Nachhaltige Unternehmensführung und Next Generation: Worauf es bei einer erfolgreichen Nachfolgeplanung ankommt
Die Babyboomer-Generation geht in den Ruhestand, und es gibt nicht genug junge Menschen, die in den Arbeitsmarkt eintreten, um diese Lücke zu füllen (Mangel an qualifizierten Fachkräften). Hinzu kommt, dass unterschiedliche Generationen verschiedene Ansichten und Vorstellungen haben: So hat die Generation Y andere Werte und Wünsche als die der Babyboomer – das führt häufig zu Missverständnissen. Auch die Digitalisierung erfordert neue Qualifikationen und Fähigkeiten. Nur eine ganzheitliche und nachhaltige Strategie kann sicherstellen, dass Unternehmen auch in Zukunft erfolgreich weitergeführt werden können.
sorgfältige Abwägung zwischen der Aufrechterhaltung der Unternehmensvision und der Berücksichtigung der Wünsche und Fähigkeiten der Familienmitglieder
Berücksichtigung der emotionalen Dimension der Nachfolgeplanung
Einbeziehung der Familie in den Entscheidungsprozess und die Schaffung eines klaren Rahmens für die Übergabe sowie frühzeitige Bindung der Belegschaft zu den Familienmitgliedern
Offenheit der vorangehenden Generation gegenüber (neuen Ideen) der jungen Generation
Langfristige Perspektive und die Fähigkeit, die aktuellen Bedürfnisse des Unternehmens sowie die zukünftigen Herausforderungen zu berücksichtigen
frühzeitige Planung gibt der Familie und dem Unternehmen genügend Zeit, damit die Nachfolger in ihre Aufgabe hineinwachsen und die Älteren „herauswachsen“ können
strukturierter Prozess: Minimierung potenzieller Konflikte und Sicherstellung eines reibungslosen Übergangs
rechtzeitige Klärung rechtlicher und finanzieller Fragen (Übertragung des Eigentums und der Kontrolle über das Unternehmen)
Respekt der jungen Generation gegenüber dem Lebenswerk der Eltern
Sicherstellung der finanziellen Stabilität des Unternehmens während des Übergangs
Etablierung einer Startup-Kultur, mit einem Angebot an innovativen Produkten und Dienstleistungen
Strategien für eine nahtlose Übergabe in Familienunternehmen
Schaffung einer Umgebung, in der Werte, gelebte Normen und Orientierungen auf das Hervorbringen von Innovationen ausgelegt sind - und die Unternehmenskultur maßgeblich das Denken und Handeln bestimmt
Sicherung der Unternehmenskontinuität
Förderung einer inklusiven Unternehmenskultur, die Diversität, Offenheit und Zusammenarbeit fördert
Klare Vision für die Zukunft: Vorausschauendes Denken und Anpassung des Unternehmens an die sich wandelnden Anforderungen des Marktes (Balance zwischen Tradition und Innovation)
Vorbereitung des Unternehmens auf die Übergabe (Sicherstellung der finanziellen Gesundheit des Unternehmens und eine starke Unternehmenskultur).
Eine gelingende Umsetzung zeigt das Beispiel der Mader GmbH & Co. KG: Werner Landhäußer und Peter Maier hatten das Unternehmen 2004 im Rahmen eines Management-Buy-Outs aus einem Schweizer Konzern gekauft. Als eine der ersten Maßnahmen in seiner neuen Funktion als Unternehmenseigentümer initiierte und entwickelte Landhäußer und sein Team 2006 das Werte-Leitbild des Unternehmens. Mit dem Mader WerteCodex wird noch heute das Bekenntnis zu einer werteorientierten Unternehmensführung unterstrichen. Hier werden Werte und Ziele zusammengefasst, die im Unternehmen von Bedeutung sind. Gleichzeitig werden die Spielregeln festgelegt, unter denen miteinander und mit Geschäftspartnern zusammengearbeitet wird. Für die Fokussierung wurde der Schwerpunkt auf einige Kernwerte gesetzt:
Standhaftigkeit: Wir stehen zu unserem Wort – selbstbewusst und geradlinig.
Gelassenheit und Ruhe: Wir bleiben gelassen und behalten in jeder Situation den Überblick.
Willenskraft: Wir wollen den Erfolg – mit Engagement, Kompetenz und Innovationskraft.
Begeisterung und Optimismus: Wir begeistern uns für den Erfolg und sehen optimistisch in die Zukunft.
Offenheit und Ehrlichkeit: Wir gehen offen und ehrlich mit unseren Kollegen und Geschäftspartnern um.
Gerechtigkeit und Zuverlässigkeit: Wir schaffen Vertrauen und Glaubwürdigkeit, indem wir fair und verlässlich handeln.
Verantwortung und Vertrauen: Wir übernehmen Verantwortung – für unsere Kollegen, die Gesellschaft und die Umwelt.
In seinem Buchbeitrag „Energie als Krisenpotenzial“ beschreibt Landhäußer, dass dies aus innerer Überzeugung getan wurde, um in der Belegschaft, die durch den autoritär geprägten Führungsstil früherer Führungskräfte stark verunsichert war, neues Vertrauen aufzubauen: „Wie viel würden die formulierten Werte den Gesellschaftern noch wert sein, wenn es ihnen an den Geldbeutel ging? Die Angst der Mitarbeitenden um ihren Arbeitsplatz und die allgemeine Verunsicherung über die weitere Entwicklung waren deutlich zu spüren.“ Statt Personalabbau wurde Kurzarbeit angemeldet, zudem wurden die Ausgaben drastisch gesenkt und die Vertriebsaktivitäten verstärkt. Für das Unternehmen stellte die Krise einen Wendepunkt dar: Bereits damals mussten Leistungen und Produkte neu gedacht werden. Alle wurden durch die schwierige Situation gezwungen, andere Blickwinkel einzunehmen und sich progressiven Ideen zu öffnen. Obwohl zu diesem Zeitpunkt der Anteil des Geschäftsbereichs Drucklufttechnik am Gesamtumsatz des Unternehmens bei gerade einmal 11 Prozent lag, sahen die Verantwortlichen die offensichtliche „Krisenresistenz“ dieses Bereichs als Lichtstreifen am Horizont.
Die neue Strategie beinhaltete grundlegende Veränderungen in der Unternehmenspositionierung, im Leistungs- und Produktportfolio, der Organisationsstruktur und im Außenauftritt. Die Trennung zwischen den Geschäftsbereichen Drucklufttechnik und Pneumatik wurde aufgelöst. Alle Vertriebsmitarbeitende waren nun für den Verkauf aller Produkte und Leistungen verantwortlich. Im Produktmanagement wurde die Spezialisierung auf Produktbereiche beibehalten. Die fünf zentralen Angebotsbereiche sind Energieeffizienz, Drucklufttechnik, Pneumatik und Service. Mit derzeit rund 100 Mitarbeitenden erwirtschaftet das Unternehmen an seinen vier Standorten in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart, in Eichenau bei München, in Hei-denheim an der Brenz und in Ditzingen einen Umsatz von rund 19,3 Mio. Euro (2023). Für das Engagement im Bereich Nachhaltigkeit und Energieeffizienz erhielt das Unternehmen zahlreiche Auszeichnungen (u.a. Umweltpreis für Unternehmen Baden-Württemberg). Seit 1. August 2024 erweitern zwei neue Mitglieder die Geschäftsführung bei Mader: Helen und Johannes Landhäußer stoßen zu Marco Jähnig und Stefanie Kästle. Helen Landhäußer übernahm die Verantwortung für die Bereiche Personal und Marketing, Johannes Landhäußer die Bereiche Innovation und Wachstum. Peter Maier, geschäftsführender Gesellschafter, beendet altersbedingt seine geschäftsführende, operative Tätigkeit (intern wurde der Wechsel bereits Anfang März kommuniziert und vorbereitet).
„Wenn wir 20 Jahre jünger wären, würden wir gerne nochmal mit durchstarten. Die Ideen, die die ‚Next Gen Mader‘ haben, begeistern uns. Und das nicht nur als Väter, sondern auch als Unternehmer“, bemerken Werner Landhäußer und Peter Maier. Dass ihre Kinder unternehmerische Ambitionen haben und Mader gemeinsam weiterführen wollen, ist für beide eine große Freude. Während Helen und Johannes die Geschäftsführung bei Mader verstärken, baut ihre Schwester Julia als Leiterin des Bereichs Controlling einen datenbasierten Ansatz zur effizienten Unternehmenssteuerung auf. Zu Looxr, dem digitalen Spin-Off von Mader, stößt Andreas Maier, der mit seiner starken Vertriebskompetenz gemeinsam mit seinem Bruder Alexander Maier, das Unternehmen weiter voranbringen will. „Die nächste Generation an Bord zu haben ist für mich der Beweis dafür, dass wir in den vergangenen Jahren gemeinsam die richtigen Weichen ge-stellt haben. Unser Fokus auf energieeffiziente Lösungen und nachhaltige Unternehmensführung deckt sich mit den Wertvorstellungen der nächsten Generation“, sagt Stefanie Kästle, die gemeinsam mit Marco Jähnig, seit 2017 Geschäftsführerin bei Mader ist.
„Saving energy – für eine enkelfähige Zukunft – das ist die Vision, die wir für Mader haben. Dafür wollen wir Europas größter One-Stop-Shop für industrielle Druckluft werden“, skizziert Johannes Landhäußer den Fokus der nächsten Jahre, die Strategie Mader 3.0. Der 34-Jährige sammelte langjährige, internationale Erfahrungen im digitalen Umfeld, darunter mehr als sechs Jahre in führenden Positionen bei Google. Seine Expertise möchte er vor allem im Bereich Innovation und Unternehmenswachstum einbringen. „Die Unternehmenswerte, für die Geschäftsführung und das gesamte Unternehmen in den letzten 20 Jahren standen, wollen wir auch zukünftig bewahren. Schließlich sind das auch die Werte, mit denen wir aufgewachsen sind und die uns geprägt haben“, sagt Helen Landhäußer, die bereits über fünf Jahre lang in verantwortlicher Position im Tochterunternehmen Looxr arbeitete, davon mehr als drei Jahre als CEO. Zuvor sammelte sie internationale Erfahrungen im Bereich Personal und Change-Management.
Intern wurde die Veränderung in der Geschäftsführung bereits im März eingeleitet. Zur Feier des 20-jährigen Jubiläums des Management-Buy-Outs luden die Gesellschafter die gesamte Belegschaft ein und informierten gemeinsam mit Marco Jähnig und Stefanie Kästle über den geplanten Wechsel in der Geschäftsführung. „Die nächste Generation in der Geschäftsführung markiert nicht nur eine Fortführung unserer Arbeit, sondern auch eine frische, zukunftsorientierte Perspektive. Gemeinsam mit Helen und Johannes sind wir bestens gerüstet, um Mader auf das nächste Level zu heben und unseren Kurs auf Innovation und Nachhaltigkeit fortzusetzen und den Fortbestand des Unternehmens langfristig zu sichern“, so Marco Jähnig.
Ich danke Ulrike Böhm für die aktuelen Informationen.
Übernehmensübergabe und Nachfolge: Wie die Nachhaltigkeit sichergestellt werden kann
Ulrike Böhm, Stefanie Kästle, Julia Sulzberger: Ein Mittelständler auf dem Weg zur Klimaneutralität. In: Klimaneutralität in der Industrie. Aktuelle Entwicklungen – Praxisberichte – Handlungsempfehlungen. Hg. von Ulrike Böhm, Alexandra Hildebrandt, Stefanie Kästle. Springer Gabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2023.
Ulrike Böhm: Die Macht der kleinen Schritte. Wie man als mittelständisches Unternehmen zum Klimaretter wird. In: Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.
CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage. SpringerGabler Verlag. 2. Auflage. Berlin, Heidelberg 2021.
Helen Landhäußer: Klimaneutralität durch Digitalisierung – von der Transformation analoger Technologien und GreenTech Unicorns. In: Klimaneutralität in der Industrie. Aktuelle Entwicklungen – Praxisberichte – Handlungsempfehlungen. Hg. von Ulrike Böhm, Alexandra Hildebrandt, Stefanie Kästle. Springer Gabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2023.
Helen Landhäußer und Florian Feltes: Wie viel Gefühl steckt in künstlicher Intelligenz? In: Bauchgefühl im Management. Die Rolle der Intuition in Wirtschaft, Gesellschaft und Sport. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. SpringerGabler Verlag 2021.
Werner Landhäußer und Ulrike Böhm: Energie als Krisenpotenzial. Die Geschichte hinter dem Mader-Effekt. In: CSR und Energiewirtschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. SpringerGabler Verlag, Heidelberg Berlin 2015, S. 311-329.
Stefanie Kästle und Werner Landhäußer: Druckluft 4.0 goes green: Herausforderungen, Chancen und innovative Lösungen am Beispiel der Mader GmbH & Co. KG. In: CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage, SpringerGabler Verlag, Heidelberg Berlin 2021.