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„Klimaneutralität“ als Werbebegriff: Wann sind Unternehmen glaubwürdig?

Der Begriff bezeichnet Prozesse, in denen kein Ausstoß von Treibhausgasen stattfindet. Grundlage für die Beurteilung sind insbesondere CO2-Ausstöße. Die EU schreibt Klimaneutralität in ihrem Green Deal fest - damit wird sie zugleich zum Kompass bei nachhaltigen Investitions- und volkswirtschaftlichen Entscheidungen. Klimaneutral zu wirtschaften ist auch Ziel von immer mehr Unternehmen. Allerdings wirbt eine Vielzahl von ihnen inzwischen mit der Aussage „klimaneutral“, ohne dass ersichtlich wird, worauf sich das genau bezieht. Die Wettbewerbszentrale hat dies nun in mehreren Fällen als irreführend eingestuft und die Unternehmen abgemahnt. Außerdem hat sie in vier Fällen Unterlassungsklagen eingereicht, die Aussagen wie „erster klimaneutraler Lebensmitteleinzelhändler“, „wir handeln klimaneutral“ und „klimaneutral“ für einen Plastikmüllbeutel enthalten. Kunden würden annehmen, dass es den Unternehmen aufgrund maßgeblicher eigener Emissionsvermeidung und -reduzierung gelungen sei, negative Auswirkungen auf das Klima vollständig zu vermeiden, und dass die Produkte oder die Produktion selbst nicht klimaschädlich sind. In der Werbung wird der Kauf von Zertifikaten verschwiegen.

Bereits 2016 klagte die Wettbewerbszentrale vor dem Landgericht Frankfurt wegen der Aussage „der weltweit erste 100 % klimaneutrale Tiefkühl-Kartoffelspezialist“ zu sein. Laut Gericht erwecke diese Werbung den Eindruck, dass sämtliche Emissionen in der Produktion vermieden werden. Das Landgericht Frankfurt schloss sich der Argumentation der Wettbewerbszentrale an und untersagte die Werbung. Mit den Klagen wegen „Klimaneutralität“ als Werbebegriff möchte die Wettbewerbszentrale nach eigener Aussage auch eine Grundsatzentscheidung herbeiführen, „welche Anforderungen an eine rechtssichere Werbung mit der Aussage ‚klimaneutral‘ gelten“. Dennoch ist ihrer Ansicht nach eine Werbung mit dem Begriff "klimaneutral" erlaubt. Allerdings müssen Unternehmen transparent erläutern, was sie darunter verstehen. Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist es unzulässig, Verbrauchern eine wesentliche Information vorzuenthalten, die er benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen.

• Sie sollten konkret erläutern, was sie unter "klimaneutral" verstehen.

• Es muss für Verbraucher transparent sein, wie die "Klimaneutralität" erreicht wird.

• Erklärungsbedürftige Angaben („umweltfreundlich“) sollten mit erforderlichen Informationen versehen werden, damit Verbraucher einschätzen können, was gemeint ist.

• Sie müssen sie in der Lage sein, die CO2-Neutralität im Einzelnen nachzuweisen (Anteil an Einsparungen von CO2 durch Maßnahmen des Unternehmens, Anteil vom Kauf von Zertifikaten).

• Es sollte auf die Bepreisung der Zertifikate geachtet werden: Wer vor allem günstige Zertifikate aus Entwicklungsländern kauft, verschafft sich gegenüber Unternehmen, die auf teurere Klimaschutzprojekte in der EU setzen oder ihre eigene Produktion umstellen, einen Wettbewerbsvorteil.

• Wirklich nachhaltig (und teurer) ist die vollständige klimafreundliche Umstellung der eigenen Prozesse.

Agora-Studie „Klimaneutrales Deutschland“ auf www.agora-energiewende.de

Was braucht es zur Erreichung der Klimaneutralität in Unternehmen?

Wie werden Unternehmen klimaneutral?

Klimaneutralität: Was bedeutet das für Unternehmen?

Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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