#MomToo: Lasst uns berufstätige Mütter sichtbarer machen!

“Sag Bescheid, wenn Du schwanger bist, dann kann ich Dich auf der Karriereliste streichen.” Es ist nicht der einzige Satz dieser Art, der mir in Erinnerung geblieben ist und mir zeigt: Wir müssen als Gesellschaft gemeinsam umdenken.
“Karriere oder Familie – Du musst Dich schon entscheiden”, fuhr mein damaliger Chef fort. Zu dem Zeitpunkt war er angehender Vater von Zwillingen. Deshalb stellte ich ihm die Frage: “Willst Du mir damit sagen, dass Du mir Deinen Job übergeben möchtest?” Er entgegnete mir überrascht: “Nein, ich rede nur von Frauen.”
Als er dann für zwei Wochen nach der Geburt seiner Kinder zu Hause blieb, wurde er zum Vorzeigevater des Unternehmens. Seiner Karriere hat die Vaterschaft keinen Abbruch getan. Im Gegenteil: Von den zwei Wochen Kinderurlaub erzählte man sich noch Jahre später mit großem Lob. “Wie schafft er das nur , Familie und Karriere so gut zu verbinden?“
Eine meiner Freundinnen ist selbstständige Headhunterin. Sie traute sich nicht , irgendjemandem von ihrer Schwangerschaft, Geburt und einige Zeit lang auch nicht von der Existenz ihres Kindes zu erzählen. Sie hatte Sorge, das könne ihre Auftragssituation beeinträchtigen, weil man ihr kein professionelles Arbeiten mehr zutrauen würde.
Lange Zeit dachte ich, das gehe nur anderen Frauen so. Aber seit ich Mutter bin, weiß ich, dass es jeder von uns – auch mir – „passieren“ kann.
Es beginnt zuhause
Nicht nur Führungskräfte, sondern schon die Partnerschaft verlangen Gespräche über und Akzeptanz für die Karrierewünsche des anderen. Wenn es darum geht, Kinder und Job zu kombinieren, können Gespräche (besonders bei heterosexuellen Paaren) so oder so ähnlich aussehen:
Er: “Ich möchte unbedingt weitere Kinder mit Dir, aber wie willst DU das denn machen, arbeiten kannst DU dann ja nicht mehr. Du müsstest dann schon komplett zu Hause bleiben.” Darauf sie: “Wie ICH das machen will? Wäre nicht die richtige Frage, wie WIR das machen wollen? Und hast DU nicht vor der Geburt unseren Freunden erzählt, dass DU zu Hause beim Kind bleiben möchtest?”
Fehlender Rückhalt durch den Partner macht die Situation für Frauen in der Arbeitswelt nicht leichter. Der Druck erschwert die Entscheidung für oder gegen Kinder überhaupt.
Spätestens seit #MomToo, seit Managerin und Mutter Kaitlyn Chang in einem sozialen Netzwerk darauf aufmerksam machte, wissen wir: Das sind keine Einzelfälle.
Es gibt Wortexporte, die sagen viel über eine Kultur aus – „Kindergarten“ beispielsweise – oder eben „Rabenmutter“. Was ist denn mit Rabenvätern und Rabenkindern? Von denen spricht keiner, nur von Müttern, die sich angeblich zu wenig um ihre Kinder kümmern. Ihnen wirft man vor , sie sollen sich doch entscheiden – Kind oder Karriere.
Ich gehe mit meinem Muttersein so selbstverständlich wie möglich um. Job ist Job. Privat ist privat. Wenn das nur immer so einfach wäre… Doch mit Corona ist das nicht immer ganz einfach. Da rennt dann mal das eigene Kind im Hintergrund durch das Bild, während ich virtuell einen Vortrag halte und übernimmt kurzzeitig mit einem Gruß an alle Teilnehmerinnen. W ichtig finde ich es schon, wenn mein Kind mal sieht, wo und wie ich arbeite, aber möglichst geplant.
Oder ich stehe auf einer Bühne, mein Kind unter den Zuschauern und findet es plötzlich gar nicht cool, dass ich da vorne stehe, versucht mich zu überreden, die Bühne zu verlassen… Momente wie diese sind menschlich und gehören, finde ich, zum Leben dazu.
Lasst uns arbeitende Mütter zur Selbstverständlichkeit machen
Dass beides zusammen geht, zeigen uns täglich die Väter. Dass Vereinbarung auch bei Frauen funktioniert , betrachtet man in einigen anderen Ländern als Selbstverständlichkeit. (Wo Elternzeit gleichmäßig verteilt wird, wo Kinderbetreuung verfügbar und erschwinglich ist.) Und ist es denn undenkbar, das Kind mit in den Job zu nehmen? Es gibt Beispiele, auch hier in Deutschland, die Mut machen. Sie geben die Hoffnung, dass sich auch hier das Verhältnis zum Kind, zur arbeitenden Mutter und Führungskraft normalisiert.
Meine Freundin mit vier Jungs beispielsweise, die ihre kleinen Kinder einschließlich des dritten Kindes in den ersten Jahren im Job dabei hatte. Die Hälfte Ihres Raumes war von den Kindern belegt – mit Bällebad, Kriechröhre und Legosteinen. Für ihren direkten Chef, Vorstandsvorsitzender eines Konzerns, war sie die Vorzeigemutterkarrierefrau – sie lebt das UND statt ENTWEDER ODER.
Es geht aber um mehr. Die erfolgreiche kämpferische Ausnahmemutterheldin reicht nicht. Aber was hilft, um Väter wie Mütter als Führungskräfte als selbstverständlich anzusehen?
- Lasst uns Umstände schaffen, Bilder wie diese zur Selbstverständlichkeit machen: Betriebskindergärten, insgesamt mehr Kindergärten und die Möglichkeit, eine Kita mit qualifizierten Kräften in der Nähe von Wohnort oder Arbeit zu bekommen. Einfacheres Arbeiten im Homeoffice, um das Arbeiten auch bei erkrankten Kindern von zu Hause aus ohne Krankmeldung erledigen zu können und ohne, dass dies zum Karrierekiller wird.
- Lasst uns mit Kindern im privaten und beruflichen Alltag selbstverständlich umgehen: uns freuen über die Aufmerksamkeit, die Väter bekommen, wenn sie sich um ihre Kinder kümmern. Kein Social Media-Herzeigen von Kindern als Trophäe zur Zurschaustellung der eigenen Superwoman- und Superman-Qualitäten, sondern ein wirklich selbstverständlicher Umgang mit Kindern im Alltag.
- Lasst uns über Vorurteile sprechen und aufklären, Vorbehalte ausräumen, uns darüber klar sein, dass Kinder ihre Mütter genauso wie ihre Väter brauchen, um eine gesunde Entwicklung zu nehmen. D ass sie starke Mütter wie Väter brauchen, um gute Vorbilder zu haben und dass sie beide Elternteile möglichst gleichviel erleben sollten.
Dazu kann dann auch gehören, dass man das eigene Kind zu einer beruflichen Veranstaltung mitnimmt, eingekuschelt in die Trage, die die Mutter oder der Vater am Körper trägt. Lasst uns sichtbare, arbeitende Eltern zur Selbstverständlichkeit machen. #MomToo - #DadToo - #ParentsToo
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