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In 6 Schritten zum erfolgreichen Quereinstieg

Dein Wecker klingelt erbarmungslos, und du schlüpfst aus dem Bett, um dich auf den Weg zur Arbeit zu machen. Der Gedanke an einen weiteren uninspirierenden Arbeitstag lässt deinen Enthusiasmus auf den Nullpunkt sinken. Du kannst die wachsende Unzufriedenheit mit deiner beruflichen Situation nicht länger ignorieren. Dir wird klar: Ein Jobwechsel wird nicht reichen – ein Quereinstieg muss her!

Ein Quereinstieg ist der Wechsel in ein Berufsfeld, in dem du bisher noch nicht oder kaum tätig warst. Dabei kann es um eine komplett andere Branche, aber auch um eine andere Rolle in derselben Branche gehen. In der Regel bedeutet ein Quereinstieg auch, dass du für deinen neu gewählten Berufszweig keine formale Ausbildung mitbringst. Du steigst "quer" in ein neues Feld ein, bringst aber Erfahrungen, Fähigkeiten und Werte aus deinem bisherigen Berufsleben mit. Quereinsteiger bringen frische Perspektiven und Diversität ins Team, müssen sich jedoch oft intensiver einarbeiten als Bewerber mit branchenspezifischer Erfahrung.

1. Weshalb möchtest du dich beruflich neu orientieren?

Bevor du direkt die ersten Bewerbungen versendest, solltest du dein "Warum" klären. Die Beweggründe für den Wechsel können vielfältig sein, etwa Unzufriedenheit im aktuellen oder letzten Job oder die Suche nach neuen Herausforderungen.

  1. Was gefällt dir an deinem aktuellen Beruf nicht?

  2. Was fehlt dir?

  3. Was lief beim letzten Arbeitgeber gut und was nicht?

  4. Ist es die Unternehmenskultur, die Art der Arbeit oder fehlt es an Herausforderungen?

Ebenso entscheidend ist die Art deiner Motivation. Ich unterscheide hier zwischen einer "Hin-zu-Motivation" und einer "Weg-von-Motivation".

🍀 Bei der Hin-zu-Motivation strebst du etwas an, das dir wirklich wichtig ist. Wie etwa eine erfüllendere Tätigkeit oder eine größere Herausforderung. Du merkst, dass es da draußen noch etwas geben muss, was du bisher im Beruf nicht gefunden hast.

🏃‍♀️ Bei der Weg-von-Motivation willst du primär dem entfliehen, was dich aktuell unzufrieden macht. Gerade wenn meine Klient:innen in den vorigen Positionen toxische Arbeitsverhältnisse ertragen mussten oder die Trennung vom Arbeitgeber unglücklich war, suchen sie oft direkt nach dem absoluten Gegenteil: Führungskräfte, die sich bis kurz vor den Burn-out gearbeitet haben, träumen auf einmal von einem Job ohne Verantwortung und Entscheidungsbefugnis. Menschen, die von ihren Führungskräften oder im Team gemobbt wurden, wollen plötzlich zu 100% remote arbeiten und am besten nie wieder mit anderen Menschen zusammen. In solchen Fällen erlebe ich oft, dass eine (manchmal auch längere) Pause ratsam ist, um den Weg-von Reflex genau zu beobachten und zu reflektieren.

Diese Erlebnisse machen etwas mit uns – sich sofort wieder in den Bewerbungsmarathon zu stürzen und in Vorstellungsgesprächen zum Teil traumatische Erlebnisse wegzulächeln, hilft auf Dauer nicht und kann uns krank machen. Bitte achte auf dich und deine Bedürfnisse und nutze, wenn möglich, externe Unterstützung für die Begleitung in dieser intensiven Zeit.

Versuche auch, für deinen Wunsch nach einem beruflichen Neuanfang eine klare Hin-zu-Motivation zu finden. Sie wird dir in schwierigen Zeiten die notwendige Energie geben.

2. Selbstreflexion: Kenne dich selbst

Der nächste Schritt auf dem Weg zu einem erfolgreichen Quereinstieg ist die Selbstreflexion. Du solltest ein genaues Bild davon haben, was du wirklich willst, was du gut kannst und was dir in deinem Leben wichtig ist. Stelle dir folgende Fragen:

  1. Welche Stärken und Schwächen habe ich?

  2. Welche Werte sind mir wichtig?

  3. Und ganz entscheidend: Wie sieht mein ideales Leben aus und wie passt meine zukünftige Tätigkeit dort hinein?

Externe Unterstützung durch Tests & Bücher

Selbstreflexion kann manchmal ein schwieriger Prozess sein. Zum Glück gibt es viele Ressourcen, die dir dabei helfen können, mehr über dich selbst herauszufinden. Einige dieser Ressourcen sind:

Red-Bull-Wingfinder: Dieser kostenlose Onlinetest hilft dir dabei, deine Stärken in etwa 35 Minuten zu identifizieren. (Und ja, er kommt aus dem Hause der Energy-Drinks!)

16personalities: Der Test basiert auf dem Meyers-Briggs Typenindikator und zeigt dir, welcher der 16 Persönlichkeitstypen du bist. Ich persönlich fand diesen Test sehr hilfreich und war erstaunt, wie genau er mich "ertappt" hat.

**StrengthsFinder 2.0:**Bei Kauf des Buchs "Entwickle deine Stärken" von Tom Rath bekommst du einen Gratiscode für den StrengthsFinder 2.0. Der Test des renommierten Gallup Instituts ist sehr umfangreich und auch die Resultate kommen in einem sehr detaillierten Report. Eine absolute Empfehlung für alle, die sich intensiv mit ihren Stärken beschäftigen möchten.

Ein weiterer kluger Schritt ist es, Interviews mit Menschen zu führen, die dich gut kennen und deren Meinung du schätzt. Manchmal haben die Menschen in unserem Umfeld eine klarere Sicht auf unsere Fähigkeiten und können uns wichtige Einsichten liefern.

3. Praktische Erfahrungen sammeln

Jetzt kommen wir vom Denken ins Tun. Um wirklich sicher zu sein, dass der neue Beruf oder die neue Branche zu dir passt, solltest du praktische Erfahrungen sammeln. Möglichkeiten dafür gibt es viele: Shadowing, also das Begleiten einer Person in deinem Wunschberuf, Freiwilligenarbeit oder das Starten eines eigenen kleinen Projekts.

Du interessierst dich für Marketing? Super, dann starte deinen eigenen Podcast und lerne, ihn zu vermarkten. Ein Quereinstieg in den Financebereich könnte interessant sein? Schau mal, welche NGOs und Vereine deine Unterstützung benötigen. Und vor allem sprich mit deinem Netzwerk über deinen Wechselwunsch – selbst wenn niemand in deinem Wunschumfeld arbeitet, kennen sie vielleicht jemanden, der jemanden kennt.

**⚠️ Achtung!**Diesen Schritt solltest du auf keinen Fall überspringen, denn es ist essenziell, dass du deinen neuen Traumberuf nicht nur in der Theorie kennenlernst, sondern in der Praxis erlebst.

4. Fälle deinen Entschluss

Es ist Zeit, alle gesammelten Informationen, Gefühle und Gedanken abzuwägen. Eine nützliche Methode für solche großen Entscheidungen ist die Reue-Minimierungsstrategie von Jeff Bezos:

💭 Stelle dir vor, du wärst 80 Jahre alt und würdest auf dein Leben zurückblicken … was würde dich mehr wurmen? Misserfolge oder unerfüllte Sehnsüchte? Nie den Mut für einen Quereinstieg aufgebracht zu haben oder es versucht, aber nicht geschafft zu haben?

5. Ausführliche Planung

Nachdem der Entschluss gefasst ist, folgt die konkrete Planung. Teile den gesamten Prozess in kleine, erreichbare Ziele auf, um den Weg überschaubar zu machen.

Vorbereitung für die schwierigen Phasen

Schlechte Tage und schwierige Phasen fühlen sich oft an, als wäre man auf der “Erfolgsleiter” ein paar Stufen abgerutscht oder sogar heruntergefallen. Dieses Bild ist total verständlich, denn wir haben kaum Beispiele oder Vorbilder, die ehrlich über Krisen sprechen. Wenn wir beim Bild der Leiter bleiben, sehe ich Zweifel, Ängste und schwere Tage nicht als Rückschritt, sondern als Leitersprossen. Sie sind unausweichlicher Teil des Prozesses. Um am Ende an deinem Traumberuf anzukommen, musst du die Leiter hoch: Sprossen zu überspringen geht leider nicht. Deshalb ist mein großer Rat an dich, dir von Beginn deiner beruflichen Neuorientierung an Unterstützung zu besorgen.

Du wirst unausweichlich einen Raum benötigen, in dem du mit einer objektiven Person offen und ehrlich über deine Gefühle sprechen kannst. Als sehr rationaler Kopfmensch war ich selbst in meinem Burn-out (als ich kaum aus dem Bett aufstehen konnte), davon überzeugt, dass ich es nur mehr wollen muss. Und dass mich die nächste Strategie schon aus meinem Tief bringt. Heute, nach schwierigen und prägenden Jahren (und endlich mit Support!) kann ich sagen: Unser Kopf ist unheimlich wichtig, Strategien auch. Aber der Kopf kann eben nicht alles auffangen, und aus Krisen kann er uns auch nicht allein hinausdenken.

Also: Mach dir bewusst, dass die Tiefs Teil des Prozesses sind, und besorge dir externen Support bei der Person deines Vertrauens.

Zukunftsplanung

Formuliere klare Ziele für die nächsten fünf Jahre. Diese geben dir nicht nur im Bewerbungsprozess eine Linie vor, sondern helfen dir auch dabei, deine Fortschritte zu messen und dich selbst zu motivieren. Mit einer durchdachten Entscheidung und sorgfältiger Planung minimierst du die Risiken und steigerst deine Chancen für einen erfolgreichen Quereinstieg enorm.

Weiterbildungsmaßnahmen

Manche Berufe erfordern bestimmte Ausbildungen oder Zertifikate. Recherchiere eventuelle Weiterbildungen, die deine Chancen im neuen Berufsfeld erhöhen können, und buche sie entsprechend.

Festlegung der Bewerbungsstrategie

Nun ist es an der Zeit, deine Bewerbungsstrategie zu konkretisieren. Überarbeite oder erstelle Profile auf beruflichen Netzwerken wie XING oder LinkedIn, bringe deinen Lebenslauf auf den neuesten Stand und formuliere ein aussagekräftiges Anschreiben, das deinen Veränderungswunsch überzeugend erklärt und begründet. Auch die Sammlung relevanter Referenzen sollte nicht vernachlässigt werden. Diese sind bei Quereinsteigern besonders wichtig.

Portfolio erstellen

Ein Portfolio ist eine Sammlung von Arbeiten, Projekten oder Leistungen, die deine Fähigkeiten und Erfahrungen in einem bestimmten Bereich darstellen. Für Quereinsteiger kann ein Portfolio besonders wichtig sein, da es die Möglichkeit bietet, praktische Fähigkeiten und Erfolge zu präsentieren, die in einem traditionellen Lebenslauf vielleicht untergehen würden.

Es erlaubt dir, über den Tellerrand deiner bisherigen beruflichen Laufbahn zu schauen und zu zeigen, dass deine Fähigkeiten auch in einem anderen Kontext wertvoll sein können.

6. Interview-Vorbereitung

Der erste Eindruck ist oft entscheidend, und daher ist die sorgfältige Vorbereitung auf Vorstellungsgespräche unerlässlich. Recherchiere über das Unternehmen, die Kultur und die Position, für die du dich bewirbst. Sei bereit, sowohl fachliche als auch persönliche Fragen zu beantworten, und überlege dir im Voraus, welche Fragen du dem Unternehmen stellen möchtest.

Deine Exitstory erklären

Die Frage nach dem Grund für deine Kündigung bzw. den Wunsch, deinen Arbeitgeber zu verlassen, wird in Interviews fast immer gestellt. Bereite eine klare, überzeugende Geschichte vor, die erklärt, warum du bereit bist, deine bisherige Laufbahn zu verlassen. Betone positive Gründe für den Wechsel und wie der neue Berufsweg besser zu deinen langfristigen Zielen passt.

Deinen Quereinstieg erklären

Du wirst wahrscheinlich gefragt, warum du dich für einen Quereinstieg entschieden hast. Sei bereit, die Fähigkeiten und Erfahrungen, die du aus deinem bisherigen Berufsfeld mitbringst, in den Kontext des neuen Bereichs zu setzen. Zeige, dass du trotz fehlender Branchenerfahrung wertvolle Qualitäten mitbringst.

Deine Ziele für die nächsten fünf Jahre

Oft möchten Interviewer wissen, wo du dich selbst in den nächsten Jahren siehst. Deine Antwort gibt ihnen Aufschluss darüber, wie gut du in die Zukunftspläne des Unternehmens passt. Formuliere klare, realistische Ziele, die zeigen, dass du ambitioniert, aber auch bodenständig bist. Und am wichtigsten: Stelle sicher, dass deine Ziele in Einklang mit den Möglichkeiten stehen, die der neue Berufsweg dir bieten kann.

Mit einer ausführlichen Vorbereitung auf diese Aspekte stärkst du deine Position im Bewerbungsprozess deutlich. Jedes Interview ist eine Chance, zu zeigen, dass du gerade wegen deines unkonventionellen Werdegangs die richtige Wahl für die Position bist.

Nun ist es Zeit für deinen ersten Schritt. Bei deiner beruflichen Neuorientierung wünsche ich dir ganz viel Erfolg und Freude!

Strebst du einen Quereinstieg an oder hast ihn schon erfolgreich gemeistert? Ich freue mich auf deine persönliche Geschichte in den Kommentaren!

Silke Koppitz schreibt über Jobsuche, Berufliche (Neu-) Orientierung, Job & Karriere, Kommunikation

Als Karriereberaterin helfe ich meinen Klient:innen dabei, ihre Traumjobs zu bekommen. Hier findest du Artikel zur beruflichen (Neu-) Orientierung, zur Jobsuche sowie der überzeugenden Präsentation im Bewerbungsprozess. Bei Fragen und Themenwünschen sende mir einfach eine Nachricht!

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