Hintergrund-Story: Unser Investment in Lilium Aviation

Wie wir das erste elektrisch angetriebene, senkrecht startende Flugtaxi der Welt finanzieren durften

Vorab: wie Freigeist Capital entstand

Die meisten kennen mich heutzutage aus der Startup-Show “Die Höhle der Löwen”, bei der ich vor allem in Food-Startups investiere. Meine ersten Schritte als Unternehmer habe ich aber deutlich früher gemacht: 1991 entwickelte ich ein Framework für Multimedia-CDs. 1998 startete ich das soziale Netzwerk “hallo.de”, etwas später das Content Management System “Loom”, einen Router namens “LIC” und viele weitere mehr oder weniger erfolgreiche Unternehmen und Produkte.

Der erste richtige Erfolg kam mit einem online-Fotoservice, der schon in den frühen 2000er Jahren über 100 Millionen Nutzer hatte. Nachdem wir diesen verkauft hatten, beschloss ich zusammen mit meinem Geschäftspartner Marc Sieberger, eine Beteiligungsgesellschaft zu gründen, die e42 GmbH. Hauptziel sollte es sein, deutsche Startups in frühen Phasen zu unterstützen. Neben Marc, der immer noch als COO und CFO fungiert, stieß Alex Koch als CTO dazu.

Mit Passion und Glück zu den ersten Erfolgen

myTaxi, Wunderlist, kaufDA - unsere ersten Investments sind allesamt zu erfolgreichen Unternehmen herangewachsen, allerdings alle im Bereich Software und Apps. Mit der Umbenennung von e42 in Freigeist Capital wollten wir unser Feld erweitern und herausragende Gründerteams mit wirklich “disruptiven” Produkten unterstützen.

Heute ist Freigeist ein zehn Mann/Frau starkes Team, das Gründer mit wahrem Pioniergeist unterstützen darf. Wir investieren unser eigenes Geld, was uns die Freiheit gibt, in viele unterschiedliche Bereiche zu gehen. Wir sind tief im Tagesgeschäft unserer Startups involviert, besonders in den Anfangsphasen. Wir versuchen, durch unsere Erfahrung und unser Netzwerk bei allen “Herausforderungen” effektiv Lösungen zu finden; besonders in schwierige Zeiten - die es bei jedem Startup gibt. Dabei sind für uns nicht nur Kennzahlen entscheidend, sondern auch Produkt, Technik, Design - an erster Stelle aber die Köpfe dahinter. Darin unterscheiden wir uns von vielen anderen Investoren, die durch die Verwaltung von fremden Geld umfangreiche Prozesse und Regulierungen haben. Wir können jederzeit in Bio-Suppe oder Quanten-Computer investieren.

Das Lilium Investment

Die Idee hinter Lilium war aber auch für unsere Verhältnisse “verrückt”.

Ich kann mich noch genau daran erinnern: Es war der 11. September 2015 und ich saß - ein Wink des Schicksals? - im Flugzeug von Bonn nach Berlin, als ich das Lilium-Pitchdeck las. Ein Flugtaxi!? Ich war fasziniert, aber auch sehr skeptisch. Dennoch ließ ich unseren CTO Alex das Konzept intensiv unter die Lupe nehmen. Sein Urteil: Ja, das kann funktionieren.

So folgten einige Meetings mit dem Gründerteam - Daniel Wiegand, Matthias Meiner, Patrick Nathen und Sebastian Born - damit wir im Detail verstehen konnten, wie und warum sie den ersten elektrisch betriebenen VTOL (Vertical Take Off and Landing) Jet der Welt bauen wollten. Uns wurde schnell klar:

  • Daniel hatte das perfekte Team für das Projekt gefunden

  • Das Produkt war verrückt aber “machbar”

  • Lilium würde einen neuen Markt schaffen

  • Selbst wenn wir unser bis dato größtes Investment tätigen, würde das Kapital allenfalls sechs bis neun Monate ausreichen

  • Die Wahrscheinlichkeit, unser Geld zu verlieren, war sehr hoch

Am 23. Dezember 2015 schrieben wir eine E-Mail an das Lilium Team:

“Das Herz sagt JA, der Verstand sagt NEIN.”

Wir erläuterten offen, wo und wie wir bereits helfen konnten und in welchen Bereichen wir gemeinsam mit den Gründern lernen müssten.

Und JA - wir boten ihnen an, sie bei ihrer großen Mission zu begleiten.

Nachdem wir den Deal öffentlich machten, erhielt ich viele E-Mails von anderen Investoren und Freunden. Sie zweifelten an der Idee und an meinem Verstand. Sie schickten mir Links zu gescheiterten Projekten im Luftfahrt-Sektor und einer bot mir für den Fall des Scheiterns sogar einen Schlafplatz und Essen für ein Jahr an.

Doch Lilium machte deutlich schnellere Fortschritte als erwartet. Egal ob Aerodynamik, Antrieb oder Algorithmen zur Flugkontrolle und -stabilität - das Team überraschte uns mit smarten Lösungen. So flog der erste Prototyp im Maßstab 1:2 viel schneller als erwartet.

Alex, Daniel und Marc mit dem Prototyp im Maßstab 1:2
Alex, Daniel und Marc mit dem Prototyp im Maßstab 1:2
Frank und Matthias mit einem Teil des Prototyps.
Frank und Matthias mit einem Teil des Prototyps.

Das Problem der weiteren Finanzierung war damit natürlich noch nicht gelöst. Doch mit diesem großen Meilenstein konnten wir Niklas Zennström, einen weiteren visionären Investor, von Lilium überzeugen: 2016 investierte seine Investment-Gesellschaft Atomico 10 Millionen US$, was den erfolgreichen Jungfernflug des Lilium Jets im April 2017 ermöglichte.

https://www.youtube.com/watch?v=RLqzatnVAfA

Mit diesem Meilenstein konnte Lilium dann Tencent, LGT und Obvious überzeugen, weitere 90 Millionen US-Dollar zu investieren.

Unglaublich, was ein herausragendes Team mit neuen Technologien und “mutigen” Investoren erreichen kann. Heute arbeiten über 300 Personen bei Lilium. Die nächsten Jahre werden sicher noch oft Mut und Pioniergeist fordern, bis die ersten Kunden fliegen dürfen, aber wir bei Freigeist glauben an das Unternehmen und an die Zukunft von Urban Air Mobility.

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Frank Thelen schreibt über Startups, Tech, Innovation, Venture Capital

Ich baue seit knapp 30 Jahren Technologie- und Design-getriebene Unternehmen auf. Mit Freigeist Capital investiere ich in frühphasige Deeptech-Unternehmen wie Lilium Aviation. Seit 2021 bin ich CEO von 10xDNA Capital Partners. 10xDNA bietet Investoren Fonds mit Technologie-konzentrierten Portfolios

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