Ich wurde CEO in einer Pandemie – warum ich dennoch optimistisch bin
Vergangenes Jahr wurde ich CEO der NEW WORK SE. Mitten in der Pandemie, mitten im Lockdown – und noch ist kein Ende in Sicht. Was ich in dieser verrückten Zeit gelernt habe – über unsere Organisation, über Zusammenhalt und über mich.
„Hallo, wir haben uns noch gar nicht persönlich getroffen“: Selbst nach anderthalb Jahren bei der NEW WORK SE, dem Mutterkonzern des beruflichen Netzwerks XING, muss ich diesen Satz im Unternehmen oder bei Partnern noch immer mal wieder sagen. Denn ich habe meinen neuen Job – wie viele Tausende anderer Menschen auch – im Lockdown angefangen. Meinen neuen Job als CEO.
Seitdem habe ich sehr viel mehr Zeit im Homeoffice verbracht, als mir eigentlich lieb ist. Ich bin nämlich eine leidenschaftliche Bürogängerin. Vielleicht ist das eher ungewöhnlich in einem Unternehmen, in dem sich alles um moderne Arbeitswelten dreht. Aber modern bedeutet nicht ausschließlich digital, jedenfalls nicht für mich. Ich bin ein Mensch, der einen Großteil seiner Energie, Inspiration und Motivation aus dem direkten Austausch mit anderen zieht, der Begegnungen, Diskussionen und echte Kontakte braucht. Unter normalen Umständen hätte ich mich mit meinen Teams regelmäßig zusammengesetzt und versucht, so viele Menschen wie möglich vor Ort kennenzulernen, um ein Gefühl für die allgemeine Stimmung zu bekommen. Stattdessen habe ich eine Videokonferenz nach der anderen gemacht, obwohl ich die, ehrlich gesagt, nicht ausstehen kann.
Pandemie in Dauerschleife
Für mich als oberste Führungskraft des Unternehmens war das durchaus eine ordentliche Herausforderung – und zugleich eine wichtige Lernerfahrung. Inzwischen habe ich ein Déjà-vu-Erlebnis: Wir stecken mitten in der vierten Corona-Welle und irgendwie geht jetzt scheinbar wieder alles von vorne los. Keine Weihnachtsfeier mit allen Kolleginnen und Kollegen. Keine spontanen und regen Austausche mehr an der Kaffeebar, denn die meisten unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten momentan selbstverständlich zu 100 Prozent von zuhause aus. Und ja, wie bei vielen anderen Menschen auch, gibt es auch bei mir Tage, an denen ich mich einfach müde fühle und keine Lust mehr auf den Corona-Wahnsinn habe.
Und doch, wenn ich die letzten Monate Revue passieren lasse, keimt in mir auch Hoffnung auf. Vermutlich bin ich auch deshalb Führungskraft geworden, weil ich grundsätzlich optimistisch bin. So kann ich auch jetzt trotz aller Strapazen am Ende des Tunnels Licht erkennen. Es hat sich nämlich bestätigt, dass wir Arbeit in Deutschland heute viel flexibler gestalten können, als das vor der Pandemie irgendjemand für möglich gehalten hätte. Digital führen, gemeinsam an Projekten arbeiten, die größte Marketingkampagne, die wir bei XING jemals hatten, der Relaunch der App – wir haben das alles gemeinsam flexibel und auch teilweise aus dem Homeoffice gestemmt. Darauf bin ich stolz und jedem einzelnen in der NEW WORK SE unglaublich dankbar.
Ich habe gelernt, genauer hinzuschauen
Ich bin begeistert von unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die so gut aufeinander eingespielt sind, dass sie auch monatelange räumliche Trennungen intakt überstehen. Auch wenn ich mich selbst als jemand verstehe, der auf Menschen zugeht, habe ich gelernt, noch genauer hinzuschauen, noch mehr zuzuhören und auch Zeit für persönliche Gespräche ganz bewusst mit einzuplanen. Dass wir uns jetzt nicht mehr an der Kaffeemaschine treffen können, heißt nicht, dass die Gespräche, die wir dort führen würden, ersatzlos entfallen sollten – wir müssen ihnen nur einen anderen Raum geben. Zu Achtsamkeit und Empathie gehört auch, einfach mal zu fragen: Wie geht es dir, wie kommst du mit der Situation klar, was können wir besser machen? Das ist natürlich schwieriger, wenn man das Gegenüber nur als Kachel bei Zoom sieht, aber wie in so vielen Situationen ist Kommunikation hier der Schlüssel.
Zudem: Agiles, selbstbestimmtes Arbeiten – ein wichtiger Aspekt von New Work - ist im Mainstream angekommen. Natürlich wünschte ich mir, dass es dazu keiner Pandemie bedurft hätte. Aber wir haben in den vergangenen Jahren im ganzen Land einen riesigen Rückstand aufgeholt und das Fundament gelegt für eine moderne, zeitgemäße, mehr an den Bedürfnissen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen angepasste Arbeitswelt. Ich glaube fest daran: Das wird die Innovationskraft im ganzen Land entfesseln. Und eröffnet uns viele Chancen, unser Geschäft weiterzuentwickeln.
Wir können als Organisation resilient sein
Ich habe noch etwas in dieser Pandemie über uns gelernt: Wie resilient wir sein können, als Individuen, aber auch als Organisation. Auch ich stelle mich auf einen harten Winter ein. Aber ich weiß auch: Wir werden das gemeinsam überstehen.
Bis diese Krise ausgestanden sein wird, werden wir leider noch einiges gemeinsam aushalten müssen. Ich bin angetreten in einer Pandemie und ich halte Kurs: mit kleineren Meetings und virtuellen Allhands, also jenen Treffen für alle, die unserer Unternehmenskultur die nötige Nahrung geben, um weiter zu gedeihen. Mit einer Politik der offenen Tür selbst in einer virtuellen Welt und vor allem mit Kommunikation. Denn auch das ist ein wichtiges Learning aus der Zeit als CEO in einer Pandemie: Ohne Kommunikation ist alles nichts. Hier haben wir alle noch Potenzial uns weiterzuentwickeln. Auch deshalb wird es an dieser Stelle jetzt regelmäßig persönliche Beiträge von mir geben. Ich freue mich über Feedback, Input, Meinungen und persönlichen Austausch.
Beschäftigte suchen sich heute den Arbeitgeber, der kulturell zu ihnen passt, war erst neulich wieder das Ergebnis einer Studie. Ich denke, ich persönlich bin ganz gut angekommen.
Ich freue mich über Feedback, Input, Meinungen und Austausch in den Kommentaren.