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Nachhaltigkeit und Personalmanagement: Grundlagen zur Sicherung der Zukunftskompetenz

Interview mit dem Personalexperten Michael Fuhlrott

Herr Fuhlrott, im Umgang mit globalen Megatrends ist ein Wettbewerb um innovative Ideen und Konzepte gefragt, mit denen sich Unternehmen für die Zukunft rüsten können. Voraussetzung dafür ist, dass sie Nachhaltigkeitsthemen nicht ausschließlich als lästige Risiken wahrnehmen, sondern die damit verknüpften Geschäftschancen identifizieren und realisieren. Welche Aspekte sind für Unternehmen heute besonders wichtig, wenn sie sich nachhaltiger ausrichten wollen?

Es geht um das Initiieren und Schaffen von Prozessen und Strukturen, mit denen sie ihrer Verantwortung nachkommen können. Nachhaltigkeit ist allerdings dann ein Plastikbegriff, wenn er nicht mit Inhalten gefüllt und wirklich gelebt wird. Nachhaltigkeit sollte ein fester Bestandteil des Kerngeschäfts und damit auch in der Unternehmensführung verankert sein – genauso wie das eigene Leitbild in den Zielen des Unternehmens. Dies kann nur glaubwürdig nach innen und außen vermittelt werden, wenn es auf den Werten des Unternehmens und seiner Mitarbeiter bzw. „Mitunternehmer“ beruht. Das Unternehmensleitbild hat die Aufgabe, als Orientierungsrahmen für sämtliche Aktivitäten des Unternehmens zu dienen und das Wir-Gefühl zu stärken. Nachhaltigkeit im Kerngeschäft von Unternehmen braucht allerdings auch einen systematischen Kompetenzaufbau. Deshalb spielt auch das Personalmanagement mit dem Fokus auf die Gewinnung, Entwicklung und langfristige Bindung der richtigen Talente und Mitunternehmer eine wichtige Rolle. Um dies zu meistern, steht neben einem guten Führungsstil, welcher Grundlage für ein gutes Betriebsklima sein sollte, hier die Kompetenzentwicklung im Zentrum. Vor allem im technischen Bereich (Ingenieure) sind auch zunehmend die Kommunikations- und Führungskompetenzen von großer Bedeutung.

Welche Herausforderungen sind zu meistern?

Heute befindet sich die gesamte Umwelt ständig im Wandel. Auch die Digitalisierung verändert unsere „VUKA-Welt“ von Grund auf. Sie ist bestimmt von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität. Um in einer demografisch herausfordernden Welt richtig zu handeln und sich an die Dynamik der Märkte anzupassen, sind deshalb neue Anforderungen wie Agilität, Flexibilität und digitales Denken. Dabei stehen vor allem die Personalabteilungen vor schwierigen Aufgaben, die mit bisher gängigen Instrumentarien kaum noch zu bewältigen sind. Hinzu kommt das sich ständig wandelnde Anforderungsprofil an Mitarbeiter- und Führungskräfte. Wichtig ist in unserer Unternehmensgruppe zum Beispiel auch, den Führungsstil stetig anzupassen, um unseren Mitunternehmern einen Ansprechpartner bieten zu können, der ihnen nicht nur die Aufgaben für die nächste Zeit delegiert, sondern nachhaltig um deren Förderung und Weiterentwicklung bemüht ist.

Die Kommunikation, vor allem bei der starken Tendenz zu immer mehr Digitalisierung, stellt also eine wesentliche Herausforderung für uns dar. Durch die vielen verschiedenen Projektbeteiligten – zum Teil in verschiedenen Niederlassungen - ist die interne Kommunikation ein Erfolgsfaktor. Hierbei sind die Prozessgestaltung und das Schaffen von Standards besonders wichtig.

Welche Rolle spielen in Ihrem Unternehmen digitalisierte und nachhaltige Prozesse?

Eine sehr große - schon seit Jahren verfolgen wir eine Digitalisierungsstrategie im Umfeld der administrativen Prozesse sowie bei den Planungs- und Ausführungsprozessen - die Baubranche im Speziellen hinkt hier etwas hinter anderen Branchen hinterher. Es nimmt aber zunehmend Fahrt auf, besonders hinsichtlich der BIM-Methodik - eine spannende Technologie mit sehr großem Potential. Insgesamt streben wir bis 2023 ein papierloses Büro und möglichst auch eine papierlose Baustelle an. Die Technologie des 3D-Druckens beispielsweise von ganzen Häusern steckt zwar noch in den Kinderschuhen, doch wir beobachten sie sehr genau - es wird interessant sein, wie und vor allem wie schnell sich diese Technologie durchsetzen wird.

Die US-Journalistin Arianna Huffington sagt einmal, dass es in einer gesunden Wirtschaft nicht nur um eine effiziente Zuordnung von Kapital geht, sondern auch von Talent. Es sei deshalb wichtig, ihnen humane Wege zurück in die Arbeitswelt zu bahnen, damit ihre Qualifikationen nicht verloren gehen. Warum braucht es zur Technik, von der Sie gerade sprachen, vor allem auch Werte-Priorisierungen, Einstellungen und Verhaltensweisen?

Leistungsfähigkeit entsteht durch die entsprechende (positive) Einstellung, Identifikation mit dem Unternehmen, mit seinen Zielen und seinen Werten. Der Wertekanon unserer Mitunternehmer sollte eine möglichst große Schnittmenge mit dem des Unternehmens haben. In unserem Unternehmen wurde schon 2006 erkannt, dass man die Firmenwerte, die als Leitplanken des täglichen Handelns zu verstehen sind, gemeinsam niederschreiben und definieren muss. All dies schärfte nicht nur das Verständnis für die einzelnen Werte, der Prozess hat uns auch sehr geholfen, uns darüber auszutauschen und gemeinsame Definitionen zu erarbeiten. Regelmäßig prüfen wir die Aktualität und kommunizieren sie ausführlich, so dass sie stets präsent sind und nicht "an den Wänden" hängen - es geht schließlich um das Leben der Werte.

Zur Person:

Michael Fuhlrott kehrte nach Ausbildung und dualem Studium in BWL aus Frankfurt/Main in seine Heimat Dingelstädt zurück, wo ihm beim Baudienstleister und Projektentwickler KRIEGER + SCHRAMM (K+S) die Chance des Berufseinstiegs geboten wurde. Nach kurzer Zeit als Praktikant erkannte Geschäftsführer Matthias Krieger früh sein Potential, und gemeinsam bauten sie das Personalmanagement auf. Seit 2011 verdreifachte das Unternehmen die Zahl der Mitunternehmer sowie den Umsatz, gründete zwei neue Niederlassungen und etablierte die Mitunternehmer-Kultur.

Weiterführende Informationen:

Wirtschaft weiterdenken: Mitunternehmer sein statt Mitarbeiter

Matthias Krieger: Nachhaltigkeit und Digitalisierung in der Bau- und Immobilienbranche. In: CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage. SpringerGabler Verlag, Heidelberg Berlin 2021.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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