Jahreswechsel: Die Saison der lästigen Mitarbeitergespräche. So macht die Führungskraft das Beste daraus!
Hand aufs Herz. Haben Sie schon einmal jemanden sagen hören: „Ich freue mich richtig auf das bevorstehende Mitarbeitergespräch.“? Ist es nicht eher so, dass diese Gespräche oft als lästige Pflicht gesehen und manchmal auch mit Angst erwartet werden; sowohl vom Mitarbeiter als auch von der Führungskraft? Leider geht dabei eine Menge Potenzial für Führung, Förderung und Motivation verloren.
Stellen wir uns folgendes Szenario vor: Abteilungsleiter Meyer begegnet Mitarbeiter Müller zufällig in der Kantine: „Gut, dass ich Sie hier treffe, Müller. Kommen Sie doch kurz vor Feierabend in mein Büro. Wir müssen noch schnell das fällige Mitarbeitergespräch erledigen. Die Personalabteilung sitzt mir schon im Nacken wegen dem Kram. Machen Sie sich bis nachher doch mal ein paar Gedanken, was wir ins Gesprächsprotokollformular eintragen können.“ SIE wissen, liebe Leser, so geht es doch nicht! Die Fragen sind: warum nicht? Und, wie könnte man es besser machen?
Zweck der Mitarbeitergespräche
So banal es klingt, aber was von vielen Führungskräften tatsächlich oft vergessen wird: Die Hauptaufgabe der Führungskraft ist es, Mitarbeiter zu führen und zu fördern. Dabei gilt es, die maximalen Ressourcen zu entfesseln und die richtige Person am richtigen Platz zur richtigen Zeit einzusetzen. Mitarbeitergespräche sind ein wichtiges Tool im „Werkzeugkasten“ einer Führungskraft, um sie bei dieser Aufgabe zu unterstützen.
Die Gründe für Mitarbeitergespräche können so vielfältig sein, wie es Führungssituationen gibt. Sie können spontan oder geplant sein und beziehen sich zum Beispiel auf Mitarbeiterbeurteilung, Probezeit, Projektstatus, Change-Management, usw.
Der Zweck von Mitarbeitergesprächen ist aber immer der gleiche. Das Gespräch soll beiden Teilnehmern bei der Standortbestimmung helfen, und es soll motivieren, fördern und Engagement freisetzen. Auch wenn zuweilen Kritik und Tadel im Gespräch angebracht sind, so können diese trotzdem in motivierender Art und Weise vorgetragen werden. Leider werden Mitarbeitergespräche aber viel zu häufig dazu missbraucht, um „mal ordentlich Dampf abzulassen“ oder „endlich mal auf den Tisch zu hauen“. Dann ist jedoch der eigentliche Sinn des Gesprächs Makulatur und der Schaden in der Regel größer als der Nutzen.
Nachfolgend einige Anregungen für wertschätzende und konstruktive Mitarbeitergespräche …
Individuum und Gruppe
Wir Menschen sind erstaunliche Wesen. Auf der einen Seite will jeder als besonderes Individuum wahrgenommen werden. Alle Mitarbeiter haben ihre ganz eigene Persönlichkeit. Nichts zollt dem Einzelnen mehr Respekt, als wenn er als solches – nämlich als einzigartig – wahrgenommen wird.
Auf der anderen Seite liegt es in der menschlichen Natur, dass wir einer Gruppe angehören wollen. Instinktiv versucht der Einzelne, Teil von etwas Größerem zu sein. Das kann zum Beispiel Familie, Sportverein oder eben Arbeitsgruppe (Team) sein.
Sie, als Führungskraft, können sich dieses Wissen zunutze machen. Eröffnen Sie dem Mitarbeiter, welche einzigartigen Fähigkeiten Sie in ihm sehen. Dies spornt den Mitarbeiter an, mehr von seinen tollen Begabungen zu zeigen. Außerdem erkennt er, dass Sie sich vorbereitet und wertvolle Zeit investiert haben, um über ihn persönlich nachzudenken.
Anschließend erläutern Sie, auf welche Art und Weise die Gruppe (Team/Abteilung) von den Fähigkeiten des Mitarbeiters profitiert. Jeder Mensch strebt nach dem Gefühl, einen wichtigen Beitrag zu leisten. Und dass es einen Unterschied im Betriebsablauf macht, ob der Mitarbeiter am Arbeitsplatz erscheint oder ob er fehlt.
Sie können sich diesbezüglich auf das Mitarbeitergespräch einstellen, indem Sie sich selbst die ehrliche Frage stellen: „Was mag ich am anderen?“
Lob = Motivation vs. Tadel = Motivation
Mitarbeitergespräche werden oft genutzt, um auch Lob und Tadel zu platzieren. Jedes Lob motiviert, richtig? Jeder Tadel demotiviert, wieder richtig? Oder gibt es vielleicht doch Nuancen, die eine Führungskraft beim Umgang mit Lob oder Tadel berücksichtigen sollte? Nun, es dürfte jedenfalls Einigkeit darüber herrschen, dass die Motivation des Mitarbeiters das finale Ergebnis von Lob und Tadel sein sollte.
Ein Lob ist immer dann besonders schwergewichtig, wenn es begründet ist. Natürlich kann die Führungskraft sagen: „Gut gemacht.“ Wer hört das nicht gerne?! Wir Menschen sind schließlich süchtig nach Lob. Nun stellen Sie sich aber einmal vor, liebe Leser, das Lob würde so klingen: „Sie haben das besondere Talent XY. Das befähigt Sie zu YZ. Und deswegen ist Ihr Ergebnis XYZ so herausragend. Herzlichen Glückwunsch.“ Die Motivationswirkung dürfte um ein Vielfaches höher ausfallen.
Ein Tadel wirkt dann motivierend, wenn er mit einem positiven Einstieg beginnt, die Fakten neutral auf den Tisch gelegt werden und eine sachliche Abfrage nach dem Soll/Ist erfolgt. Die Führungskraft sollte dem Mitarbeiter dabei helfen, die Fehlleistung selbst zu identifizieren, statt sie von sich aus anzusprechen. Ebenso empfiehlt es sich, dass der Mitarbeiter selber die Lösung für das Problem formuliert. Verbleiben Sie konkret. Kontrollieren Sie späterhin, um ggf. loben zu können. So motiviert letztendlich auch der Tadel.
Ziele setzen
Ach ja, das leidige Thema: Ziele! Immer wieder notwendiger Bestandteil von Mitarbeitergesprächen. Insbesondere für Vertriebsmitarbeiter oft ein Graus. Muss es aber nicht sein. Zumindest dann nicht, wenn Zielvorgaben nicht einfach übergestülpt werden, sondern wenn die Führungskraft dem Mitarbeiter hilft, SICH SELBST zu motivieren und das Ziel zu formulieren. Beleuchten Sie gemeinsam mit dem Mitarbeiter dessen Stärken. Zeigen Sie auf, warum die Zielerreichung realistisch ist, eben weil er diese oder jene besonderen Fähigkeiten und Talente mitbringt. Die Zielvorgabe wird erst dann vom Mitarbeiter verinnerlicht, wenn er sie mit einem konkreten JA anerkennt. Die nachfolgend unterjährige Aufgabe der Führungskraft besteht darin, dem Mitarbeiter bei der Zielerreichung zu helfen.
Fazit
Alles vorher Gesagte funktioniert natürlich am besten, wenn bereits im vorherigen Verlauf des Jahres die Führung aktiv erlebt wird und zwischendurch immer mal wieder der Status Quo abgefragt wird. Ansonsten besteht die Gefahr, dass im Mitarbeitergespräch lediglich die letzten 6 bis 8 Wochen als Maßstab herhalten, weil diese besonders frisch im Gedächtnis sind. Dies würde ein realistisches Bild verzerren. Diesbezüglich hilft es der Führungskraft, wenn sie sich regelmäßig Notizen zum einzelnen Mitarbeiter macht. So können im Mitarbeitergespräch konkrete Beispiele genannt werden. Allgemeinplätze werden dadurch vermieden und es ist ein Beleg dafür, wie intensiv sich die Führungskraft mit dem Mitarbeiter auseinandergesetzt hat.
Nehmen Sie sich Zeit für die Gespräche: In der Vorbereitung und in der Durchführung. Machen Sie sich Gedanken über Ihre Mitarbeiter und lernen Sie sie kennen. Versetzen Sie sich sogar in deren individuelle Lage. Dann haben die Mitarbeitergespräche das Potenzial, um von den Beteiligten als angstfrei, freudvoll und vor allem konstruktiv empfunden zu werden.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihren anstehenden Mitarbeitergesprächen.
Herzliche Grüße
Carsten Seiffert
Tel.: 0441. 180 34 13-2
carsten.seiffert@gustavkaeser.com