Nachhaltigkeit und IKT: Elektroschrott wiederverwerten
Mit einem Anteil von 250.000 Tonnen jährlich ist die Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) mitverantwortlich für immer kürzere Nutzungszyklen, Mengen von Elektroschrott sowie steigende Ressourcenverbräuche. Matthias Schäpers, seit April 2021 Leiter Nachhaltigkeit und wohngesundes Bauen bei KRIEGER + SCHRAMM, hat dazu einige Fakten zusammengetragen: Für 2030 werden 74 Mio. Tonnen Elektroschrott prognostiziert - 40 % mehr als 2019. Aktuell werden jährlich nur rund 17 Prozent des weltweit anfallenden Elektroschrotts wiederverwertet. Der Rest lagert zum großen Teil auf Deponien oder wird verbrannt, was auch zu Gesundheitsschäden führen kann, weil Elektroschrott giftige Substanzen wie Quecksilber, Blei, Cadmium, Arsen oder Beryllium enthalten kann. Gleichzeitig enthält Elektroschrott aber auch viele wertvolle Materialien wie Gold, Silber, Palladium, und Kupfer. Diese zu nutzen, reduziert nicht nur die Abfallmenge, sondern auch den Bedarf an Rohstoffen. „Wiederverwertung schützt auch sensible Ökosysteme, senkt den Energieverbrauch zur Förderung von Rohstoffen und vermeidet Menschenrechtsverletzungen in Schwellenländern“, sagt der Nachhaltigkeitsexperte. Seine Empfehlungen für Verbraucher werden nachfolgend zusammengefasst:
• Alte Elektrogeräte gehören nicht in Schubladen, auf den Dachboden oder in den Hausmüll.
• Jedes Gerät mit Elektronik ausgestattete Gerät gehört zum Recyclinghof (kostenlose Entsorgung).
• Es gibt spezielle Firmen, die gebrauchte Handys und Elektrogeräte aufkaufen, sie optisch und technisch aufbereiten und dann weiterverkaufen.
• Alte Elektrogeräte können Mobilfunkanbietern, Elektrohändlern sowie Online-Anbietern meist kostenlos zurückgegeben werden. Eine andere Möglichkeit ist der Verkauf übers Internet oder als Spende z.B. an Organisationen wie NABU.de/handyrecycling.
• Beim Kauf sollte sich für langlebige und qualitativ hochwertige Produkte entschieden werden.
• Es sollte geprüft werden, ob kaputte Elektrogeräte noch zu reparieren (z.B. in Repair-Cafes) und Ersatzteile verfügbar sind.
• Beim Kauf von Kinderspielzeug mit kleinen elektronischen Funktionen sollte geprüft werden, ob sie wirklich nötig sind.
In ihrer Studie „Nachhaltigkeit von Geschäftsmodellen in der Informations- und Kommunikationstechnik“ hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) im Jahr 2018 25 Gerätehersteller, Telefonie- und Internetanbieter am Beispiel von Smartphones, Festnetztelefonen und Routern untersucht. Aus den Ergebnissen wurden konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet, wie sich Unternehmen in einem ökologischen Wettbewerb erfolgreich positionieren können, worauf Verbraucher beim Kauf und der Nutzung der Geräte achten sollten und wie die Politik dem zunehmenden Ressourcenverbrauch entgegenwirken kann.
Beispielsweise sollte sie Dienstleistungen im Vergleich zum Ressourcenverbrauch steuerlich begünstigen und umweltfreundliche Produkte durch finanzielle Anreize fördern. Zudem seien höhere gesetzliche Mindeststandards beim Ökodesign dringend geboten. Auch die niedrige Sammelquote und der sehr geringe Anteil von wiederaufbereiteten Geräten sollte durch weitergehende rechtliche Anforderungen, etwa im Elektro- und Elektronikgerätegesetz, angehoben werden. Ein Beispiel für ein nachhaltiges Geschäftsmodell ist die aktive Rücknahme mit Wiederaufbereitung und Vermarktung der gesammelten Geräte, wie sie einzelne Unternehmen bereits für einige Gerätearten durchführen. Auch bei untersuchten Umweltaspekten wie „Umweltzeichen“, „Zubehör“, oder „Umweltdatenblätter“, „Haltbarkeit“ und „Reparierbarkeit“ konnten besonders vielversprechende Ansätze festgestellt werden.
• Ökodesign verbessern (Design for Recycling: u.a. bei Haltbarkeit, Reparierbarkeit und dem Einsatz von Recyclingmaterialien)
• Geschäftsmodelle auf Dienstleistungen statt Ressourcen fokussieren
• gebrauchte Geräte anbieten
• Ersatzteile und Updates bereitstellen
• alte Geräte zurücknehmen und für eine zweite Nutzung aufbereiten
• Umweltaspekte ins Marketing aufnehmen
• bei Telefon- und Internetverträgen Anreize für neue Geräte vermeiden und auf Leasingmodelle setzen („Nutzen statt Besitzen“).
Durch die Wiederaufbereitung ausgedienter IT-Hardware und eine zweite Nutzungsdauer der Geräte wird die Produktion von Neugeräten verringert. Diese Substitution der Neuproduktion spart Energie sowie CO2-Emissionen ein. Ein weiterer umwelttechnischer Vorteil der Leistung liegt in der Schonung von wertvollen Ressourcen. Einerseits werden durch die Substitution von Neuproduktionen wertvolle Ressourcen und Metalle, die für die Herstellung von IT-Hardware benötigt werden, nicht unnötig abgebaut. Anderderseits ermöglicht die fachgerechte Zerlegung der nicht wiederverwendbaren Hardware ein ökologisch sinnvolles Recycling aller in der Hardware enthaltenen Metalle. Für den Schutz von Umwelt und Ressourcen empfiehlt die DUH Verbrauchern, beim Kauf gebrauchte Geräte zu bevorzugen, vorhandene Geräte möglichst lange zu nutzen und im Schadensfall wenn möglich eine Reparatur durchführen. Seriöse Umweltzeichen wie der „Blaue Engel“ bieten eine Möglichkeit ohne größere Vorkenntnisse vergleichsweise umweltschonende Geräte auszuwählen. Auch Produktbewertungen neutraler Prüforganisationen (z.B. Stiftung Warentest, Öko-Test, Ifixit) stellen eine Möglichkeit zur Meinungsbildung dar. Häufig wird "aufbereitet" mit "gebraucht" assoziiert - allerdings hat Gebraucht- und Refurbished-IT nur eines gemeinsam: dass sie bereits im Gebrauch war. Der Unterschied liegt im Verarbeitungs-Prozess. Generalüberholte IT-Devices werden vor Antritt ihres zweiten Lebenszyklus detailliert überprüft, datengelöscht, gereinigt und aufgerüstet. Nur Geräte, die den Prozess bestehen, gelten als "refurbished".
Was das Thema für den Ökoversender memo bedeutet, lässt sich im Nachhaltigkeitsbericht des Unternehmens nachlesen: Hier wird zwar darauf verwiesen, dass es gerade im Bereich Technik, Elektronik und Beleuchtung nur einen geringen Teil zur nachhaltigen Verbesserung und Weiterentwicklung beitragen kann (aus Sicht des Unternehmens sind hier Politik, NGOs, Verbände und bedeutende Wirtschaftsunternehmen gefordert, entsprechende Standards für Umweltschutz und Sozialverträglichkeit zu entwickeln, umzusetzen). Doch als eine umwelt- und ressourcenschonende Alternative zu neuen Geräten werden hier wiederaufbereitete („refurbished“) Produkte genannt, die mittlerweile je nach Verfügbarkeit in deren Onlineshops angeboten werden. „Bei den Geräten handelt es sich in erster Linie um gebrauchte Hardware, die von unserem deutschen Lieferanten gründlich getestet, sorgfältig gereinigt und generalüberholt bzw. umfangreich wiederaufbereitet ist. Wer ein derartiges Gerät erwirbt, spart aktiv klimaschädliche Emissionen, die in der Herstellung entstehen, und wertvolle Ressourcen, die dafür benötigt werden, ein“, sagt Claudia Silber, Leiterin der Unternehmenskommunikation. Zusätzlich werden den Kunden bis zu drei Jahre Garantie auf diese Produkte gewährt. „Durch die Wiederverwendung bestehender Geräte entsteht nicht noch weiterer Elektroschrott, der entweder aufwändig entsorgt werden muss oder in Entwicklungsländern landet, wo er Mensch und Umwelt belastet.“ Dass dies im Nachhaltigkeitsbericht vermerkt ist, zeigt auch, dass Unternehmen ihre Stakeholder zu einem nachhaltigeren Umgang mit Ressourcen ermutigen können.
Vielmehr ist sie reif genug, um in eine Nutzungsverlängerung zu gehen. Unternehmen sind zwar offen, den Umgang in Bezug auf die Unternehmens-IT nachhaltig zu ändern, doch wird vor allem der Mehraufwand gefürchtet. Um die umweltfreundliche Handhabung für Unternehmen reibungslos zu gestalten, bietet IT-Aufbereiter bb-net deshalb die Green-IT Box an, eine mobile Sammelstelle für ausgemusterte Unternehmens-IT. Ein wichtiger Meilenstein des Unternehmens war 2018 die Fertigstellung des ersten eigenen Firmengebäudes im Schweinfurter Maintal (bb-net Technologie Center). Durch den neuen Hauptsitz wurden vor allem im Produktionsbereich alle Prozesse optimiert und auf den neusten technischen Stand gebracht. Dadurch wurde auch die Zertifizierung zum ersten deutschen klimaneutralen IT-Refurbisher möglich wurde. Gegen eine monatliche Mietgebühr lagert das Unternehmen platzsparend Laptops, PC-Bildschirme, Server, Storages, Dockings, Drucker, Smartphones, Tablets, Datenträger und auch defekte IT. Um den Schutz aller Geräte und die darauf enthaltenden Daten während des Transports zu gewährleisten, ist die Green-IT Box mit Sicherheitsschlössern ausgestattet. Es gibt keine Mindestanzahl an Geräten. Die übergebene Hardware wird im Technologie Center von bb-net datengelöscht und defekte Datenträger vernichtet. Anschließend findet die Bewertung aller Devices nach fairen Marktpreisen und auf Einzelstückbasis statt. Das Unternehmen erhält über den Vorgang Einzelnachweise und ein Reporting auf Seriennummernbasis. Innerhalb weniger Werktage erfolgt die Auszahlung. Sämtliche Dienstleistungen (Lieferung, Abholung, Datenlöschung, Vernichtung, Entsorgung) sind im Mietpreis enthalten. Mit der Nutzung der Green-IT Box mieten sich Firmen einen nachhaltigen Umgang mit ihrer Gebraucht-IT direkt auf das Firmengelände. Sie sparen sich Geld für teure Lagerung, große Mengen an Verpackungsmaterial und übernehmen gesellschaftliche Verantwortung.
Matthias Schäpers: Elektroschrott: Wiederverwerten statt wegwerfen
Wissenswertes Handy-Recycling
Am Ohr der Nachhaltigkeit: Die Handy-Aktion Baden-Würrtemberg
Bettina Hoffmann: 25 Euro Pfand auf Handys. In: DER SPIEGEL 2 (4.1.2020), S. 10.
CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2021.
Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber: Circular Thinking 21.0: Wie wir die Welt wieder rund machen. Amazon Media EU S.à r.l. 2017.