Gewinn mit Sinn: Welche Rolle spielen Emotionen und Nachhaltigkeit bei Kaufentscheidungen?
Unternehmen, die ein besseres Verständnis von Verhaltensweisen der Konsumenten erhalten möchten, nutzen seit Jahren Ansätze des Neuromarketings, um Rückschlüsse über die Hintergründe von Kaufentscheidungen zu bekommen. Sie beschäftigen sich mit der Frage, wie das menschliche Gehirn funktioniert, oder wie und warum Kunden entsprechend handeln. Es ist erwiesen, dass Kaufentscheidungen zu 70 bis 80 Prozent unbewusst getroffen werden. Viele subtile Botschaften wie Körperhaltung, Geruch, Gesichtsausdruck und Sprachstil des Verkaufspersonals sind ebenfalls Einflussfaktoren. Auch das Outfit, die Produktform, die Anordnung und Haptik erreichen das „Gefühlssystem“ im Gehirn.
Häcker Küchen hat die wichtigsten „Vertriebstipps Emotionen“ zusammengefasst, die hier verkürzt wiedergegeben werden:
Der Haloeffekt:
Ein Produkt mit Gütesiegel halten Kunden automatisch für umweltfreundlich, gesund oder hochwertig. Der Haloeffekt führt dazu, von markanten Eigenschaften auf andere, nicht bekannte Eigenschaften zu schließen. Nachhaltigkeitssiegel können Türöffner sein.
Der Commitmenteffekt:
Einmal getroffene Entscheidungen werden nur schwer wieder revidiert. Der Mensch ist bestrebt, konsequent zu sein.
Der Knappheitseffekt:
Auch der Zeitfaktor kann ein Angebot aufwerten. Viele Angebote werden künstlich „verknappt“ Die Angst, eine Gelegenheit zu verpassen, setzt Menschen unter Druck und lässt sie schneller reagieren.
Der Autoritätseffekt:
Die Empfehlung einer Autoritätsperson (Experten) zeigt Wirkung.
Der Wie-du-mir-so-ich-dir-Effekt:
Wenn uns jemand etwas Gutes tut, haben wir das Gefühl, in dessen Schuld zu stehen, denn unser Gehirn denkt wie eine Waage und ist ständig um Ausgleich bemüht
Der Relativitätseffekt:
„Ein Kunde hat die Wahl zwischen zwei sehr ähnlichen Küchen zu 8000 € und 9000 €, wobei er 9000 € eigentlich als zu teuer empfindet. Ein zusätzliches Angebot von 11.000 € für eine marginal erweiterte Küche lässt dann den PPreis von 9.000 € als die gefühlt beste Lösung erscheinen. Untersuchungen haben gezeigt, dass Menschen oft die mittlere Option wählen.“ (Quelle: Kitchen Stories 20/2020).
Wichtig ist auch, dass Unternehmen ihren Kunden etwas Besonderes bieten - neben Exklusivität, Servicequalität, Zeit- und Geldersparnis auch Nachhaltigkeit und "Erinnerungswerte" (z.B. Erlebnisse oder Geschichten, die beim Kunden hängenbleiben).
Hier gilt: "Facts tell, stories sell" (Hermann Scherer).
Das nutzt beispielsweise auch der Küchenhersteller in Rödinghausen, indem Räume der Nachhaltigkeit geschaffen werden, die Geschichten des eigenen Nachhaltigkeitsengagements erzählen und auf Themen außerhalb des eigenen Kerngeschäfts aufmerksam machen wie Insektenschutz. Das Unternehmen ist sich auch bewusst, dass, wer begreifbare Waren verkaufen will, auch den Vorteil des physisch Vorhandenen nutzen und Kunden begreifen lassen sollte. Das ist heute eine enorme Herausforderung für Unternehmen: den Sinn des eigenen Tuns greifbar zu machen. Denn Konsumenten kaufen, nach Meinung des internationalen Marketingexperten Simon Sinek, meist nicht vornehmlich aus rein analytischen Gründen wie Preis, Qualität oder Extras – ihre entscheidende Motivation steckt im Wesen des anbietenden Unternehmens: Wird eine Marke oder ein Unternehmen nach dem Golden Circle positioniert und setzt das Warum in den Fokus, gibt dies dem Konsumenten Sinn und Wahrhaftigkeit. Auch eine Nachhaltigkeitsstrategie, die im Kerngeschäft verankert sein sollte, bildet eine stabile Basis.
Weiterführende Informationen:
Die ganze Wahrheit: Warum wir unserer Nase wieder mehr vertrauen sollten
Sandra Aamodt und Samuel Wang: Welcome to Your Brain. Ein respektloser Führer durch die Welt unseres Gehirns. Verlag C.H. Beck, München 2008.
Lars Breder: Retten statt reden. Was Unternehmen tun, die aus Tradition verantwortungsvoll sind. In: Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.
DAS WILL ICH. In: WORK. In: Kitchen Stories. Hg. von Häcker Küchen Nr. 20 (Dezember 2020), S. 16-17.
Gisela Rehm: Nachhaltigkeit braucht Markenkraft. In: Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020, S. 223-235.