Immobilien und Bauwirtschaft: Nachhaltigkeit als großes Zukunftsthema
Immobilienfondsmanager hinken eigenen Nachhaltigkeitsansprüchen hinterher
Nachhaltigkeit ist das große Thema der Zukunft in der Immobilienbranche und deshalb auch bei den Immobilieninvestments. Die Branche verbraucht einen enormen Anteil wichtiger Ressourcen, Platz, Energie und Material. Hinzu kommen immer schärfere Nachhaltigkeitsanforderungen, denn nachhaltige Gebäude erhöhen die Marktchancen bei Verkauf und Vermietung, steigern die Nachfrage, reduzieren das Risiko von Leerständen, erhöhen die Transparenz für Investoren, Betreiber, Nutzer und Bürger, sind zukunftsfähig und geben Planungssicherheit. Hier besteht eine enorme Chance für die Digitalisierung der Immobilienbranche, um Kosten einzusparen und die Effizienz zu erhöhen. Geprägt wird die digitale Entwicklung von Immobilieninvestments durch:
• eine graduelle Entwicklung, die von den Niedrigzinsen und der Veränderung von Investmentgewohnheiten bestimmt wird.
• eine disruptive Entwicklung, die von einzelnen genialen Ideen geprägt ist.
Graduell werden Immobilieninvestments immer digitaler. Die niedrigen Zinsen führen dazu, dass immer mehr Anleger Immobilien als Investment attraktiv finden. Ohne Digitalisierung lässt sich das Interesse kaum bewältigen. Investoren sind digitalen Komfort gewöhnt und werden bei ihren Investments nicht darauf verzichten. Klassische Beratungsmodelle werden durch digitale Angebote ergänzt oder komplett ersetzt. Trotz dieser Entwicklungen besteht massiver Handlungsbedarf, denn in vielen Unternehmen, die Immobilieninvestments anbieten, gibt es kaum Digitalisierungsstrategien des Geschäftes bzw. der Investments.
Jeder macht „digital“ etwas, doch oft sind die Unternehmenskultur noch die Technik im Zeitalter der Digitalisierung angekommen.
Auch fehlt intern häufig digital kompetentes Personal im digitalen Investmentbereich, auch die Qualität der zur Verfügung stehenden Daten ist oft nur ausreichend oder mangelhaft. Was es häufig braucht, sind notwendige interne Rahmenbedingungen (alte Strukturen zerschlagen, neue Bereiche aufbauen, Spezialisierung, Konzentration auf die nötigen Ressourcen). Für die Messung und Steuerung nachhaltigen Wirtschaftens braucht es zudem nachhaltige Prozesse und Datengrundlagen der Fondsmanager und Immobilienunternehmen. Absichtserklärungen bringen die Branche nicht weiter. Es braucht klare und messbare Ziele, um dem nachhaltigen Anspruch für Umwelt und Gesellschaft gerecht zu werden.
Anlässlich der am 10. März 2021 in Kraft tretenden Offenlegungsverordnung der EU hat EY Real Estate für den „ESG Snapshot“ einen Querschnitt aus mehr als 100 Marktakteuren der Immobilienwirtschaft befragt. Alle Finanzmarktteilnehmer sollen offenlegen, ob ein Fonds nachhaltige oder ökologische Merkmale bewirbt (Artikel-8-Fonds – „light green“), nachhaltige Investitionen anstrebt (Artikel-9-Fonds – „dark green“) oder keine Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt (Artikel-6-Fonds). Gemessen an dieser Klassifikation existieren zum Stichtag überwiegend Non-ESG-Fonds.
Die wichtigsten Ergebnisse:
• 35 Prozent der Marktteilnehmer bieten einen Artikel-8-Fonds an.
• 18 Prozent haben mindestens einen Artikel-9-Fonds im Portfolio.
• Nach dem Reifegrad ihrer Nachhaltigkeitsstrategie befragt, gab mit rund 40 Prozent der größte Teil der Studienteilnehmer an, sich in der Etablierungsphase zu befinden.
• 35 Prozent entwickeln gerade ihre ESG-Strategie.
• 19 Prozent orientieren sich gerade erst.
• Lediglich 5 Prozent verorten sich im Stadium der Exzellenz, kontrollieren und steuern also den Fortschritt der gesetzten Nachhaltigkeitsziele.
• 44 Prozent gaben an, dass sie bereits vorhandene Daten als Berechnungsgrundlage für nachhaltige wirtschaftliche Aktivitäten gemäß EU-Taxonomie heranziehen können.
• Fast 70 Prozent erwarten, dass sich die Datengrundlage zeitnah verbessern und fundierte Aussagen über die ökologischen Auswirkungen einer Immobilie oder eines Portfolios zulassen wird.
• 23 Prozent sehen sich bereits gut auf bevorstehende regulatorische Anforderungen vorbereitet.
• Die erforderliche Berechnung nachhaltiger wirtschaftlicher Aktivitäten wird nach Ansicht von 67 Prozent der Befragten vor allem aufgrund fehlender Daten und Systeme auf Portfolioebene erschwert.
• Mehr als 80 Prozent der befragten Immobilienfondsmanager erwarten künftig eine hohe investorenseitige Nachfrage nach nachhaltigen Produkten.
• Drei Viertel der Marktakteure gaben an, dass ihrer Meinung nach künftig überwiegend nachhaltige Produkte auf den Markt kommen werden.
• Eine umfassende Transformation bestehender Produkte ist nach Ansicht von 60 Prozent der Befragten nicht geplant.
„Die Notwendigkeit einer nachhaltigen Transformation wird in weiten Teilen der Immobilienwirtschaft erkannt. Es fehlen jedoch Konzepte für die konkrete Umsetzung. Nachhaltiger Anspruch und Realität klaffen recht deutlich auseinander“, sagt Florian Schwalm, Partner bei EY Real Estate und Studienautor. Hier ist rasches Handeln und sich den Um sich den operativen Herausforderungen zu stellen, ist jetzt rasches Handeln gefragt.
Weiterführende Informationen:
Matthias Krieger: Nachhaltigkeit und Digitalisierung in der Bau- und Immobilienbranche. In: CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage. SpringerGabler Verlag, Heidelberg Berlin 2021, S. 459-466.