Nachhaltigkeit 2030: Wie weit ist die Umsetzung der 17 Sustainable Development Goals (SDGs) gediehen?
Die globale Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung
Am 25. September 2015 beschloss die Staatengemeinschaft auf ihrer 70. Generalversammlung in New York die globale Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung in Form von 17 „Sustainable Development Goals“ (SDGs). Mit ihrer Verabschiedung erklärten die Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, ihre Absicht, die Transformation im Hinblick auf eine ökologisch, ökonomisch und sozial tragfähige Zukunft voranzubringen. Kernstück sind die 17 Sustainable Development Goals (UN SDGs) mit insgesamt 169 Unterzielen, die bis zum Zieljahr 2030 (bzw. einige bis 2020) erreicht werden sollen. Die Ziele decken das umfangreiche Spektrum der Bedürfnisse von Mensch, Umwelt und Wirtschaft ab (Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern, Bildung und Gesundheit, Frieden, Gerechtigkeit, dem Kampf gegen Armut, Klima- und Artenschutz, nachhaltiger Konsum). Die Ziele richten sich an die Regierungen weltweit sowie an die Zivilgesellschaft, die Privatwirtschaft und die Wissenschaft.
Die SDGs haben universelle Gültigkeit (alle Länder) und sind mit ihren umfangreichen Anforderungen an Datenmanagement (Indikatorik, Indices, Monitoring) auch Teil von Digitalisierungsstrategien. Denn nur mit dieser Grundlage und dem entsprechenden konsequenten Kompetenzaufbau ist es für die Akteure möglich, die Nachhaltigkeitsziele in, mit und durch ihre Länder zu realisieren. Neben technologischen Fragestellungen braucht es jedoch auch eine Stärkung des Nachhaltigkeitswissens in der Gesellschaft (nicht nur bei den Verbrauchern).
Die Daten, mit denen ein Status zur Umsetzung der 17 Nachhaltigkeitsziele vermittelt wird, stammen aus nationalen Statistiksystemen und wurden global oder regional konsolidiert. Fortschritte sind beispielsweise beim Ziel „Keine Armut“ zu erkennen, wo sich die weltweite Armutsrate seit 2000 um die Hälfte verringert hat. Dabei hilft auch die Austrian Development Agency (ADA), die mit zivilrechtlichen Organisationen, Regierungen und der Wirtschaft zusammenarbeitet und im Auftrag des österreichischen Bundes Entwicklungsprogramme und –projekte plant, finanziert und begleitet.
Ernüchterndes Fazit
Unabhängige Forscher haben nun im Auftrag aller UNO-Staaten untersucht, wie weit die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele bereits gediehen ist. Ihr Fazit im ersten Weltnachhaltigkeitsbericht fällt ernüchternd aus. Vor allem im Bereich von Ernährung und Energienutzung muss demnach dringend etwas passieren, denn zwei Milliarden Menschen sind weltweit von Ernährungsunsicherheit bedroht und 820 Millionen unterernährt. Gleichzeitig sind aber auch zwei Milliarden Erwachsene und 40 Millionen Kinder im Alter unter fünf Jahren übergewichtig. Gefordert wird deshalb, in Entwicklungsländern stärkere Sicherheitsnetze zu schaffen, um die Nahrungsversorgung für die dort lebenden Menschen zu gewährleisten. Gleichzeitig gelte es, in allen Teilen der Welt vermehrt auf Fehlernährung in all ihren Formen zu achten. Im Kontext Energie weisen die Wissenschaftler im aktuellen Report darauf hin, dass noch immer fast eine Milliarde Menschen keinen Zugang zu Elektrizität haben, insbesondere in Subsahara-Afrika. Diese Versorgungslücke gelte es zu schließen – gleichzeitig müsse die Dekarbonisierung der Weltwirtschaft und der Einsatz erneuerbarer Energien im Sinne des Pariser Klimaabkommens entschiedener vorangetrieben werden.
Schon im Sustainable Development Goals Report 2018 wurde betont, dass der Fortschritt zu langsam angesichts des ungebremsten Klimawandels, der wachsenden Ungleichheit und rasanten Urbanisierung sei. Hinzu kommt die stetig steigende Zahl an Flüchtlingen weltweit. Das UN-Flüchtlingswerk UNHCR meldete für 2017 mit 68,5 Millionen Menschen, die sich auf der Flucht befinden, eine neue Rekordzahl.
Es werden im neuen Report 20 Punkte genannt, die zwar Missstände repräsentieren, aber auch das Potenzial für den nötigen Wandel zeigen: „Wir haben Systeme definiert, die heute dysfunktional sind, und die gleichzeitig so potent sind, dass sie die ganze Welt in die richtige Richtung lenken können, wenn wir es schaffen, sie neu zu konfigurieren“, sagt der Co-Leiter der Expertengruppe, Peter Messerli von der Universität Bern. „Die Agenda 2030 wird uns alle zwingen, harte politische Entscheide zu fällen“, betont er.
Als Basis für das menschliche Wohlergehen definiert der Weltnachhaltigkeitsbericht zudem den universellen Zugang zu Grunddienstleistungen wie Bildung, Wohnraum, Sanitärinfrastrukturen, Gesundheitsversorgung und sozialen Schutz. Es wird dafür plädiert, zur Erreichung dieser Ziele auch Organisationen wie Gewerkschaften, Frauenverbände und NGOs als Partner bei der Umsetzung der Agenda 2030 einzubinden.
Wie Unternehmen einen positiven Beitrag zur Erreichung der SDGs leisten können
Für die Erreichung der 17 Ober- und 169 Unterziele bis 2030 werden zusätzlich zwei bis drei Billionen Euro jährlich benötigt. Das ist jedoch nicht möglich, wenn Unternehmen keinen aktiven Beitrag leisten. Zahlreiche Unternehmen arbeiten bereits mit Systemen, die eine Bewertung von Nachhaltigkeitskriterien im Entwicklungsprozess ermöglichen - diese Systeme gilt es nun noch breiter zu etablieren und konsequent zu nutzen.
Wie unternehmen einen positiven Beitrag zur Erreichung der SDGs leisten, lässt sich auch Nachhaltigkeitsberichten entnehmen. Im aktuellen Report der memo AG ist beispielsweise nachzulesen, wie der Öko-Versender analysiert, welche der wesentlichen Unternehmensaktivitäten dazu beitragen, bzw. welche Aktivitäten Auswirkungen auf die einzelnen Ziele haben. Diese werden dann mit der eigenen Strategie und den eigenen Zielen abgeglichen. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass nicht alle 17 SDGs für das Unternehmen gleichermaßen relevant sind. Als vergleichsweise kleines Unternehmen mit wenigen globalen Geschäftsaktivitäten kann zu einzelnen SDGs (z.B. 1: Keine Armut, 16: Frieden und Gerechtigkeit) weniger, zu anderen (z.B. 12: Nachhaltiger Konsum und Produktion, 13: Klimaschutz) mehr beigetragen werden (Quelle: memo Nachhaltigkeitsbericht 2019/2020).
Zudem wird das Thema Nachhaltigkeit auch für Investoren als Bestandteil einer Risikoanalyse immer wichtiger. Von zunehmender Relevanz ist für sie, ob und wie auch Produkte und Dienstleistungen von Unternehmen einen direkten Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten. Rating- und Research-Informationen, die ausschließlich auf das Management und gute Geschäftsführung von Unternehmen ausgerichtet sind, greifen deshalb zu kurz. Erforderlich ist eine Ergänzung durch eine präzise und detaillierte Analyse des jeweiligen Produktportfolios.
Weiterführende Informationen:
Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber: CSR und Nachhaltigkeitsmanagement richtig umsetzen: Die wichtigsten Schritte und Werkzeuge - mit zahlreichen Praxistipps und Mustervorlagen. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2018.
CSR und Energiewirtschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werbner Landhäußer. 2. Auflage, Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2019.
CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2017, S. 115-126.