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Mentoring und Coaching – das sind zwei Paar Stiefel

Mentoring wird oft als chancenreiches Werkzeug bezeichnet, um die Karriere von Frauen vorwärts zu bringen.

Den potenziellen Mentees werden die tollsten Storys erzählt, wie einfach der nächste Karriereschritt wäre, wenn sie die richtigen Mentorinnen und Mentoren an ihrer Seite hätten. Auch die Unternehmen zählen vermehrt auf firmeninterne Mentoring-Programme.

Das kleinste Problem dabei ist, Mentorinnen und Mentoren zu finden. Denn diejenigen, die angefragt werden, ob sie junge Kandidatinnen begleiten möchten, sehen allein schon in dieser Anfrage eine Anerkennung der eigenen Position und Leistung. Anschliessend werden umfangreiche Programme mit Infoveranstaltungen organisiert, um ambitiöse Jungtalente eines Unternehmens für die Mentorprogramme zu gewinnen.

Der gute Wille ist da. Doch oftmals wird zu wenig darauf geachtet, ob beide Seiten überhaupt verstehen, worauf es beim Mentoring ankommt. Mentoring wird gerne mit Coaching verwechselt. Dann ist das Scheitern vorprogrammiert, weil fachlicher und emotionaler Support miteinander vermengt wird. Es kann vorkommen, dass einseitig ein Coaching erwartet wird, das ganz individuell auf die persönlichen Probleme eingeht und auch die Hintergründe analysiert, warum diese entstanden sind.

Es ist daher unabdingbar, im Vorfeld zu klären, wie Mentoring definiert wird und welche Anforderungen gegenüber einem Mentor bestehen. Geschieht das nicht, sind die Erwartungshaltungen der Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner zu unterschiedlich. Die ungleichen Vorstellungen prallen in der Realität aufeinander und lösen Frust und Enttäuschung aus, sowohl bei den jungen Frauen wie auch bei den Mentorinnen und Mentoren, und letztlich auch bei den Verantwortlichen der Mentoring-Programme.

Viele Unternehmen übersehen beim Aufbau der Programme folgende Punkte:

  • Mentorinnen und Mentoren müssen auf ihre Aufgabe vorbereitet werden. Ein positiver Bescheid bei angefragten Personen, bedeutet nicht, dass die angehenden Mentorinnen oder Mentoren wissen, was auf sie zukommt, oder welche Verantwortung sie übernehmen.

  • Etwas vom Wichtigsten: Der zeitliche Aufwand muss definiert werden. Denn zwischen einem 5-minütigen Gespräch in der Kantine und bewusstem Teilen an Wissen und Erfahrungen liegen (zeitlich und inhaltlich) Welten.

  • Es muss klargestellt werden, dass es sich beim Mentoring-Programm um ein fachliches Begleiten handelt und nicht um ein Persönlichkeits-Coaching.

  • Eine neutrale Person muss ernannt sein als Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner für allfällige Unklarheiten in der Zusammenarbeit.

Auf der anderen Seite schätzen auch viele junge Frauen die Realität falsch ein, wenn sie davon ausgehen, ein Mentor-Programm ermögliche automatisch den Aufstieg im Unternehmen.

  • Mentoring bedeutet nicht: Türöffnung, um ohne grossen Einsatz die nächste Beförderung zu erhalten.

  • Mentoring bedeutet nicht: Persönliche Probleme in den Fokus setzen, als Kompensation für fehlende Bestätigung und Anerkennung.

  • Mentoring bedeutet: Wissen und Erfahrungen, die noch fehlen, bei arrivierten Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern abholen.

  • Mentoring bedeutet: Direkte und verständliche Vermittlung von Fachwissen gepaart mit Lebenserfahrung, was viel anschaulicher und einprägsamer ist, als dies ein Lehrbuch vermitteln könnte.

Mentoring ist ein chancenreiches Förderinstrument bei der beruflichen Karriere. Wer das im Grundsatz erkennt, braucht nicht zwingend ein Programm, sondern sucht sich in allen Berufs- und Lebensabschnitten selbst das passende Mentoring. Dazu gehört allerdings ein Netzwerk, das nicht nur Familie und Freunde umfasst, sondern Personen aller Generationen, aller Branchen und Funktionen. Dieses Netzwerk muss über einen grösseren Zeitraum hinweg aufgebaut und gepflegt werden. Durch die virtuelle Vernetzung geht das heute viel einfacher als früher.

Wer ein Mentoring-Programm anstrebt, muss seine eigenen Schwächen erkennen können und muss die Fähigkeit haben, klar zu formulieren, wobei er oder sie Hilfe benötigt. Des Weiteren erfordert ein Mentoring auch das Selbstbewusstsein, bei Unsicherheiten weitere Fachpersonen anzusprechen, und ein Gespür dafür zu realisieren, wann das laufende Mentoring nicht mehr notwendig ist und möglicherweise ein Neues begonnen werden sollte.

Genauso wie beim Netzwerken bedeutet Mentoring, Hilfe nicht nur anzunehmen, sondern auch selbst zu offerieren, also selber Mentorin oder Mentor zu sein. Oft wird das von der jungen Generation völlig unterschätzt. Viele glauben, dass nur Fachwissen allein entscheidend ist. Doch die heutigen Fachexperten brauchen den Austausch mit der jungen Generation. Denn wenn Kaderleute, Managerinnen und Experten bei den technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen nicht am Ball bleiben, trifft irgendwann die Situation ein, dass sie selbst bei einem Stellenwechsel merken, dass sie eigentlich ein Mentoring gebraucht hätten.

Petra Rohner XING Ambassadorin Frau & Business Dozentin Social Media im Bewerbungsprozess

Petra Rohner schreibt über Frauen, Business, Networking, Netzwerke

Mit PR Consulting GmbH lege ich den Fokus auf die Beratung von Fach-und Führungskräften im Bewerbungsprozess, oder in Neuorientierung. Mit den Büchern "EINFLUSSREICH NETZWERKEN" vermittel ich meine Erfahrungen im beruflichen Netzwerken. Als Ambassadorin Frau und Business vernetze ich Frauen im XING.

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