Management by Ampelmännchen: Wenn Chefs nur noch rotsehen

Ampeln sind als Reporting-Instrument im Management beliebt. Mit einem Blick ist erkennbar, wie es um die wichtigsten Prozesse oder Projekte bestellt ist. Doch so simpel die Symbolik ist, so häufig versagt auch die Steuerung nach Ampelfarben in der Praxis. Warum der Blick auf Ergebnis- oder Performance-Ampeln nicht ausreicht, um Unternehmen und Teams in Zukunft nachhaltig wirksam und erfolgreich zu steuern:
Das lustige Management-Spiel mit den Ampelfarben
„Alles im grünen Bereich!“ Diese Aussage wäre wohl den meisten Chefs recht, wenn es um die laufenden Projekte und die Performance der wichtigsten Prozesse im Unternehmen geht. Top-Manager möchten hören, dass alles läuft. Sie haben keine Lust auf die ausschweifenden Erklärungsversuche ihrer Führungsmannschaft zwischen Rechtfertigung und Schuldzuweisung, warum es im vergangenen Berichtszeitraum wieder einmal zu Zeit- oder Kostenüberschreitungen gekommen ist.
Rote, gelbe oder grüne Ampel. Das ist in Management-Reports übersichtlich und für jedermann intuitiv verständlich. Freie Fahrt bei grün, Stopp bei rot.
Und so wird im Vorfeld von Meetings heiß diskutiert, ob ein tiefes Gelb nicht doch ein helles Rot sein sollte, um die da oben endlich mal wach zu rütteln. Oder es werden in den letzten Tagen des Monats noch schnell ein paar Überstunden geschoben, um gerade noch grün für die Höhe des Arbeitsrückstands vermelden zu können und als Team nicht schon wieder negativ aufzufallen.
Ob die kurzfristige Hygiene von Ampelfarben in Reports der nachhaltigen Steuerung eines Unternehmens dient, ist für mich mehr als zweifelhaft. Hinzu kommt, dass mit diesem Management by Ampelmännchen sogar falsche Signale ankommen können und damit nicht die richtigen Steuerungsmaßnahmen durch Entscheider beschlossen werden.
Grüne Ampel: Erfolge sind keine Rede wert!
Einige Unternehmen präsentieren in Management-Meetings keine grünen Ampeln mehr. Was läuft, das benötigt keine Aufmerksamkeit. Zeitverschwendung, denn schließlich gibt es dort nichts zu entscheiden.
Die Folge: Erfolge werden nicht gesehen und wertgeschätzt und auch der Blick auf die Zusammenhänge und Abhängigkeiten zwischen den Wertschöpfungsprozessen geht verloren. Vielleicht ist es aus der Perspektive des Gesamtunternehmens sinnvoller, dass drei wichtige Kundenprozesse grün sind, darunter jedoch die Performance der Buchhaltung leidet.
Auch grüne Ampeln sollten daher berichtet werden. Ob und in welchem Umfang im Meeting über Erfolge und gute Performance gesprochen wird, liegt dann im Ermessen des Managements.
Gelbe Ampel: Wir haben Sie ja gewarnt!
So wie Gelb von uns im Straßenverkehr eine schnelle Entscheidung zwischen bremsen oder beschleunigen abverlangt, so ist es auch hier: Eine Botschaft im Executive-Report, die irgendwo zwischen „Ganz ruhig, das wird schon wieder!“ und „Achtung, Problem in Sicht!“ liegt.
Für die operativ verantwortlichen Ampelsteller bedeutet gelb häufig pflichtbewusstes Melden von noch geduldeten Normabweichungen bei gleichzeitiger Beschwichtigung baldiger Besserung. Springt sie dennoch im nächsten Report auf Rot um, dann heißt es gerne „Wir haben Sie ja gewarnt, doch nichts ist geschehen!“
Gelbe Ampeln sind weder Fisch noch Fleisch. Weil sich auch damit viele Manager heute nicht mehr abgeben möchten, teilen sie in Status-Meetings oftmals das Schicksal der grünen Ampeln, nämlich Nichtbeachtung. Dabei wäre es so wichtig, bei gelben Ampeln genauer hinzusehen: Das Kind ist noch nicht in den Brunnen gefallen und wahrscheinlich würden kleine Korrekturen und Gegenmaßnahmen ausreichen, um aus gelb wieder grün werden zu lassen.
Gelbe Ampeln haben einen großen Effekt auf das Ergebnis. Denn die Kosten einer geringen Kursanpassung sind in diesem Stadium in der Regel niedriger als die mühevolle Reparatur roter Ampeln. Hinzu kommt, dass mit roten Ampeln häufig negative Außenwirkungen, etwa bei Kunden oder Lieferanten einhergehen, die bei rechtzeitiger Reaktion gänzlich hätten vermieden werden können.
Rote Ampel: Wie konnte das passieren und wer ist schuld?
Wer Rot meldet, der kann mit diesen und anderen unbequemen Fragen rechnen. Es sei denn, Ampeln zeigen Dauer-Rot und werden schon aus Gewohnheit ohnmächtig hingenommen. Doch das, was dieses Signal eigentlich bewirken sollte, geschieht heute in den wenigsten Unternehmen: Die Suche nach Lösungen und das Beschließen von kurzfristig wirksamen, korrigierenden Maßnahmen.
Stattdessen bedeutet Rot häufig erst einmal Stillstand. Denn die Suche irgendeines Schuldigen und dessen Rechtfertigungsversuche als Antwort auf das Warum führen zu lästigen Diskussionen, die einer Lösung meist wenig zuträglich sind. Es geht viel zu oft um Schuld statt um Verantwortung und um Probleme statt um Lösungen.
Ein weiteres Signal: Wer rot meldet, der eskaliert. Ein häufig viel zu später Hilferuf der operativ Verantwortlichen an die Entscheider, etwas zu unternehmen. Doch leider meist gleichzeitig verbunden mit dem Ziel, die eigene Verantwortung für das Problem damit nach oben abzugeben.
Damit rote Ampeln richtig wirken, ist eine offene Fehlerkultur im Unternehmen erforderlich. Lautet die Antwort des Managements bei Rot „Danke für Ihren Hinweis, was können wir zu einer Verbesserung der Situation beitragen?“, erst dann führt diese Art von Steuerung nicht mehr zu Angst bei den operativ Verantwortlichen, sondern zu Klarheit und Fortschritt im Gesamtkontext.
Trau keiner Ampel, die Du nicht selbst gestellt hast!
Der Blick hinter die Kulissen der Ampelsteuerung zeigt in vielen Unternehmen, dass Grenzwerte für Ampelfarben nicht einheitlich definiert sind. Wird die Ampelsetzung sogar den Prozess-Ownern überlassen, ist der Willkür Tür und Tor geöffnet.
Da werden über Nacht Kennzahlen und deren Berechnungsmethodik modifiziert sowie die Grenzwerte für das Umspringen der Ampelfarben neu definiert. Es werden Ampeln auf farblos weiß gesetzt, weil der letzte Berichtszeitraum mal wieder eine besondere Ausnahme war – sei es wegen Systemumstellungen, Problemen bei der Datenbeschaffung oder weil sonst irgendwelche außerplanmäßigen Effekte eingetreten sind, die eine ehrliche Ampelbewertung unmöglich machen.
Ein weiterer Schwachpunkt der Ampel-Steuerungen liegt darin, dass die Aussage über das Gefahren- oder Verlustpotenzial unberücksichtigt bleibt. Dabei kann eine gelbe Ampel zu einem Prozess mit hohem Verlustpotenzial für das Unternehmen eine größere Bedrohung und damit einen höheren Handlungsdruck bedeuten als eine rote Ampel mit ökonomisch unwichtigem Hintergrund.
Steuerung der Zukunft statt Kontrolle der Vergangenheit
Egal, ob auch in Ihrem Unternehmen Ampelmännchen die Tagesordnung bestimmen oder andere Controlling- und Führungsinstrumente eingesetzt werden, achten Sie einmal bewusst darauf, wie viel Zeit eines Meetings über die Vergangenheit und Probleme und wie lange über die Zukunft und Lösungen gesprochen wird.
Das Management by Ampelmännchen ist nur ein Beispiel für die Perspektive, die Management und Führungsmannschaft heute in vielen Organisationen und Unternehmen immer noch einnehmen: Der Blick in die Vergangenheit und auf den Status Quo. Es geht zu oft um das Warum für Rot und die Schuldigen statt um das Wie für Grün und die hierfür Verantwortlichen.
Dabei ist es für die Lösung unwichtig, warum ein Problem entstanden ist.
Wer in der dynamischen Arbeitswelt heute weiterhin darauf setzt, das Gestern erklären zu wollen, der wird für das Morgen keine Zeit mehr haben.
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