Klimaverträgliches Wirtschaften in der Bau- und Immobilienbranche
Im Dezember 2019 verabschiedeten das EU-Parlament und der Rat der Europäischen Union wesentliche Nachhaltigkeitskriterien der EU-Taxonomie. Die Beratung Cofinpro hat eine Studie zu deren Umsetzung erstellt und dafür deutsche Banken befragt.
Das Ergebnis:
• Etwa sechs von zehn Instituten beschäftigen sich bereits intensiv mit der neuen EU-Taxonomie oder berücksichtigen das Thema in ihrer Strategie.
• In jedem dritten Institut sind die Richtlinien in der Beobachtungs- und Analysephase.
• Eine Mehrheit der befragten Banken geht von einer positiven Auswirkung der EU-Taxonomie auf ihr Geschäftsmodell aus.
• Fast alle sehen beachtliche Zusatzkosten und einen Mehraufwand für die Bereitstellung der benötigten Informationen.
Die Regelungen richten sich zwar vorwiegend an Anbieter von Immobilienfonds, aber betroffen ist auch die Baubranche.
Nach diesen Vorschlägen orientieren sich beispielsweise Energieverbrauch und Emissionen an den besten 15 Prozent des Bestands. Doch auf welcher Basis (Länder, Gemeinden, EU-weit)? Das ist noch unklar. Zudem müssen bei einem nachhaltigen Gebäude mindestens 80 Prozent des Materials recycelt werden. Leider wird nachhaltiges Bauen oft mit Begriffen wie „ökologisches Bauen“, „energieeffizientes Bauen“ oder „bioklimatische Architektur“ gleichgesetzt. Doch das sind nur Teilaspekte.
Berücksichtigt werden sollte neben der Standortwahl, Nutzerzufriedenheit, dem Personaleinsatz und der Verwendung nachhaltiger Baumaterialien „die strategische Verankerung von Nachhaltigkeitszielen in allen operativen Prozessen“, sagt Michael Fuhlrott, der beim Baudienstleister und Projektentwickler KRIEGER + SCHRAMM (K+S) für das Marketing zuständig ist und das Thema Nachhaltigkeit koordiniert. Klimaverträgliches Wirtschaften machte hier zunächst eine Analyse des Ist-Zustandes der Nachhaltigkeit des Unternehmens notwendig, denn es braucht ein verlässliches und transparentes Monitoring der gesetzten Ziele und Indikatoren.
Klimagerechtes Bauen hat für Michael Fuhlrott auch enorme Auswirkungen für eine neue Baukultur.
Durch folgende Hebel kann das Bauen in den nächsten Jahren seiner Meinung nach so verändert werden, dass dessen CO2-Print erheblich sinkt: Zement im Beton, Transportkosten bzw. Baustellen-Logistik sowie innovative Baustoffe und Baumethoden. Er ist davon überzeugt, dass sich das von Michael Braungart und William McDonough entwickelte Prinzip des Cradle to Cradle (von der Wiege zur Wiege) immer mehr durchsetzen wird. Es zeigt auf, wie Produkte in abfallfreien Zyklen wiederverwertet oder kompostiert werden können. „Von der Idee der kreislauffähigen Materialien und Gebäuden profitiert auch unsere Branche. Bauherren werden in künftig mehr Wert auf die Betrachtung des gesamten Lebenszyklus einer Immobilie legen.“ Das Ziel des klimaverträglichen Wirtschaftens in der Bau- und Immobilienbranche erfordert also nicht nur eine Vielzahl technischer Maßnahmen (z.B. energieeffizientes Bauen), sondern auch eine regelmäßige Berichterstattung und Transparenz bezüglich Nachhaltigkeit über die gesamte Immobilienwertschöpfungskette hinweg.
Weiterführende Informationen:
Jochen Bettzieche: Was heißt nachhaltig? In: Süddeutsche Zeitung (23./24.5.2020), S. 41.
Matthias Krieger: Mit Dynahaus gemeinsam einen bedeutenden Beitrag zur Energiewende leisten. In: CSR und Energiewirtschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. Springer-Verlag Berlin Heidelberg. 2. Auflage 2019.