Müssen (Recruiting-)Algorithmen beaufsichtigt werden? Und wenn ja, durch wen?
Algorithmen im Recruiting? Ja, die wird es wohl unausweichlich geben, soviel dürfte feststehen. Auch wenn einem das als Recruiter möglicherweise nicht gefällt, der Weg zu einem mehr oder weniger weitreichenden „Robot-Recruiting“ ist eingeschlagen.
Allerdings kann auf die Richtung, die dieser Weg nehmen wird, natürlich Einfluss genommen werden. Oder besser: Darauf MUSS Einfluss genommen werden. Wenn HR vermeiden möchte, dass irgendwann „Dritte“, z.B. die IT, durch die Tür kommen und HR ihre Algorithmen aufzwingen, ist es unerlässlich, dass HR sich insgesamt aufmacht, die eigenen Wünsche und Vorstellungen in die Entwicklung von Recruiting- und People Analytics-Algorithmen hineinzugeben.
Auf die Problematik, dass auch die vermeintlich so bahnbrechenden Möglichkeiten der neuen Big-Data-Welt überhaupt nicht davor gefeit sind, zwar ziemlich exakt ausgerechnete, aber letztlich falsche (oder sogar ziemlich blödsinnige) Zusammenhänge herzustellen, weise ich ja bei jeder sich bietenden Gelegenheit hin:
Wenn man zwei Merkmale nimmt, dann haben diese auch immer eine Korrelation, d.h. die Ausprägung des einen Merkmals hängt statistisch immer mit der Ausprägung des anderen zusammen. Diese Korrelation kann stark oder schwach und sie kann positiv oder negativ sein, aber eine Korrelation gibt es immer. Und wenn die Datenmenge groß genug ist, wird – etwas vereinfacht ausgedrückt – auch jeder Zusammenhang irgendwann signifikant.
Und so lässt sich dann bspw. auch „beweisen“, dass Menschen, die gedrehte Pommes (Curly Fries) lieber mögen als gerade Pommes, intelligenter sind. Stumpf auf den Recruiting-Kontext übertragen hieße das:
Frage die Leute nach ihrer Pommes-Präferenz und stelle die Curly-Fries-Esser ein…
Merkt Ihr selber, oder? Ist natürlich Blödsinn, man spricht von einer sog. Scheinkorrelation. Statistisch kann man zwischen allem Bezüge herstellen, inhaltlich oder sogar „kausal“ sind sie deshalb noch lange nicht.
Aber auf solchen anlasslos und theoriefrei festgestellten Zusammenhängen beruhen viele der „Big-Data-meets-neueste-Erkenntnisse-der-Neurowissenschaften-und-kommt-aus-dem-Silicon-Valley-Algorithmen“ leider immer noch. Nur dass diese sich hinter sehr ausgefuchster Mathematik ziemlich gut verstecken können. Anders kann ich mir das momentan zu beobachtende Phänomen nicht erklären, dass viele aus gutem Grund eigentlich auf dem Friedhof der unbrauchbaren eignungsdiagnostischen Verfahren entsorgten Methoden (z.B. Face- oder Palmreading, Schrift-, Stimm-, Sprach-, Namens- oder Geburtstagsanalyse) momentan ihr Comeback feiern und dabei oft auch noch völlig kritikfrei vom Boulevard gefeiert werden oder auf einschlägigen Branchenveranstaltungen eine große Bühne geboten bekommen …
Es drängt sich die Frage auf: Führt hier evtl. der Hund das Herrchen an der Leine? Oder anders:
Müssen Algorithmen beaufsichtigt oder gar reguliert werden? Und wenn ja, durch wen?
Ob das sinnvoll ist und wer ggf. als Aufsichtsinstanz in Frage käme, hier entlang...: