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Nachhaltigkeit in Zeiten von Corona: Krisenbewältigung und Klimapolitik vereinen

Nachhaltigkeit ist das Thema der Stunde

Die Stiftung 2° veröffentlichte im April 2020 einen dringlichen Appell für ambitionierten Klimaschutz, den 68 große deutsche Unternehmen aus allen Branchen unterzeichnet haben. Sie sprechen sich dafür aus, Krisenbewältigung und Klimapolitik nachhaltig zu verbinden und Firmen durch langfristig gedachte Konjunkturprogramme und verlässliche Rahmenbedingungen dabei zu unterstützen, weiter auf das Erreichen der Pariser Klimaziele hinarbeiten zu können.

Das Thema Nachhaltigkeit verliert im Schatten der Pandemie nicht an Relevanz. Künftig wird es sogar an Bedeutung gewinnen, denn durch die Corona-Diskussion gehören Gesundheit, Natur und Umwelt zu Kernprioritäten des alltäglichen Miteinanders. „Wird das Thema Nachhaltigkeit wichtiger als jemals zuvor, weil alle Menschen aufgewacht sind?“ Fragt das Branchenmagazin „INSIDE Spezial Zulieferindustrie – Zubehör – Möbelentwicklung“ (Nr. 19) in einer aktuellen Sonderausgabe, die sich mitten in der Corona-Krise dem Schwerpunkt Nachhaltigkeit widmet.

Viele Möbelhersteller sind davon überzeugt, dass die Nachhaltigkeitsdiskussion derzeit zwar in der Berichterstattung ins Hintertreffen gerät, aber wieder an Priorität gewinnen wird, denn Klimarisiken sind heute auch Investitionsrisiken, die sich unmittelbar auf die Bewertung von Firmen auswirken.

Viele Beispiele, wie das Thema Nachhaltigkeit sozial, digital und ökonomisch derzeit der Möbel- und Zulieferbranche gelebt wird, finden sich im Branchenmagazin INSIDE. Darunter auch Küchenhersteller Häcker, wo Nachhaltigkeit gehört zur Grundüberzeugung der Inhaberfamilie Finkemeier gehört – im Großen und im Kleinen: „Jede Plastikverpackung geht uns dermaßen auf den Zeiger, dass wir schauen, was wir einsparen können. Wir sind auch da nicht perfekt. Dieser Nachhaltigkeitsprozess muss auch bei uns weiterverfolgt werden“, sagt Gisela Rehm, die hier seit 2016 als Marketingleiterin arbeitet. Seit 2009 betreibt das Unternehmen das Umweltmanagementsystem nach DIN ISO 14001. Sämtliche Aktivitäten werden hinsichtlich ihrer ökologischen Auswirkungen analysiert und schädliche Umwelteinflüsse dann auf ein Minimum reduziert. So beispielsweise durch den Einsatz eines Lacksystems auf Wasserbasis seit über zehn Jahren.

Beim Emissionslabel der Deutschen Gütegemeinschaft Möbel DGM erreicht das Unternehmen die Klasse A. Als vor einigen Jahren heftig über CARB2 diskutiert wurde, wurde das eigene Gütezeichen PURemission geschaffen, das die Einhaltung der US-Vorgaben CARB2 und TSCA Title VI garantiert. Auch ist Häcker einer von bislang zwei klimaneutral ausgezeichneten deutschen Küchenmöbelherstellern (Leicht Küchen hat die Auszeichnung ebenfalls 2019 erhalten).

Nach Firmenangaben wird in Rödinghausen seit Oktober 2019 klimaneutral produziert. Dazu wurden zunächst die eigenen Emissionen erfasst und die Einsparungen gegengerechnet. Gespart wird mit Wärmegewinnung durch Abfall, die Umstellung der Beleuchtung auf LED, Optimierung der Druckluftanlage, die Ladungssicherung aus Papierbeuteln bis hin zur Photovoltaikanlage und zu Ladestationen für Elektrofahrzeuge. Emissionen, die sich nicht einsparen lassen, werden durch den Erwerb von Klimaschutzzertifikaten ausgeglichen. Weitere Maßnahmen, u. a. zum Thema Carsharing, Elektromobilität und nachhaltige Verpackungen finden sich im Nachhaltigkeitsbericht des klimapositiven Unternehmens, das mehr Gutes für die Umwelt tut, als dass sie ihr schadet. Dazu gehört beispielsweise die Aufforstung von Bäumen und das Engagement für biologische Vielfalt.

All die Themen wären in Corona-Zeiten nicht überlebensfähig, wenn Nachhaltigkeit hier nicht auch eine Management- und Führungsaufgabe wäre.

Nicht nur Häcker Küchen, sondern auch viele andere Unternehmen, die ihre Auswirkungen auf Gesellschaft, Natur und Klima hinterfragen und nachhaltig wirtschaften, fühlen sich jetzt in der Corona-Krise in ihrem zukunftsfähigen Ansatz bestätigt, Aufbau und Führung ihrer Organisation im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu gestalten.

Das spricht auch viel junge Menschen der Generation Z an, die sich Nachhaltigkeit auch im Job wünschen. Laut dem Anfang Februar vorgestellten Future Talents Report 2020 der Personalberatung Clevis sind sie zufriedener in Unternehmen, die sie für umwelt- und sozial bewusst halten. Aufgeräumt wird auch mit dem Vorurteil, dass diese Generation nur an Selbstverwirklichung denke. Was sie vor allem mitbringt, sei der Wille, etwas zu bewirken und nachhaltig bewegen — für die Welt oder das Unternehmen.

Weiterführende Informationen:

Trend- und Zukunftsforscher Matthias Horx über die Welt nach Corona

Yuval Noah Harari über die Welt nach Corona

Utopia Studie: Die Welt nach Corona

Lars Breder: Retten statt reden. Was Unternehmen tun, die aus Tradition verantwortungsvoll sind. In: Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.

Gisela Rehm: Gute Energie: Wie Nachhaltigkeit in Familienunternehmen wirkt. In: CSR und Energiewirtschaft. In: CSR und Energiewirtschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage, Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2019.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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