portionen Obst am Tag“. Aber weißt du, ob dein Körper das genauso sieht? Vielleicht verträgt dein Körper ja gar keine Fruktose und jedes Stück Apfel bringt deinen Körper mehr aus dem Gleichgewicht. Vielleicht hast du eine Allergie gegen Fisch und solltest das Eiweiß und die gesunden Fette deshalb lieber mit anderen Lebensmitteln kompensieren?

Manche Raucher leben gesünder als Hochleistungssportler!

Was ich damit sagen will: Ernährung ist absolut individuell und es gibt keinen Masterplan für einen gesunden Körper. Manche Menschen, die sich ihr Leben lang gut ernährt haben, sterben vielleicht trotzdem mit Mitte 50, während einige Kettenraucher über 90 Jahre werden. Weil die ihr Leben mit Genuss gelebt haben und dadurch vielleicht sorgenfreier waren als der akkurate Ernährungsfanatiker, der auch beim Sport immer alles gegeben hat und jede Woche 6x mal um die Alster gejoggt ist, morgens um 5 Uhr, obwohl sein Körper einfach mal Ruhe gebraucht hätte.

Ich weiß, wofür ich es tue

Natürlich ist Sport gesund, aber auch das nur in Maßen. Lieber nur zwei bis drei Mal in der Woche joggen, sich dafür aber 80 Prozent der Zeit gut und gesund ernähren. Und vor allem: kauen! Viele Menschen schlingen ihre Mahlzeiten nur so herunter, als ob sie gerade das erste Mal in der Woche ihr Gnu gefangen hätten und verhungern würden, wenn sie das nicht innerhalb von fünf Minuten verspeisen. Und nein, das soll keine Kritik sein, weil ich weiß, wie knapp die Zeit oft ist und ich mich selber viel zu häufig dabei ertappe, wie ich das Essen einfach nur herunterschlinge. Wenn aber dadurch so viel Energie verloren geht, weil der Magen die doppelte Arbeit machen muss und keine Kraft mehr für anderes hat, sollte man vielleicht anfangen, das eigene Verhalten mal zu hinterfragen.

Denn genau darum geht es: wieder ein Gefühl zu bekommen, was dem eigenen Körper guttut. Nicht grundsätzlich auf Chips zu verzichten oder auf die Zigarette, sondern sich lieber einen Werkzeugkasten aufbauen, mit kleinen Hilfsmitten, die einen durch den Alltag manövrieren. Vielleicht mal einen Bluttest machen, der genau zeigt, was man verträgt und was nicht. Spaß haben am Ausprobieren, sich informieren und sich vor allem Zeit lassen – und nicht verkrampfen. Viel zu viele wollen von heute auf morgen abnehmen oder den Cholesterinspiegel senken und sind dann enttäuscht, wenn es nicht innerhalb von einer Woche funktioniert. Dass es einfach und schnell geht, hat doch keiner gesagt. Es braucht Disziplin, um aus seinen Mustern und Schubladen auszubrechen. Aber es lohnt sich und das weiß ich, weil ich es selbst erlebt habe.

Kurz nach meiner Diagnose habe ich einige Zeit auf Laktose verzichtet und begonnen, mich glutenfrei zu ernähren. Seitdem hat sich mein Leben komplett verändert, und das obwohl ich beides inzwischen wieder in Maßen zu mir nehmen kann. Schon nach den ersten sechs Monaten war meine Akne deutlich besser und ich hatte meine Energie von früher zurück. Natürlich heißt das nicht, dass Gluten und Milchzucker grundsätzlich schlecht sind, aber ich vertrage es eben nicht gut und das habe ich akzeptiert. Weil ich weiß, wofür ich es tue. Und dafür tue ich es gern.

Marcell Jansen schreibt über Sport, Lifestyle, Health Management

Marcell Jansen war zwölf Jahre Bundesliga- und Nationalspieler, bis er seine Karriere mit 29 Jahren beendete. Parallel zu seiner Laufbahn als Profi-Fußballer gründete er mit 21 Jahren seine erste Firma. Inzwischen hält er Beteiligungen an mindestens fünf Unternehmen im Sport- und Lifestyle-Bereich.

Artikelsammlung ansehen