Meister der Gestaltung: Lutz Backes
Der Karikaturist, Schnellzeichner, Schriftsteller und Bildhauer Lutz Backes, der 1964 von Dieter Hildebrandt für die Lach- und Schießgesellschaft als Hauskarikaturist entdeckt wurde und das berühmte Logo der Sportartikelfirma PUMA entwarf, berichtet im Interview aus seinem bewegten Leben und warum ihm das plastische Arbeiten heute besonders wichtig ist.
Herr Backes, 1967 haben Sie das berühmte Logo für den Sportartikelhersteller PUMA entworfen. Sie sagten einmal, dass Sie es „für’n Appel und ‘n Ei“ verkauft hätten. Haben Sie nicht auf Ihr Bauchgefühl gehört?
Nö, nicht mal auf meinen kaufmännischen Verstand. Mein Klassenkamerad und Freund Gerd Dassler, der jüngere Sohn vom PUMA-Gründer, der leider kürzlich verstorben ist, rief mich im Herbst 1967 an und sagte: "Komm mal her, mein Vater will was mit Dir besprechen." In Herzogenaurach sagte der alte „PUMA“ im Beisein seiner Söhne Armin, dem älteren und Gerd, er wolle gerne ein Signet, einen springenden Puma für 5.000 Taschen. Er dürfe aber dem Jaguar der Automarke nicht ähneln. Und es solle eine Silhouette sein. Er hatte schon drei Werbegraphiker beauftragt, aber keiner hat es so hinbekommen, wie er sich das vorstellt hat. „Der Gerd habe gesagt, du bist der, der für den KICKER zeichnet. Probier‘ Du es mal.“ Ich ging in den Nürnberger Tierpark, der damals noch einen Raubtierkäfig mit einem Puma besaß und skizzierte das Tier mehrfach. Zu Hause rief ich ihn an und sagte: " Wie Ihr ihn Euch vorstellt, wird das nix. Er ist ein schönes Tier, aber zu fett und unelegant." - "Des was i scho", meinte der Alte. Ich: "Aber im Käfig daneben ist ein schwarzer Panther, der ist schlank und elegant, das wäre doch was für Euch." - "I haaß Buma un ned Bandher", maunze Ru-Da (Rudolf Dassler). Ich: „Gut, ich probiers."
Ich zeichnete dann die Raubkatze, indem ich einen Panther zeichnete, ihm einen Puma-Kopf aufsetzte, Pumatatzen und einen Pumaschwanz verpasste und legte die Zeichnung vor. "Genau so haben wir uns ihn vorgestellt." Und so ist er heute noch. Armin Dassler, der damalige Geschäftsführer, sagte: "Wir geben Dir einen Pfennig für jeden, den wir drucken." Ich: "Das wären bei 5.000 Stück nur 50 Mark. Das ist a weng Weng." - "Also gut, dann 500." Hinzu kam noch eine Tasche, ein paar Sportschuhe und noch aus der Hosentasche vom Alten ein Hunderter drauf. Das wars. Aber von 600 Mark konnte damals ein Einzelner zwei Monate leben. Gerd geleitete mich hinaus und flüsterte: "Nimm den Pfennig! Dein PUMA ist so gut, den verwenden wir später vielleicht weiter, dann verdienst du mehr.“ - "Vielleicht, vielleicht auch nicht“, meinte ich. Das wars fürs Erste. Das Urheberechtsgesetz sieht aber vor, wenn eine Sache später die Erwartungen weit übersteigt, muss nachgezahlt werden.
Wie ist es weitergegangen?
Zwanzig Jahre später habe ich nachverlangt, zehn Jahre später hat PUMA Zähne knirschend und mich beschimpfend noch einmal nachbezahlen müssen. Voll hinter mir stand mein Freund Gerd, der von seinem Bruder Armin um sein Erbe betrogen wurde und vier Jahre vor Gericht darum kämpfen musste und sich für mich freute, dass nachbezahlt werden musste. Das von mir abgelehnte ursprüngliche Puma-Angebot, mir einen Pfennig pro Puma-Artikel zu zahlen, machte das Unternehmen nie mehr.
Heute widmen Sie sich vorwiegend dem plastischen Gestalten. Wie sind Sie darauf gekommen?
Das war 1973. Ich war zum ersten Mal zum "Salone dell'Umorismo" in Bordighera/San Remo als Karikaturist eingeladen. Dort sah ich die Karikatur-Statuetten von Giorgio Gabellini, einem Meister dieser Kunst, der sogar schon im "Weißen Haus" in Washington eine Ausstellung hatte. Er sah meine Porträt-Karikaturen und meinte, das, was er mache, müsste ich auch können, da diese in sich so abgerundet, auch im Zweidimensionalen, seien. Ich sagte ihm, dass ich mich schon immer für die Bildhauerei interessieren würde, aber keine Ahnung hätte, wie diese funktioniert. Er lud mich zu sich nach Hause, nach Cesena, ein und arbeitete mit mir eine Woche lang in seinem, Atelier. Dabei modellierte ich Willy Brandt, den ich damals als politischer Zeitungskarikaturist auswendig kannte. Dann ging ich nach Hause, kaufte mir einen Klumpen Ton und fing an.
Ist Ihnen das dreidimensionales Sehen „gegeben“, oder haben Sie es gelernt?
Soviel ich weiß, ist das gegeben und kann man nicht lernen. Auch muss man beidhändig arbeiten können.
Sie arbeiten mit einer traditionellen Münchner Kunstgießerei zusammen. Was schätzen Sie an diesem Handwerksbetrieb besonders?
Die "Münchner Kunstgießerei" ist ein über hundertjähriger Betrieb. Er wird heute vom Lehrling des letzten kinderlos verstorbenen Eigentümers geführt, dem türkischstämmigen Herrn Hasan Göktepe und seinen Söhnen. Sie sind hervorragende Handwerker mit Kunstsinn und in Qualität, Preis-Gestaltung und Lieferung absolut zuverlässig. In der Kunstgießerei in der Maxvorstadt in München arbeiten sie wie in alten Zeiten gearbeitet wurde. Die Herren schaffen in ihrer Werkstatt mit viel Leidenschaft Kunstwerke aus flüssigem Metall. Das kann ich nach über 30 Werken, die sie für mich gegossen haben, mit Bestimmtheit sagen.
Wie funktioniert der Arbeitsprozess beim gestaltenden Arbeiten?
Bei den Portraitbüsten möchte ich zuerst den zu modellierenden Menschen persönlich kennenlernen. Dann mache ich ein paar Skizzen von ihm und fotografiere ihn von allen Seiten, damit er nicht viele Stunden lang sitzen muss. Dann schneide ich mir einen Styroporblock zurecht, der in etwa seinen Kopfformen entspricht. Anschließend bestreiche ich diesen Block mit den Händen mit meinem Modelliermaterial und lasse es antrocknen. Das ist für eine bessere Haltbarkeit der dann aufzusetzenden Formen wie Nase, Mund Ohren, Haare usw. Diese modelliere ich schon sehr genau. Dabei nehme ich auch oft eine Spachtel zu Hilfe. Danach lasse ich mir, sofern das für den zu Gestaltenden möglich ist, denjenigen kommen und korrigiere mit Messer, Sandpapier oder auch mit der Modelliermasse. Dabei achte ich sehr auf Portraittreue. Den fertigen Kopf bringe ich dann in die Bronzegießerei. Dort wird eine Negativform hergestellt, die dann mit der bei 1.600 Grad verflüssigten Bronze ausgegossen wird.
Viele Unternehmer erhalten von Ihren Mitarbeitern Jubiläumsgeschenke. Zu solchen Anlässen wird in der Regel Geld gesammelt und etwas Größeres gekauft, das zugleich Überlegung „kostet“. Wäre eine Büste nicht ideal?
So ein Jubiläumsgeschenk war mein erster Auftrag. Die Mitarbeiter hatten gesammelt und 1.500 Euro zusammenbekommen, um ihren Chef modellieren zu lassen. Ich habe ihnen dann das Modell gegeben, da es für den Guss es nicht gereicht hätte. Die Büste war 50 cm hoch. Eine Freundin hat sich modellieren lassen, um sie ihrem Mann zum 50. Geburtstag zu schenken. Sie hatte 750 Euro zusammengespart und mir gegeben. Die Büste war aber nur etwa 25 cm hoch, ich habe sie dann selber in Kunststein abgegossen, damit sie lange hält. Mit Unternehmen habe ich übrigens immer gute Erfahrungen gemacht. Der Preis richtet sich nach Arbeits- und Materialaufwand sowie den Gusskosten.
Haben Sie jemals bereut, nicht früher mit dem plastischen Arbeiten angefangen zu haben?
Täglich. Nun läuft die Zeit davon. Für meinen Friedhofsengel mit Rose brauchte ich fünf Monate, aber ich gehe in dieser Arbeit auf. Sie strengt mich nicht an, weil ich sie gerne mache.
Weshalb ist eine Bronze-Figur auch eine nachhaltige Wertanlage?
Bronze ist ein Edelmetall, das ewige Zeiten haltbar ist. Es ist eine Kupfer-Zinn Legierung. Das Zinn ist übrigens in den letzten Jahren teurer geworden. Vor 2.500 Jahren hat man schon Bronzegüsse gemacht, die man heute noch bewundern kann.
Was bleibt?
All die Karikaturen sind irgendwann Makulatur. Die Komödien, Sketche oder Chansons bringt kein Mensch mehr. Nur die Bronzen bleiben, denn 2.500 vor Christus war die Bronzezeit, und wenn man heute bei einer Grabung aus der Zeit Gegenstände oder Masken oder Statuen aus Bronze findet, so kann man diese immer noch ansehen. Und manchmal erraten die Forscher auch, wer diese gemacht hat. Das lässt mich hoffen.
Zur Person
Lutz Backes wurde am 16. Juli 1938 in Mannheim geboren und wuchs in Ladenburg auf. Der Karikaturist, Schnellzeichner, Schriftsteller und Bildhauer lebt in Nürnberg (seit 1957). Der Sohn eines Bankdirektors und akademischen Kunstmalers arbeitete mit 17 Jahren neben der Schule als Reporter bei der RNZ und den Weinheimer Nachrichten, wo ihn Redakteur Heinz Winkler für die Karikatur entdeckte. Backes machte eine Lehre als Industriekaufmann und studierte nebenbei am Nürnberger Konservatorium Sprechtechnik und Dramaturgie. Er arbeitete als Dramaturg, Autor und Chargenspieler am Neuen Theater und beim Kabarett Hintertreppe. Anfang der 1960er-Jahre arbeitete er als Schauspieler, Autor und Regisseur. 1964 entdeckte ihn Dieter Hildebrandt für die Lach- und Schießgesellschaft als Hauskarikaturist. 1967 entwarf er das Logo der Sportartikelfirma PUMA, das weltberühmt wurde. 1968 unterschrieb er den Vertrag mit New Yorker Cartoon-Agentur ROTHCO, seither Veröffentlichungen von politischen und Portrait-Karikaturen weltweit. 1973 leitete ihn der berühmte italienische Karikaturen-Bildhauer Giorgio Gabellini zur Bildhauerei an. Es entstanden zahlreiche Karikaturen-Köpfe und -Statuetten. 1976 nahm er den Künstlernamen BUBEC für Karikatur und Kabarett an. Er fertigte 25 Jahre Portrait-Karikaturen für das HANDESLSBLATT. 1990 erschien sein erstes Buch mit Karikaturen und eigenem Text für rororo. 1995 erschien seine erste Boulevard-Komödie. Bis 3/2008 war er Chefredakteur (Deutschland) bei der in allen EU-Ländern verbreiteten Zeitschrift „Eurojournal pro management“.
Weltweit zeigte er über 300 Solo-Ausstellungen, zeichnete Teller-Designs für ROSENTHAL-Porzellan, entwarf Pokerkarten für ASS und Verpackungen für BAHLSEN. Er war Gast-Dozent an der FH Mainz für Karikaturen und der UNI GRAZ für „Innovation und Kreativität“. Ausgewählte Auszeichnungen: Preis der Weltausstellung Montreal (1977 und ’79); Preis des Presseamts der Türkei (’77); Preis des Kulturministers von Italien ’81, Venedig-Preis ’86; „Tiè“ - Karikaturist des Jahres (Italien ’91); „Goldene Palme“ von SanRemo (’91 für sein Lebenswerk und ’99 für sein Buch „Köpfe mit Köpfchen“); Orden „Humoris Causa“; „Man of Achievement“ der Uni Cambridge; Eintrag ins „Goldene Buch“ der Stadt Schwetzingen. Seit 2008 fertigt er naturgetreue Bronze-Büsten. Seine bedeutendste Arbeit ist das Denkmal der Stadt Beelitz bei Potsdam (2012). Weiterführende Informationen: www.lutz-backes.com und www.BUBEC.de.