Natur auf halber Strecke: Zimmerpflanzen im Büro
Immer mehr Menschen sehnen sich nach einem grüneren Leben und mehr Natürlichkeit. Grüne Räume deuten die Möglichkeit an, dass es vielleicht doch einen Ort gibt, an dem wir uns mit der Natur auf halber Strecke treffen könnten. Was einst als Urban Gardening draußen begann, setzt sich seit Jahren in Innenräumen fort: Das Interesse an Zimmerpflanzen ist ungebrochen. Im Digitalisierungszeitalter verändert sich auch der Markt – deshalb bereitete sich der Pflanzenhandel schon vor Jahren für den Social Media Hype „Urban Jungle“ vor. Es geht vor allem darum, die Freude an Pflanzen zu teilen und nachhaltig Lust auf sie zu machen. „Inzwischen ist auch der gute, alte Gummibaum wieder en vogue“, sagt die Nachhaltigkeits- und Kommunikationsexpertin Claudia Silber. Gefragt sind vor allem ausgewachsene und pflegeleichte Pflanzen.
Beim Ökoversender memo in Greußenheim unweit von Würzburg finden sich speziell für deren Raum- und Lichtverhältnisse ausgewählte Pflanzen, die das Arbeitsumfeld verschönern und gleichzeitig das Raumklima verbessern. Pflanzen allein machen allerdings noch keine nachhaltige Ausrichtung - es braucht auch eine ganzheitlich ausgerichtete ökologische Einrichtung: So sind die Fenster aus heimischen Hölzern, die Parkettböden „atmen“ und sind gewachst, für die Wände wurden Naturfarben verwendet und ergonomische Naturholzmöbel schaffen eine optimale Arbeitsumgebung für die Mitarbeiter. Auch die erfolgreichsten Unternehmen der Welt integrieren Zimmerpflanzen, Wandgärten und Innenhofgestaltungen in ihr Bürodesign. Auch sind Pflanzen ein Hauptbestandteil vieler Coworking-Räume.
Bereits in den 1990er Jahren forschte die NASA an Pflanzen, um herauszufinden, ob sie Schadstoffe aus der Luft filtern können. Es wurde herausgefunden, dass sie Schadstoffe wie Formaldehyd, Benzol oder Trichlorethylen aus der Luft filtern. Diese Schadstoffe kommen in auch in Einrichtungsgegenständen vor und werden mit der Zeit in geringen Mengen an die Luft ausgedünstet. Später wurden auch noch weitere durch Pflanzen gefilterte Stoffe identifiziert, welche durch elektronische Geräte, Druckerzeugnisse oder Zigarettenrauch freigesetzt werden. Diese Schadstoffe können in die Lunge gelangen und das Immunsystem schädigen. Eine Studie von Wissenschaftlern der Universitäten in Exeter (Großbritannien), Groningen (Niederlande) und Queensland (Australien) hat die nachhaltige Wirkung von Pflanzen für Unternehmen und deren Mitarbeiter nachgewiesen. Sie enthält:
1. Verbesserung des Raumklimas durch Sauerstoffproduktion und Feinstaubbindung / Luftfeuchtigkeit in Innenräumen:
Die Luftfeuchtigkeit ist in begrünten Räumen durchschnittlich fünf Prozent höher als in Räumen ohne Pflanzen. Im Winter wurde eine Verbesserung von 17 Prozent festgestellt.
2. Förderung der psychischen und physische Gesundheit der Mitarbeiter:
Menschen, die in einem mit Pflanzen ausgestatteten Raum arbeiten, melden sich seltener krank. Die Reduktion der Fehltage beläuft sich jährlich und Mitarbeiter auf 1,6 Tage.
3. Attraktivität des Arbeitsplatzes:
Mitarbeiter bewerten ihren Arbeitsplatz positiver und attraktiver (Steigerung bei 26 Prozent).
4. Subjektives Wohlbefinden:
Mit Pflanzen gestalteten Räume werden von den Mitarbeitern als angenehm empfunden.
5. Stressreduktion:
Durch eine grüne Umgebung reduziert sich Stress bzw. wird dieser deutlich weniger aufgebaut.
6. Empfundene Zufriedenheit:
Die Mitarbeiter sind mit der eigenen Arbeit zufriedener. Wer in ihr Sinn findet, ist auch leistungsfähiger. Die Produktivität wird um 15 Prozent gesteigert.
Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber: Gartenzeit: Wie wir Natur und Kultur wieder in Gleichklang bringen. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2017.
Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.
Maria Retter: Digital aufgeblüht. In: DIE ZEIT (28.9.2017), S. 35.