Ausschnitt Goethe: Öl auf Leinwand, 1828 von Joseph Stieler - Archiv für Kunst und Geschichte AKG

Goethes Aktualität: Globale Fragen erfordern globale Antworten

Goethe vereinte in sich einen unermesslichen geistigen Reichtum, schöpferische Kraft und Lebensklugheit, und er sah die Erscheinung der Dinge in ihren Zusammenhängen.

Noch heute ist er so etwas wie ein Superkleber für eine auseinanderdriftende Gesellschaft. Seine intellektuelle Haltung reicht über den „engen Horizont nationaler Schranken und regionaler Partikular-Interessen“ (Andreas Rumler) hinaus. Von Goethe lässt sich konkretes Handeln und die ganzheitliche Betrachtung der Dinge lernen, die eine Grundvoraussetzung für ein gutes Leben und nachhaltiges Wirtschaften ist.

Auch Manager finden viele Parallelen bei Goethe, der in Weimar häufig gute Miene zu bürokratischen Entscheidungen im Geheimen Consilium mache musste. Auch gehörte er zu den kritischen Beobachtern, die ihr Unbehagen an der Rastlosigkeit des Menschen äußerten. Die Lebhaftigkeit des Handelns, das Durchrauschen des Papiergeldes, das Anwachsen der Schulden, um Schulden zu bezahlen, die wachsende Mobilität – all das trieb ihn um und ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Die hektische Betriebsamkeit seiner Zeit beschäftigte ihn u. a. in seinen „Maximen und Reflexionen“.

Andreas Rumler belegt in seiner kurzen, aber lesenswerten Goethe-Biographie, dass er uns nicht nur in Bezug auf Menschheitsprobleme Anregungen geben kann: „Abgesehen vom finanziellen Schaden empörte ihn, dass Nachdrucke häufig falsch und verunstaltet erschienen.“ Er belegt auch, dass seine Texte nichts an Aktualität verloren haben (sein „Zauberlehrling“ erinnert an die Folgen der Gen-Technologie oder atomare Atomtechnik). Wir sind Faust! Dem äußeren Klimawandel entspricht ein Klimasturm im Innern, weil die Beziehung der menschlichen Natur zur Natur abgerissen ist.

Noch im hohen Alter strebte Goethe danach, täglich anderes zu denken.

Er war davon überzeugt, dass man sich ständig verändern, erneuen und verjüngen müsse, um nicht zu „verstocken.“ Goethe blieb neugierig, begeisterungsfähig und lernbereit. Noch in seinem letzten Lebensjahr war er bis zuletzt unermüdlich tätig. Abschluss suchte der Meister immer im Einzelnen, doch konnte er mit der Vorstellung, dass das Leben erst am Ende zu seiner Vollendung kommt, nichts anfangen. Das, was auf ihn einwirkte, hat er sich stets anverwandelt und weitergedacht. Nur durch das, was von außen kam, konnte er sich selbst verstehen und innerlich sammeln.

Was wir heute brauchen, ist auch innere Klarheit, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Auch diesbezüglich lässt sich von Goethe lernen: In turbulenten Zeiten hat er niemals den Überblick verloren und spottete zuweilen über Menschen, die urteilsfroh, aber nicht urteilsstark sind.

Weiterführende Literatur:

Andreas Rumler: Johann Wolfgang Goethe. Dichter – Staatsmann – Universalgenie. Weimarer Verlagsgesellschaft in der Verlagshaus Römerweg GmbH, Wiesbaden 2014.

Nicole Simon und Alexandra Hildebrandt: Goethe 21.0: Was die Welt im Innersten zusammenhält. Kindle Edition 2020.

Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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