Keine Frage des Alters: Startup-Gründung mit 60
„Entwickeln Sie Durchhaltevermögen, denn viele werden Ihnen erklären, warum Ihre Lösung nicht geht.“ (Werner Landhäußer)
Gründen wird heute vor allem mit jungen Menschen in Verbindung gebracht, die „hip und nerdig“ sind. Bei der Gründung von Startups kommt es allerdings nicht auf das genaue Geburtsjahr an, sondern auf bestimmte Wertemuster der Generationen. Generationenkonzepte wie X, Y oder Z beinhalten auch immer die Gefahr von falschen Zuschreibungen (Typisierungen), auch können Menschen nicht aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Altersklasse in einzelne Stereotype eingeteilt werden. Werner Landhäußer, Jahrgang 1957, gehört nach solchen Zuordnungen zu den Babyboomern, der zahlenmäßig stärksten Generation in Deutschland. Er ist Gesellschafter der Mader GmbH & Co. KG und Co-Founder der LOOXR GmbH. Den süddeutschen Druckluft- und Pneumatikspezialisten Mader übernahm er 2003 zusammen mit Kollegen mit einem klassischen MBO aus einem internationalen Konzern. Die strategische Weiterentwicklung hin zu einem sozial, ökologisch und ökonomisch erfolgreichen Unternehmen steuerte er mehr als 15 Jahre lang gemeinsam mit Peter Maier, geschäftsführender Gesellschafter bei Mader. An seinem Beispiel zeigt sich, dass die Lebensphase Alter nicht statisch, sondern dynamisch und in ständiger Bewegung ist.
Alternsprozess
Mit Anfang 60 wagte er etwas Neues und gründete 2018 gemeinsam mit seinem langjährigen Gesellschafter-Kollegen Peter Maier eine „Software-Bude“: das Startup Looxr, einem Spin-off der Mader GmbH & Co. KG. Die Initialzündung war eine Wein-App, die sein Unternehmerherz berührte. Mit dem Scan des Barcodes ließ sich schnell alles über den probierten Wein herausfinden (inklusive Online-Bestellmöglichkeit). Der Begeisterung folgten Beharrlichkeit und der Blick auf das eigene Geschäft. Schon lange beschäftigte er sich mit der Idee, den Druckluftmarkt neu zu denken und gleichzeitig einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit in der Industrie zu leisten. Ergebnis war eine Leckage-App, mit der sich zuvor lokalisierte Druckluft-Leckagen per QR-Code identifizieren lassen (inklusive des ermittelten Druckluftverlusts, des Einsparpotenzials und der zu ersetzenden Komponente).
Allerdings diese Idee in der vorhandenen Unternehmensstruktur nicht umgesetzt werden, denn die Wege waren zu festgefahren und das Denken zu eng. Aussagen wie „Das haben wir schon immer so gemacht“ führen leider dazu, dass die „große Welt“ innerhalb der eigenen Grenzen nicht mehr wahrgenommen wird. Es braucht eine Durchlässigkeit zwischen Innen und Außen, dem Alten und dem Neuen, eine tragende Säule auch zwischen dem Kleinen und dem Großen. Deshalb entwickelte ein kleines, hierarchieübergreifendes und interdisziplinäres Expertenteam aus der Mitte des Unternehmens die Ideen weiter. Die erarbeiteten Ergebnisse waren für alle transparent und wurden an den Wänden aufgehängt. Irgendwann stand hier der Name „Looxr“ für ein neues Geschäftsmodell und Unternehmen, das den Druckluftmarkt revolutionieren soll. Für Werner Landhäußer steht er aber auch für Mut, Offenheit und Beharrlichkeit. „Nicht ‚wegbügeln‘ lassen, an die Idee glauben – auch wenn man ausgelacht wird. Und: immer bereit sein, die Perspektive zu verändern.“
Hinzu kam der Umzug in ein neues Firmengebäude, so dass für das Unternehmen eine neue Zeit beginnen konnte. Das Gebäude mit seiner großen Photovoltaikfassade ist für Landhäußer auch ein Statement für Nachhaltigkeit, Mut, Anderssein und visionäres Denken. Der innere Wandel des Unternehmens wurde durch die Erfolge der „kleinen Schwester“ Looxr befördert.
Mitte 2019 verließ Werner Landhäußer die Geschäftsführung bei Mader, ein Jahr später trat er von seinem Posten als CEO der LOOXR GmbH zurück. In beiden Fällen übergab er die operative Führung an eine jüngere Generation. „Auch wenn Begeisterung, Neugier und Veränderungswille keine Frage des Alters ist“, glaubt er daran, dass „Software verkaufen“ es durchaus ist. Die Software, die das Unternehmen entwickelt hat, sorgt für Transparenz im Druckluftprozess, erhöht die Versorgungssicherheit und reduziert dabei nachhaltig Energie- und Betriebskosten. An Landhäußers Seite steht Tochter Helen, eines seiner drei Kinder, die als Growth Manager die Vision einer digitalisierten, energieeffizienten Druckluftkette Wirklichkeit werden lassen möchte.
Weiterführende Informationen:
Ulrike Böhm: Die Macht der kleinen Schritte. Wie man als mittelständisches Unternehmen zum Klimaretter wird. In: Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.
Ulrike Böhm: Ein Mittelständler digitalisiert sich – Von Erfolgen, Hürden und Nachhaltigkeit. In: CSR und Energiewirtschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. Springer-Verlag Berlin Heidelberg. 2. Auflage 2020.
Stefanie Kästle und Werner Landhäußer: Druckluft 4.0 goes green: Herausforderungen, Chancen und innovative Lösungen am Beispiel der Mader GmbH & Co. KG. In: CSR und Digitalisierung. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. Springer-Verlag Berlin Heidelberg. 2. Auflage 2020.