Ersetzt eine Maschine den Menschen? Oder wohin führt uns KI? - Pixabay

Künstliche Intelligenz: Warum soziale Verantwortung unverzichtbar ist

Künstliche Intelligenz muss der Gesellschaft dienen. Politik hat sicherzustellen, dass die Vorteile dieser Technologien auch der gesamten Gesellschaft zugutekommen.

Künstliche Intelligenz (KI) gehört bereits seit Jahren zu den wichtigsten Treibern der Digitalisierung. Sie hat ein bisher nicht gekanntes Niveau erreicht und ist in immer mehr Bereiche eingedrungen. Jürgen Schmidhuber, einer der renommiertesten deutschen Forscher zum Thema KI, prognostiziert eine rasante Entwicklung: „In naher Zukunft werden wir erstmals relativ billige Maschinen haben, die so viel rechnen können wie ein Menschenhirn.“

Um für die Öffentlichkeit KI zugänglicher zu machen, ist es unabdingbar, soziale Verantwortung in Forschung und Entwicklung einfließen zu lassen. Das ist das Ergebnis des Sammelbandes „CSR und Digitalisierung“, das anhand zahlreicher Beispiele aufzeigt, dass die sichtbarsten Veränderungen der Digitalisierung besonders aus dem Bereich KI kommen.

In ihrem aktuellen Buch „Digitale Ethik“ entwickelt Sarah Spiekermann, Professorin für Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik an der Wirtschaftsuniversität Wien, eine Ethik für die Technologien der Zukunft - und zugleich ein Plädoyer für Freiheit und Selbstbestimmung im Zeitalter der Digitalisierung. Sie fordert eine Technik, die uns dient, statt uns zu beherrschen. Ihre berufliche Karriere begann in Unternehmen des Silicon Valley. Diese Erfahrungen ließen sie zu einer Expertin der IT-Branche werden. Inzwischen vertraut sie keiner Statistik mehr, die ich nicht selbst erstellt hat – „und wenn ich heute Berichte über all die generellen Künstlichen Intelligenzen, Big-Data-Revolution und Lieferdrohnen lese, dann schmunzele ich immer wieder. Für mich ist das erst einmal Science-Fiction.“

In ihrem Sachbuch beschäftigt Sie sich unter anderem mit folgenden Fragen:

• Welche Möglichkeiten haben wir, unsere innere emotionale Freiheit gegenüber Künstlichen Intelligenzen zu bewahren und menschliche Beziehungen weiterhin vorzuziehen?

• Wie könnten wir Künstliche Intelligenzen schaffen, die uns bei unseren täglichen Entscheidungen sinnvoll unterstützen?

• Wie müssten solche Avatar-ähnlichen Wesen mit uns interagieren?

• Wie könnten wir KI so gestalten, „dass sie zwar unsere schlauen Freunde werden, aber unsere Privatheit dabei nicht verletzen?“

KI wird langfristig vom Steuerzahler finanziert

Ihre Reflexion zeigt, dass es unsere Big-Data-Systeme und KIs schwer haben müssen, einem nachhaltigen (durchdachten) Anspruch auf Wissen gerecht zu werden: „Je akkurater, konsistenter, vollständiger, aktueller, größer und kontextsensitiver ein Datensatz ist, desto besser wird die Fähigkeit einer Maschine sein, Muster zu erkennen, die als interessante Maschinenmeinungen oder -vermutungen von uns Menschen herangezogen werden können.“ Institutionen müssen „weise“ sein, auch dürfen Meinungen und Vermutungen von Maschinen nicht pauschal zu Wissen erhoben werden. Ihre Vision von einer fruchtbaren Kooperation zwischen Mensch und Maschine funktioniert nur, wenn Menschen über eine Kompetenz und ein tief verankertes erlebtes Wissen verfügen, „das sie in die Lage versetzt, mit Maschinen wirklich fruchtbar zu arbeiten.“ KIs könnten uns ihrer Meinung nach dabei zur Seite stehen, über das nötige „Wollen-Können“ mehr zu lernen.

Auch Wissenschaftler der University of Manchester widmeten sich in einer Studie der Rolle von künstlicher Intelligenz in der Gesellschaft. Sie soll Entwickler und die Politik darin unterstützen, Auswirkungen von KI, die auf Datensätzen und Algorithmen beruht, in den Bereichen Industrie, Gesundheitswesen und internationale Politik besser zu verstehen. Denn Investitionen in KI werden langfristig im Wesentlichen von Steuerzahlern bezahlt. Deshalb müssten politische Entscheidungsträger zukünftig sicherstellen, dass die Vorteile dieser Technologien auch der gesamten Gesellschaft zugutekommen.

Zudem werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen KI und Robotertechnik und deren Bedeutung für die Öffentlichkeit hervorgehoben. "Sie sind sich in vielerlei Hinsicht ähnlich, dennoch handelt es sich um zwei völlig getrennte Technologien, die oft nicht nur von der breiten Öffentlichkeit, sondern auch von der Politik missverstanden werden. Das muss angesprochen und geändert werden", sagt Forscherin Anna Scaife. Es sollte ein Zugang dazu entstehen, wo sich die Forschung heute befindet und wie sich die Wissenschaft um KI und Roboter in den nächsten Jahren weiterentwickelt.

Maschinen und KI werden zu neuen „Mitarbeitern“ der Belegschaft. Sie bringen neue Fertigkeiten ein, die Menschen darin unterstützen, neue Aufgaben zu übernehmen. Mit ca. 1,8 Millionen Industrie-Robotern hat der weltweite Bestand in den Fabriken einen neuen Rekord erreicht. Dies bewerten die meisten Arbeitnehmer positiv. Sorgen machen sich die Beschäftigten allerdings um die eigene Ausbildung. Das ist das Ergebnis des automatica Trend Index 2018, für den im Januar 2018 insgesamt 7.000 Arbeitnehmer in den USA, China, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien über ein Marktforschungsinstitut bevölkerungsrepräsentativ befragt wurden.

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

• 64 Prozent aller Arbeitnehmer aus den befragten sieben Ländern wollen für die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine KI einsetzen.

• 73 Prozent gehen davon aus, dass KI es den Menschen erleichtert, der Maschine neue Aufgaben zu geben (zum Beispiel via Sprachbefehl oder Touchpad).

• Etwa jeder vierte Arbeitnehmer ist davon überzeugt, dass die Aus- und Weiterbildung für den Arbeitsplatz der Zukunft bereits eine wichtige Rolle spielt.

• Die neue Zusammenarbeit mit Robotern wird von der Mehrheit aller sieben Länder als Chance gesehen, qualifiziertere Arbeit zu erlernen.

• Besonders in China (86 Prozent) und in den USA (74 Prozent) rechnen die Menschen mit positiven Impulsen, sich über die Robotik-Automation beruflich fortzubilden.

• Die Anzahl qualifizierterer und besser bezahlter Jobs wird über die neuen Mensch-Roboter-Teams künftig ansteigen – vermutet rund jeder zweite Befragte in Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien und Japan.

• Der Reifegrad bleibt bei der Aus- und Weiterbildung für den digitalen Arbeitsplatz der Zukunft bisher deutlich hinter den Erwartungen der Beschäftigten zurück.

• In der Arbeitswelt der Zukunft werden Mensch-Roboter-Teams die Fertigung verbessern, indem menschliche Talente mit den Stärken der Robotik kombiniert werden – davon sind rund 70 Prozent überzeugt.

Dass KI bei datenbasierten Entscheidungen oder Automatisierungen, die zahlreiche Verbesserungen (medizinische Diagnosen, autonome Autos, Spracherkennung im Smartphone etc.) ermöglichen, unterstützt, steht außer Frage. Daraus ergibt sich allerdings auch eine große Verantwortung. KI muss fair und nachhaltig sein - und der Gesellschaft dienen. Die Corporate Digital Responsibility (CDR)-Initiative des Bundesjustizministeriums dient vor allem dazu, die Sichtbarkeit für dieses Thema zu stärken und gemeinsam konkrete Lösungsansätze für die nachhaltige Digitalisierung erarbeiten, um den digitalen Wandel zum Wohl aller Menschen zu gestalten.

Weitere Informationen:

Sarah Spiekermann: Digitale Ethik. Ein Wertesystem für das 21. Jahrhundert. Droemer Verlag, München 2019.

CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. SpringerGabler Verlag. Berlin Heidelberg 2017.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

Artikelsammlung ansehen