Glaube und Intuition: Eine Annäherung an Jürgen Klopp
Herkunft und Ankunft
Jürgen Klopp ist kein kalter Techniker, sondern ein Fußballtrainer, der Emotionen zeigt, auf seine Intuition hört, Menschen berührt und weiß, wie man sie bewegt, auch wenn es mal nicht so läuft. Zu seinen wichtigsten Erfolgsfaktoren gehören:
realistische Bewertung der eigenen Fähigkeiten
Zusammenarbeit mit den besten Experten
präzise Analyse der der eigenen Schwächen und der Schwachstellen des Vereins
Begeisterung und Lust aufs Gewinnen
Hunger auf das Unverwechselbare
Mut für harte Entscheidungen
Einstehen für die Konsequenzen des eigenen Handelns.
Klopp ist einer aus der Mitte der Gesellschaft. Er beschreibt sich selbst als „I am the normal one“. Sein Vater arbeitete für Fischer Dübel – und sein Firmenwagen war ein Opel. Bereits seit August 2012 sind Opel und Jürgen Klopp partnerschaftlich verbunden. Der frühere Mainz 05- und Borussia Dortmund-Coach, der im Oktober 2015 nach Liverpool wechselte, war in dieser Zeit in 17 TV-Spots und zu vielen weiteren Engagements für die Marke im Einsatz. Der Hauptspot der damaligen Kampagne lautete: „Es gibt einen neuen Führungsstil. Sie hat Autorität – aber ist nicht autoritär. Sie hat Kalkül – und hört auf ihr Gefühl. Sie geht voran – und nimmt alle mit.“
Der Einfluss des „Chefs“
Die Markenexpertin Tina Müller setzte mit Jürgen Klopp damals an eine Entwicklung ohne Brüche an, denn Opel, Fußball und echte Typen gehören zur Unternehmensgeschichte: So ist mit Opel auch der Name Sepp Herberger untrennbar verbunden. Der 1897 im Mannheimer Stadtteil Waldhof geborene Arbeitersohn führte die deutsche Nationalelf 1954 zum Wunder von Bern. Für Jürgen Klopp und Sepp Herberger gab (und gibt) es keine Trennung zwischen dem Spielfeld und dem Leben außerhalb des Platzes. Charakter und Haltung sind das innere Band, das auch viele Klopp-Statements prägt, die sich häufig auf das WM-Endspiel 1954 beziehen: "Er wird auch nicht gesagt haben, dass er sich ganz sicher ist, dass Deutschland gewinnt. Aber er hat an die Chance geglaubt."
Am Spielfeldrand war Herberger so konzentriert, bis er vor Erschöpfung grau wurde - auch ein Zeichen dafür, dass Verantwortung tragen für ihn bedeutete, wie Jürgen Klopp bis an die eigene Substanz zu gehen und mit jeder Faser ganz bei der Sache zu sein. Er blieb nicht nur am Ball, sondern auch ein echter Kerl, von dem sich lernen lässt, dass Aufsteigen leichter ist als oben bleiben, dass die Qualität der einzelnen Spieler jedem noch so ausgeklügelten System vorzuziehen ist, dass sich erst nach etwa zehn oder zwölf Spielen herausstellt, ob jemand für die Nationalmannschaft wirklich taugt oder nicht, dass ein Trainer keine Befehle erteilen sollte, sondern die Spieler von der Richtigkeit des vorgezeichneten Weges zu überzeugen hat, dass für den einen nicht passen muss, was für den anderen gut ist und schließlich: gelassen im Sieg und unberührt in der Niederlage zu bleiben.
Beide stehen für eine bodenständige Identität, die nicht durch PR-Berater glattgebügelt und manipuliert wurde. Herberger und Klopp verkörpern aber auch Instinktsicherheit und innere Zielgerichtetheit: Menschen wie sie haben eine konkrete Vorstellung von dem, wo es hingeht und können andere emotional bewegen, indem sie ihnen deutlich machen, dass die angestrebten Ziele es wert sind, sich für sie einzusetzen. Sie brennen für ihre Sache und sind deshalb leidenschaftliche Feuermacher, die echte Liebe entfachen und sich ins menschliche Gedächtnis einbrennen, weil es ihnen gelingt, mit unvergesslichen Momenten zu überraschen und zu berühren.
Die Führungsphilosophie des deutschen Trainers des FC Liverpool, mit der er den FC Liverpool zum Champions League Sieg und zur englischen Meisterschaft nach langen 30 Jahren geführt hat, ist beispielhaft. Er steigerte den Wert des Kaders vom FC Liverpool von 2015 bis 2019 von 325 Millionen auf 1,2 Milliarden Euro – plus 269 Prozent. Jürgen Klopp ist es gelungen, Vertrauen bei dreißig Fußballspielern aus siebzehn verschiedenen Nationen aufzubauen. Er erträgt nur Spieler mit gutem Charakter: „Keine Stinkstiefel, keine Alpha-Kotzbrocken. Das war schon immer so“. Freundschaft verbindet Klopp mit Treue und Qualität, mit Klasse statt Masse. Vielleicht werden überschaubare Freundschaften mit ihrer besonderen Qualität vor allem von Menschen gepflegt, die immer auch große Ziele im Auge haben und wissen, dass sie es nur erreichen können, wenn sich die Energien von gleichgesinnten, leidenschaftlichen und gesellschaftlich engagierten Menschen bündeln und sich der Fokus jedes Einzelnen überlagert.
Jürgen Klopp ist aber auch Christ, zu dem der Glaube irgendwann kam.
Er führt ihn wie sein Instinkt durchs Leben und ist seine „Leitlinie und Reißleine“. 2017 war er Botschafter für das Reformationsjubiläum. Er sei zwar nicht erleuchtet worden, habe aber früh erkannt, dass er mit Gott jemanden habe, auf den er sich verlassen kann: „Und ich möchte gerne, dass das auch umgekehrt so gesehen wird. Ich bin dabei allerdings weitaus schwächer und nicht immer dieser verlässliche Partner. Aber von Gottes Seite ist es eine absolut verlässliche Partnerschaft. Und das ist absolut top.“
Weiterführende Informationen:
Dahlkamp J (2015) Hasen mit Wampe. In: DER SPIEGEL 5 (2015), S. 100-103. Hier: S. 102.
Dausend P (2014) Der Feind in meiner Brust. In. DIE ZEIT 16 (10.4.2014), S. 22.
Fröhlich D und Wermke C (2016) Jürgen Klopp. Abpfiff. In: Handelsblatt (16.4.2016), S. 46
Hildebrandt A (2026) Richtungswechsel: Warum echte Könner wie Tina Müller und Jürgen Klopp immer wieder umparken. Kindle Ausgabe.
Klopp J (2016) Der Jürgen hinter Klopp. In: chrismon spezial 2016, S. 6 f.
Müller (2016) „Provokanter, kantiger, mutiger“. Tina Müller: Die Marketingchefin von Opel über Spaß an Elektroautos, neue Fahrdienste und Lehren aus dem Dieselskandal. In: WirtschaftsWoche 34 (19.8.2016), S. 44 f.
Neßhöver C (2020): Kaderschmieden. In: manager magazin (Oktober 2020), S. 23.
Neumann und Klopp (2014) „Zweifel will niemand hören“. Opel-Chef Karl-Thomas Neumann und BVB-Trainer Jürgen Klopp über Show und Substanz. In: manager magazin 10 (2014), S. 74-78.
Watzke (2012) „Fußball lebt von verbliebener Portion Romantik“. Interview mit Hans Joachim Watzke. In: absatzwirtschaft – Marken 2012, S. 88.