Mehr Produktivität – weniger Stunden
„Reduziere deine Arbeitszeit und die Kreativität boomt“ – das wussten schon die großen Denker Literaten und Philosophen des ausgehenden 18. Jahrhunderts wie Asimov, Freud, Einstein und Goethe. Sie schrieben bzw. arbeiteten zum Teil gerade mal drei Stunden am Tag. Den Rest ihrer Zeit verbrachten sie mit Spaziergängen, Gesprächen oder sonstiger Zerstreuung. Die Arbeitgeber von heute können von Genies wie Freud also vor allem eines lernen: Zur Work-Life-Balance kommt man ganz von selbst, wenn begonnen würde, konsequent weniger, dafür aber effizienter zu arbeiten. Die Genannten haben sich dabei voll auf das Wesentliche konzentriert: das Denken. Doch das ist in der heutigen Arbeitswelt aus dem Fokus geraten, deswegen verschleudern wir wertvolle (Arbeits-)Zeit.
Meeting-Marathon statt konzentrierter Arbeit
Ständig klingelt das Telefon, eine E-Mail jagt die nächste und auf der Tagesagenda stehen drei Meetings à einer Stunde – natürlich wird überzogen, die Struktur des gesamten Arbeitsalltags gerät aus den Fugen. Das mittlere Management verbringt seine Tage in Marathon-Meetings, in denen sich einige gerne selbst reden hören, nicht jedoch zum Kern der eigentlichen Aufgabenbewältigung vordringen. Diese Konferenzen finden häufig aus reiner Gewohnheit statt, zur scheinbaren Absicherung von Projekten – aber ohne konkrete Ergebnisse oder neue Erkenntnisse. Laut einer Studie von Bain & Company summieren sich die Meetings von einigen Führungsteams auf unglaubliche 7.000 Stunden pro Jahr, viele Führungskräfte ab dem mittleren Management verbringen ganze 60 Prozent ihrer Arbeitszeit in Meetings. Neben dem immensen Stress, den das für die Mitarbeiter bedeutet, weil andere, wichtige Dinge aufgeschoben werden müssen, verursachen diese Meetings immense Kosten für die Unternehmen. Jeder Manager sollte einmal aufschreiben, wie viel Zeit er mit sinnlosen Gesprächen am Telefon oder im Konferenzraum verbringt. Hinzukommt das permanente Eintrudeln diverser, meist aber belangloser E-Mails.
Bei „rot“ bitte schweigen
Doch Meetings oder E-Mail-Flut sind nicht die einzigen Zeit- und Produktivitätsfresser: Selbst die kurzfristige Störung durch Kollegen oder der Lärmpegel im Nebenbüro kann den Workflow immens beeinträchtigen – Probleme, die die Denker der vergangenen Epochen kaum kannten.
Um dem Abhilfe zu schaffen und die Mitarbeiter zumindest in Teilen zu entlasten, verwenden einige Unternehmen schon eine sogenannte Statusampel, „Busylight“ genannt. So wird den Kollegen der aktuelle Arbeitsstatus angezeigt. In anderen Unternehmen kommen Fähnchen am Monitor zum Einsatz – Grün signalisiert „Du darfst mich ansprechen“, Rot zeigt jedem Kollegen klar an „Stopp, ich muss mich auf eine wichtige Aufgabe konzentrieren.“ Obwohl diese Art des neuen Arbeitens noch in den Kinderschuhen steckt: Einige Beispiele für eine gelungene Umsetzung ist in den Ansätzen schon erkennbar.
Die Digital Natives geben den Takt vor
Klar ist nur: Der Arbeitsalltag wie wir ihn heute kennen ist eine Sackgasse. Doch nicht mehr lange. Eine neue Generation von Arbeitnehmern wird die traditionellen Paradigmen aufbrechen. Gut ausgebildete Menschen zwischen 20 und 30 Jahren, die nicht mehr gewillt sind, diesen Stress und diese Plackerei auf sich zu nehmen. Warum? Materiell gesehen geht nicht mehr. Die Kinder der sogenannten Baby-Boomer sehen, wie sich ihre Eltern kaputt arbeiten. Haus, drei Autos und teure Urlaubsreisen en masse – dafür haben sie aber im Alltag kaum mehr Zeit für die Familie und schlagen sich im schlimmsten Fall auch noch mit Herz-Kreislauf-Problemen und weiteren Zivilisationskrankheiten herum. Um einen entscheidenden Vorteil wissen die sogenannten Digital Natives ebenfalls: ihren Wert. Damit gibt diese Generation den (Arbeits-)Takt vor und schickt die 40-Stunden-Woche in Rente. Doch das muss keineswegs in apokalyptischen Szenarien enden.
In einem Land, in dem sich gerade die ältere Generation noch enorm über den Job definiert, kommt es nun im ersten Schritt zu einem radikalen Wertewandel in Sachen Arbeit. Die Gesellschaft steht hier vor der eigentlichen Herausforderung, denn das Credo „Ich arbeite lange, also bin ich“ hat sich in den Köpfen fest verankert. Ob die Baby-Boomer bzw. nachfolgend die Generation X die Weichen für diesen Umbruch stellen können, ist fraglich. Zu sehr sind sie von der Yuppie-Attitüde der späten 80er Jahre geprägt. Umso radikaler wird der Bruch, wenn künftig die Generation Y das Runder übernimmt.