Mythos Erfolg: Was die Ikone Madonna mit Karl Lagerfeld verbindet
Kunst sein
„Ich bin das Ergebnis von Kunst. Ich bin Kunst. Je suis lárt“, hat Musik-Ikone Madonna einmal gesagt. Wie Karl Lagerfeld, der auch Outfits für sie entworfen hat, bediente sie sich immer unterschiedlicher Quellen und bündelte all diese Einflüsse zu einer eigenen Vision. Wie der Meister der Mode, Fotografie und Buchkunst brennt sie für ihre Sache, trägt ein Feuer in sich, das hinaus in die Welt will, die sie ein Stück besser machen möchte. Dazu braucht es Mut, Entschlossenheit, Resilienz und: Sichtbarkeit. Seit ihrem fünften Lebensjahr bereitete sich Madonna darauf vor, ihren eigenen Weg zu gehen. Schon damals erkannte sie die Macht von Kleidung und wollte wahrgenommen und geliebt werden.
Die Zerbrechlichkeit ihrer kranken Mutter führte dazu, dass sie eine lebenslange Aversion gegen Schwäche entwickelte: „Ich begriff, dass ich zwei Möglichkeiten hatte: entweder traurig und schwach zu sein und die Kontrolle zu verlieren oder das Kommando zu übernehmen und dafür zu sorgen, dass sich die Lage bessert." Sie wollte sich wie Lagerfeld von anderen unterscheiden und ihren eigenen Regeln folgen. Wie er blieb auch sie als Kind mehr für sich und las mehr als der Durchschnitt.
Als junge Frau wurde sie vergewaltigt und fühlte sich machtlos. Dieses Erlebnis veranlasste sie, den Männern zu zeigen, dass „sie die Zügel in der Hand hielt und hartgesotten" war. Seitdem stellt sie sich allen Gefahren und blickt nicht zurück. Sex wurde für sie zu einer Maske, „die Waffen ihres Vergewaltigers gegen ihn selbst zu richten". Vor diesem Hintergrund werden ihre komplexe Persönlichkeit und ihr Bedürfnis nach Kontrolle, Ordnung und festen Ritualen verständlicher.
„Ich denke, der Hauptgrund dafür, dass ich mich ausdrücken konnte und nicht habe einschüchtern lassen, lag vor allen Dingen darin, dass ich keine Mutter hatte“, sagte sie einmal. Was sie antreibt, ist allerdings weniger die Trauer um den Tod ihrer Mutter, als das Gefühl des Verlassenseins, das sie schutzlos zurückgelassen hat. Die einzige Möglichkeit, damit umzugehen, ist Kreativität. Wie bei Lagerfeld vergisst sie im schöpferischen Prozess alle Masken und den Drang nach Kontrolle.
Madonna konkurrierte mit ihren Geschwistern ständig um die Aufmerksamkeit ihres Vaters buhlte. Sie wuchs mit dem tiefen Verlangen nach Berührungen auf. Ihre Sehnsucht nach Körperlichkeit zeigt sich auch im Wechselspiel mit dem Publikum. Während ihrer Auftritte erhält sie ihre eigene Energie wie ein Echo von ihren Zuhörern zurück. Diese Erfahrung machte auch die Fotokünstlerin Nicole Simon, die kürzlich ihre "Madame X"-Tour im ehrwürdigen Pariser Grand Rex besucht hat. Der Pariser Star-Designer Jean-Paul Gaultier fertigte extra Kleider für ihre Auftritte in Paris an. Die Super-High-Tech-Show war eine Feier der Liebe, des Lebens und der Menschlichkeit. Zu Beginn machte sie auf der Bühne ein Polaroid-Bild und versteigerte es für 10.000 Euro zugunsten ihrer Initiative „Raises for charity“, mit der sie Waisenkinder in Malawi unterstützt. „Sie setzte sich dabei auf die Bühne direkt vor das Publikum und machte das Bild“, sagt Nicole Simon.
Besonders beeindruckend war für sie auch die Interpretation des Songs „La vie en rose“ von Edith Piaf: „Dabei setzte sich Madonna an den rechten Bühnenrand auf den Boden. Die Bühne war komplett leer, nur hinter ihr der zugezogene schwarze Vorhang. Das Konzert und ihre ganze Performance waren eine Balance aus Lässigkeit und tiefen Emotionen, die ihre Sinnlichkeit, Zerbrechlichkeit und Stärke widerspiegeln.“ Erlebt wurde Madonna als ein sehr nahbarer Mensch, der sich im richtigen Moment allerdings auch zu entziehen weiß, um das eigene Geheimnis nicht zu zerstören. Was von diesem Konzert bleibt, ist, ihre Botschaft, dass wir alle gleich wertvoll sind - und „Kämpfe für Deine Träume.“
Was den Erfolg von Madonna ausmacht
• Sie nutzte die entsprechenden Mittel, die ihr an die Hand gegeben wurden und erkannte „richtige" Gelegenheiten, die sie wie das Glück sofort am Schopfe packte.
• Sie hielt sich nie lange mit etwas auf, wenn sich die Dinge nicht gut für sie entwickelten.
• Sie erkannte sofort, wer am meisten Einfluss hat und von wem sie sich fernhalten muss.
• Ihre Rücksichtslosigkeit wurde durch ihre starke Bedürftigkeit gemildert.
• Sie nahm (wie Karl Lagerfeld) immer nur das in sich auf, was sie gerade brauchte.
• Sie war sich der zersetzenden Wirkung des Berühmtseins bewusst.
• Geheimnisse, Initialisierung und der Gewinn neuer Erkenntnisse wurden zu wesentlichen Themen ihres Werkes.
• Sie erfand sich immer wieder neu - ohne ihr Selbst zu verlieren.
• Ihr Leben fließt vollständig in ihre Arbeit ein.
Weiterführende Literatur:
Lucy O'Brien: Madonna. Like an Icon. Die Biographie. Goldmann Verlag, München 2008.
Alexandra Hildebrandt und Nicole Simon: KARL. Reflections. Kindle 2020.